Gesundheitspolitik

Die Herausforderung

Peter Ditzel

Die Kommentare in den Tagesmedien zum aktuellen Apothekenurteil zeigten wieder einmal, wie schwierig die Materie des Apothekenwesens der Öffentlichkeit vermittelbar ist. Viele oberflächliche Analysen und Bemerkungen lasen aus dem Urteil heraus, dass es nun in Deutschland keinen Wettbewerb unter Apotheken gebe, man bedauerte, dass die Verbraucher nicht von sinkenden Pillenpreisen profitieren werden und der liebe DocMorris den traditionellen Apotheken mit Wettbewerb und Preiskampf nicht mehr zusetzen könne. Überhaupt, viele der Medienberichte waren wieder einmal eine kostenlose Werbekampagne für die DocMorris-Apotheke.

Eine der Kernaussagen des Urteils wurde in den Meinungen der Zeitungen auf folgenden Zusammenhang reduziert: Selbstständige Apotheker mit maximal vier Apotheken haben ein "gezügeltes Gewinnstreben", nicht so dagegen die Apothekenketten mit angestellten Apothekern. Verständlich, wenn dieser Satz in einer solchen Vereinfachung einen Journalisten der Tagespresse irritiert, weil er den Rest des Urteils nicht richtig liest. Was wirklich dahinter steckt, nämlich die Unabhängigkeit der Apotheken vom Einfluss der shareholder-value-getriebenen Kapitalgesellschaften, die Unabhängigkeit der Apotheken von Kapitalgesellschaften, in deren Hand zugleich Hersteller, Großhändler und Apotheken liegen (Stichwort Vertikalisierung), die persönliche Haftung des Apothekers für seinen Betrieb mit seinem Vermögen, die größere Vielfalt an Apotheken – das erschließt sich nur ganz wenigen Journalisten, die diesen Markt gut kennen.

Man liest aus den Kommentaren auch heraus, dass viele die Apotheke in der heutigen Form als veraltet ansehen, ein "Biotop", eine "Bastion", die ihre Apothekerpreise verteidigt. Moderne, chice Apothekenketten würden endlich Wettbewerb und billige Preise bringen. Dass wir bereits seit vier Jahren einen harten Preiswettbewerb (bei OTCs) haben, dass die Preise bei Rx-Arzneimitteln aus gutem Grund Festpreise sind, dass in Ländern mit Ketten die Preise eher in Richtung nach oben tendieren, scheint diesen Kommentatoren, die in gleichem Atemzug gegen das Gebaren der Energiekonzerne protestieren, entgangen zu sein.

Wir Apothekerinnen und Apotheker müssen das Urteil als Herausforderung nehmen. Die EuGH-Richter haben der Apotheke Vertrauen entgegengebracht. Sie ist kein normales Geschäft mit normalen Waren. Wir müssen beweisen, dass wir mehr können als die Discounter. Die Herausforderung nehmen wir an.


Peter Ditzel

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