Management

Bei "Problemkunden" ganz besonders auf die Sprache achten

Was Sie über Kommunikationskompetenz in der Apotheke wissen sollten

So gut wie jeden Tag haben Apotheker und Mitarbeiter mit "schwierigen Kunden" zu tun. Ob es nun der ängstliche Vater ist, der sich um die Gesundheit seines Sohnes sorgt, oder die eilig-gestresste und darum aggressive Geschäftsfrau, die keine Zeit hat, auch nur eine Minute zu warten: Jedes Mal ist die kommunikative Kompetenz des Apothekenteams herausgefordert.

Ein Extremfall: Die schlecht gelaunte Kundin betritt die Apotheke. Sie ist schwanger und hat vom Arzt eine Diagnose erhalten, die sie sorgenvoll stimmt, zumal sie sie nicht ganz nachvollziehen kann. "Weshalb genau hat er mir nun eigentlich dieses Medikament verschrieben?" Sie erhofft sich Aufschluss vom Apotheker, vielleicht kann er ihr die ärztliche Diagnose erläutern und weitere Maßnahmen empfehlen. Der Arzt hatte anscheinend keine Zeit dazu. Kurz: Die Kundin ist überempfindlich, ängstlich und stark verunsichert. Und so reagiert sie einerseits aggressiv, andererseits hat sie ein übersteigertes Bedürfnis nach Zuspruch.

Minuswörter und Minussätze vermeiden

Natürlich: In dieser Situation wird die Kundin jedes Wort des Apothekers auf die Goldwaage legen. Jetzt ist weniger die Fachkompetenz, sondern das kommunikative Einfühlungsvermögen des Apothekers gefragt. So schwer es auch ist: Er muss versuchen, sich in die Sprach- und Gefühlswelt der Kundin hineinzuversetzen. Was jetzt nicht passieren darf: Der Apotheker hält nach dem Motto "Ich bin der Meinung, dass …" einen Monolog – zu allem Überfluss in seiner Fachsprache, die die Kundin nicht versteht. Dazu schimpft er auf die Ärzte, die keine Zeit mehr für ihre Patienten haben, und unternimmt (unbewusst) alles, um die Ängste und Befürchtungen der schwangeren Kundin noch zu verschlimmern.

Wenn sich ein Kunde in einer Extremsituation befindet und überempfindlich ist, sollte der Apotheker sprachlich sensibel vorgehen und negative Sätze oder sogenannte "Minuswörter" wie etwa "Sie wissen doch selbst, dass …" oder "Sie müssen endlich …" vermeiden. Wenn diese Minussätze mit heftigem Kopfschütteln oder einer abwertenden Handbewegung einhergehen, ist das so wichtige Vertrauensverhältnis zwischen Kunde und Apotheker endgültig zerstört.

"Ihre Verärgerung ist nachvollziehbar, gar keine Frage. Erzählen Sie doch einmal genau, was der Arzt gesagt hat": Besser ist es, positive Satzanfänge zu wählen, dies mit einem leichten Kopfnicken zu begleiten und den Blickkontakt zu suchen. Falls möglich, sollte der Apotheker die Kundin mit ihrem Namen ansprechen. Der Blick in die Augen, die offene Körpersprache, die Namensnennung sowie Sätze wie "Sie können sich darauf verlassen …" sind geeignet, gerade den ängstlich-aggressiven Kunden zu beruhigen. In dem Beispiel mit der hochgradig ängstlichen und schwangeren Kundin kann dies bewirken, dass sie denkt: "Der Apotheker will wirklich hören, was mich bewegt und was ich zu sagen habe!"

Sprachliches Einfühlungsvermögen zeigen

Zum Glück bietet die Sprache genügend Variationsreichtum, um so gut wie jeden Sachverhalt positiv auszudrücken. Angenommen, die schwangere Kundin erzählt dem Apotheker eine recht hanebüchene Geschichte: "Ich habe gelesen, dass man als Schwangere bei einer so schlimmen Erkältung unbedingt …" Darauf könnte er mit hochmütig hochgezogenen Augenbrauen entgegnen: "Das entspricht nicht den Tatsachen." Selbst wenn dem so wäre: Die Art der Argumentation des Apothekers würde die empfindliche Kundin vor allem verwirren. Darum sagt der Apotheker einfach: "Das höre ich zum ersten Mal. Meiner Erfahrung nach sollten Sie dies besser unterlassen, weil …"

Voraussetzung für das sensible kommunikative Vorgehen ist, dass der Apotheker stets überlegt, was seine Äußerungen in der Vorstellungswelt des Kunden, zumal wenn er unter Druck steht und sehr ängstlich ist, auslösen und bewirken können. Eine Aufforderung wie "Frau Kundin, Sie müssen Folgendes tun …" mag vom Apotheker gar nicht besserwisserisch gemeint sein. Es liegt auch nicht in seiner Absicht, sie zu verunsichern. Aber: In der hochsensiblen Wahrnehmung einer ängstlichen schwangeren Frau läuft vielleicht folgendes Szenario ab: "Wieso muss ich das tun? Was passiert, wenn ich es nicht befolge? Warum betont er – der ja als Apotheker Experte ist – diese Notwendigkeit überhaupt so? Besteht etwa eine Gefahr – und er will mich nur nicht beunruhigen?"

Das Beispiel zeigt die Notwendigkeit der sprachlichen Sensibilität, ja Virtuosität, die der Apotheker gerade im Umgang mit Kunden an den Tag legen sollte, die sich in einer schwierigen Situation befinden. Zu vermeiden sind überdies sprachliche Blockadesätze wie etwa:

  • die unzulässige Verallgemeinerung: "Das ist doch bei jeder Schwangerschaft so!",
  • die Rechthaberei: "Sie können mir ruhig glauben, schließlich bin ich der Fachmann!",
  • die Bagatellisierung: "Das wird schon wieder, Sie machen sich vollkommen zu Unrecht Sorgen!"
  • die moralische Anklage: "Da hätten Sie einen Kollegen oder mich eher um Rat fragen sollen!", und
  • die Ironisierung: "Sie sind nicht die erste Schwangere, die ich berate!"

Sie-Standpunkt einnehmen

Der Apotheker sollte konsequent den Sie-Standpunkt einnehmen, also den Standpunkt des Gesprächspartners. Die sprachliche Analogie dazu: Er tilgt – wo immer möglich – Wörter wie "ich, mir, meiner, mich, wir, unser" aus seinem Wortschatz und versucht, den Kunden auch sprachlich in den Mittelpunkt zu rücken. Der Satz "Frau Kundin, Sie müssen Folgendes tun …" wird ersetzt durch: "Frau Kundin, bitte beachten Sie …"

Glaubwürdig und authentisch kommt dies beim Gesprächspartner aber nur an, wenn die kundenorientierte Kommunikation nicht um ihrer selbst willen praktiziert wird, sondern der Einstellung des Apothekers entspricht, für ihn mithin wirklich das Wohl des Kunden im Fokus steht. Dann wird sich die Sprache oft automatisch dieser Einstellung anpassen.

Ein Patentrezept gibt es allerdings nicht. Wichtig sind die Wertschätzung jedes Kunden und die Sensibilisierung des Apothekers für die Folgen, die (seine) Sprache im Kunden auslösen kann. Dies gilt auch für die Mitarbeiter – hier hat der Apotheker über seine Vorbildfunktion eine Einflussmöglichkeit: Dazu ersetzt er in der Kommunikation mit den Mitarbeitern den Ich- durch den Sie-Standpunkt und verwendet positive Formulierungen. Die Mitarbeiter werden dieses Kommunikationsmuster mit einiger Wahrscheinlichkeit in ihr Sprachverhalten integrieren und schließlich in ihren Kundengesprächen einsetzen. Zudem können sich Apotheker und Mitarbeiter gemeinsam kundenorientierte Musterformulierungen im Sie-Standpunkt überlegen und ihren Gebrauch trainieren.

Fazit: Das Gespräch mit ängstlich-überempfindlichen Kunden stellt gewiss eine Herausforderung dar: Der Apotheker sollte die Ruhe bewahren, tief durchatmen und dann sein ganzes kommunikatives Geschick aktualisieren, um sachlich und zugleich einfühlsam reagieren zu können.


Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater

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