Management

Veränderung trotz Bewahrermentalität herbeiführen

Persönlichkeitsorientiertes Vorgehen verspricht Erfolg

Wenn im Apothekenteam zu viele Bewahrertypen sitzen, die am Bewährten festhalten wollen und die Veränderung scheuen, droht Stagnation. Verbesserungschancen können nicht genutzt werden. Wie stellt der Apotheker fest, welche Mitarbeiter zu den Bewahrern gehören? Und wie kann er deren Blockadepotenzial aufbrechen oder für den Veränderungsprozess nutzen?

Die meisten Menschen tendieren dazu, Veränderungen abzulehnen. Sie wollen am Bewährten festhalten, streben nach innerer und äußerer Stabilität und bevorzugen Werte wie Tradition, Harmonie und Sicherheit.

Wenn die Mitarbeiter in der Apotheke zu diesem Bewahrertypus gehören, ist dies zunächst einmal von Vorteil. Denn es ist zu erwarten, dass das Apothekenteam bei seinen Kundenkontakten in überwiegendem Maße ebenfalls auf Bewahrer trifft. "Gleich zu gleich gesellt sich gern" – oft sind gute Gespräche zwischen Gleichgesinnten die Folge. Trifft hingegen der dominant-bestimmend auftretende Mitarbeiter auf den Bewahrer-Kunden, führt dies häufig zu eher unergiebigen Gesprächen.

Was im Kundengespräch zum Vorteil gereicht, entpuppt sich in anderen Situationen als Stolperstein: etwa in Veränderungsprozessen. Wenn es darum geht, aus den gewohnten Bahnen auszubrechen, das Bewährte zu überprüfen und über Bord zu werfen, ist eine Veränderungsmentalität vonnöten. Wie aber soll der Apotheker dann mit den Bewahrungskünstlern unter den Mitarbeitern umgehen?

Ist-Zustand feststellen

Zunächst einmal verschafft sich der Apotheker einen Überblick: "Zu welchen Persönlichkeitstypen gehören meine Leute eigentlich?" Dazu liegen verschiedene Modelle vor, mit denen sich Aussagen zur Persönlichkeitsstruktur eines Menschen treffen lassen. Zu den etablierten Modellen gehört Limbic. Es fußt auf den neuesten Erkenntnissen der Hirnforschung und erfreut sich daher recht großer Akzeptanz. Demnach basieren unser Verhalten, unsere Entscheidungen und unsere Persönlichkeit auf drei Urprogrammen, den limbischen Instruktionen:

  • Balanceverhalten: Sicherheitsdenken, Harmoniestreben – Leitsatz: "Strebe nach Stabilität und vermeide Veränderungen"
  • Dominanzverhalten: Machtwille, Autonomiestreben – Leitsatz: "Setze dich durch und sei besser als die anderen"
  • Stimulanzverhalten: Kreativität, Spontaneität – Leitsatz: "Sei anders und brich aus dem Gewohnten aus"

Die Bandbreite des menschlichen Verhaltens lässt sich als Mischung aus jenen drei Urprogrammen beschreiben. Ergebnis sind sechs Persönlichkeitstypen, bei denen meistens ein bestimmtes Verhalten dominiert:

  • der dynamisch-dominante Performer,
  • der balanceorientierte Bewahrer,
  • der innovative Pioniertyp,
  • der disziplinierte Controller,
  • der tolerante "offene" Typ und
  • der entdeckungsfreudige Kreative.

Veränderungskräfte unterstützen

Mithilfe eines Tests kann der Apotheker zumindest eine Einschätzung der Persönlichkeitsstruktur der Mitarbeiter vornehmen. Und vielleicht hat er diese Analyse überdies für sich selbst durchgeführt und Aufschluss darüber erhalten, wie es bei ihm selbst mit der Veränderungsbereitschaft ausschaut.

Welche Konsequenzen ergeben sich aus der Analyse? Nehmen wir an, der Apotheker plant eine umfassende Veränderung: Er möchte seine Apotheke als "Gesundheitsapotheke" etablieren und in der Kundenberatung den Prophylaxe-Gedanken betonen. Von der Gestaltung des Frei- und Sichtwahlbereichs bis zur Kommunikation mit den Kunden soll alles auf diese Neuausrichtung abgestimmt werden.

Zum einen weiß der Apotheker aufgrund der Persönlichkeitsanalyse, mit welchen Mitarbeitern es mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Schwierigkeiten geben wird: Der dynamisch-dominante Performer wird ebenso wie der Pionier- oder Abenteurertyp den Veränderungsprozess tatkräftig unterstützen. Diese Mitarbeiter sind einfach neugierig auf die Veränderung. Der Apotheker kann einschätzen, an welchen Hebeln – bei welchen Mitarbeitern – er anzusetzen hat, um die Veränderungskräfte zu unterstützen und zu forcieren.

Zweier-Teams bilden

Bei der "Problemgruppe" der Bewahrertypen prüft der Apotheker, ob durch unterstützende Maßnahmen die Veränderungsbereitschaft gestärkt oder geweckt werden kann. In Einzelgesprächen kann er die Glaubenssätze der Bewahrer wie etwa "Vermeide Veränderungen" diskutieren und versuchen sie aufzubrechen.

Zudem sollte er möglichst Zweier-Teams bilden, in denen jeweils ein Bewahrer und ein Veränderer – also etwa ein Performer und ein Pionier – sitzen. Vielleicht lässt sich der Bewahrertypus von dem Feuer der Begeisterung ein wenig anstecken. So sieht er die Notwendigkeit der Veränderungsprozesse ein und lässt sich doch noch zur aktiven Mitarbeit bewegen.

Diese Überlegung zeigt, dass sich die Ergebnisse jener Analyse der Persönlichkeitsstruktur auch anderweitig nutzen lassen:

  • Der Apotheker optimiert die Teamzusammensetzung, indem er möglichst verschiedene Typen zusammenbringt, die sich in ihren Kompetenzen ergänzen.
  • Auch für die Mitarbeiterführung ergeben sich Vorteile: Wenn er weiß, um welchen Typus es sich handelt, kann er bei der Konfliktbewältigung und der Motivationsarbeit mitarbeiterindividuell vorgehen.

Bewahrungskräfte nutzen

Der Apotheker steht in der Verantwortung, sich intelligente Möglichkeiten zu überlegen, wie er die Beharrungskräfte oder gar das Blockadepotenzial der Mitarbeiter kreativ-produktiv für den Veränderungsprozess nutzen kann. Eine Option ist: Zuweilen tut es Veränderungsprozessen ganz gut, wenn ein advocatus diaboli, also ein "Anwalt des Teufels" auf die Schwachpunkte des Veränderungsprozesses hinweist und argumentiert, dass das Bewährte nicht automatisch das Veraltete sein muss. Hinzu kommt: Nicht jede Veränderung ist von vornherein sinnvoll.

Ein kritischer Blick, ob es nicht doch Abläufe oder Arbeitsprozesse gibt, die von der Veränderung ausgenommen oder in den Veränderungsprozess integriert werden sollten, lohnt sich. Der Apotheker sollte die konservativ-risikoscheue Bewahrer-Perspektive des entsprechenden Mitarbeiters für die Weiterentwicklung der Apotheke nutzen. Dessen Bedenken helfen, kontraproduktive Veränderungsauswüchse rechtzeitig zu stoppen. Der Apotheker kann dies institutionalisieren, indem er in der Teamsitzung den oder die Bewahrertypen ermutigt, den Veränderungsprozess kritisch zu kommentieren.

Fazit

Veränderungsprozesse brauchen Unterstützung – und den kritischen Blick. Deshalb kann es sinnvoll sein, den Bewahrer Bewahrer sein zu lassen und seine Beharrungsenergie zu nutzen. Gleichzeitig sollte der Apotheker prüfen, ob Bedarf besteht, bei dem Mitarbeiter mit Bewahrermentalität die Veränderungsbereitschaft zu stärken. Immer jedoch muss er prüfen, welches Analysemodell geeignet ist, die Persönlichkeitsstruktur der Mitarbeiter überhaupt erst einmal zu erkennen.

Dr. Michael Madel,
freier Autor und Kommunikationsberater

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