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- AZ 33/2009
- Vorsicht, Mücken
Vorsicht, Mücken!
Es ist Sommer. Da fliegen bekanntlich Mücken. Daran muss man sich gewöhnen. Allerdings soll es – in seltenen Fällen – Mücken geben, aus denen ein Elefant werden kann. Zwei solcher Mücken erleben wir in diesem Sommer.
Mücke Nr. 1: die sogenannte Stü-ckel- oder Bündel-Mücke. Da arbeiten die Apotheken seit Jahren ruhig vor sich hin, versuchen Rezepte so rasch wie möglich zu beliefern und Kundenwünsche zu erfüllen, auch wenn die verordnete Packungsgröße mal gerade nicht vorrätig ist. Statt der 90er Packung gab man schon mal drei 30er, statt der 100er schon mal zwei 50er mit. Dem Patienten war geholfen, die Kasse hatte keinen Schaden – und nur manchmal der Apotheker einen kleinen monetären Vorteil. Reich wurde damit keiner, auch wenn er öfters stückelte als notwendig. Aber es rief die Neider auf den Plan. Ein kritisches Fernsehmagazin sah in diesem Vorgehen Betrug und Skandal – aus der Stückel-Mücke wurde der Betrugs-Elefant. Dabei war es der Gesetzgeber mit den Festbeträgen selbst, der die zum Teil absurden Preisgestaltungen der Pharmaindustrie provozierte. Preise, bei denen eben die Abgabe von Kleinpackungen lukrativer als die von großen ist. Freilich, korrekt ist die Vorgehensweise des Stückelns nicht, aber daraus den Elefanten zu machen, war übertrieben.
Mücke Nr. 2: die sogenannte Austausch-Mücke. Seit aut idem erlaubt ist, gibt der Apotheker bei einer Wirkstoffverordnung ein preislich passendes Präparat ab, das diesen Wirkstoff enthält. Ohne die genaue Indikation zu kennen, wofür der Arzt den Wirkstoff verordnet hat. Doch seit es Rabattverträge gibt, legen Generikafirmen wert auf kleine feine Unterschiede, die sich nur im Beipackzettel abspielen. Und wälzen die Haftung auf den Apotheker ab, sollte er gedankenlos ein verordnetes Arzneimittel gegen ein Rabattarzneimittel austauschen: Obwohl der Wirkstoff der gleiche ist, die Bioäquivalenz zum Referenzarzneimittel nachgewiesen ist, kann es sein, dass das Indikationsspektrum nicht vollkommen übereinstimmt. Da beantragte ein Hersteller aus welchen Gründen auch immer für sein Generikum nicht alle Indikationen – und schon ist die Austauschbarkeit dahin. AOK, Gesundheitsministerium und Ärzte sagen, Hauptsache Wirkstoff und Bioäquivalenz stimmen. Hersteller und Apotheker sehen das Gesetz und die Zulassung. Aus der Austausch-Mücke ist der Indikations-Elefant geworden.
Mücken hätten sich mit Repellents vertreiben lassen, gegen Elefanten nützt nicht mal eine Fliegenklatsche. Wie schrumpft man Elefanten?
Peter Ditzel
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