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DAX: Liquidität auf Irrwegen
Die aktuelle Marktlage
Die Berichtssaison ist vorüber und die Mehrheit der Großunternehmen konnte Zahlen vorweisen, die über den Erwartungen lagen. Dabei war zwar durch die Bank ein klarer Ergebnisrückgang zu verzeichnen, doch die nachlassende Dynamik der Gewinneinbrüche ließ die Optimisten auf ein nahendes Ende der Rezession hoffen. Nachdem nun die Zahlenflut weitgehend abgeebbt ist, konzentriert sich der Markt wieder auf die Konjunkturzahlen. Und während die einen auch weiterhin auf den Anlagenotstand der institutionellen Anleger bauen, fürchten andere eine Welle der Ernüchterung durch die anstehenden Konjunkturdaten. Dabei bleiben jedoch die meisten Aktienstrategen optimistisch gestimmt und erwarten neue Höchststände. Die Bullen können auf eine starke Markttechnik verweisen, nachdem der DAX in der vorletzten Woche einem 150-Punkte Rückgang unverzüglich einen Anstieg in gleicher Höhe folgen ließ. Zu verdanken sei dies den unterinvestierten Großanlegern, allen voran den Versicherungen, die ihre Aktienquote angeblich auf Null zurückgefahren haben, hieß es zur Begründung. Größere Rückschläge seien daher erst gar nicht zu erwarten. Fundamental fühlen sich viele durch den überraschenden 0,3 Prozent-Anstieg im BIP bestärkt. 5700 DAX-Punkte seien unter diesen Umständen in Sichtweite. Vorsichtige Marktteilnehmer sehen das ganz anders. Die Wirtschaft stünde vor einem blutleeren Aufschwung, nachdem die jetzige Stabilisierung ausschließlich den staatlichen Hilfspaketen zu verdanken sei und die Arbeitslosenzahlen erst noch vor einem deutlichen Anstieg stünden. Außerdem sei der 0,3%-Anstieg im BIP auf Basis des historischen Tiefs des Vorquartals keine Glanzleistung. Für Unbehagen sorgten zuletzt die massiven Kurseinbrüche an der Börse Shanghai. Dadurch festigte sich allgemein der Eindruck, die Börsen seien generell zu hoch geflogen.
Aus der Perspektive der Analysten
Breit angelegter Stimmungswandel an den Märkten. Laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur Bloomberg unter 1375 Marktteilnehmern in Frankreich, Großbritannien, der Schweiz und Japan rechnet die Mehrheit jetzt mit weiter steigenden Kursen. Da scheint die Deutsche Bank mit ihrer jüngsten Warnung vor einer Börsenblase inzwischen allein auf weiter Flur zu stehen. "Vielleicht nicht mehr ganz so stürmisch, aber wir werden weitere Kurssteigerungen sehen" – so klingt es beispielsweise aus dem Hause M.M.Warburg. Das erwarten auch die Strategen der Hamburger Sparkasse und verweisen dabei auf den Mangel an Anlagealternativen. Optimismus auch bei der NordLB und der Bremer Landesbank – dort erwarten die Analysten einen DAX-Stand von 5500 bis 5600 Punkten. Allen Experten gemeinsam ist die Ansicht, dass ein Rückschlag schon sehr bald von vielen Anlegern zum Einstieg genutzt werden dürfte. In den USA sind dagegen deutlich kritischere Stimmen anzutreffen. Der Fondsgesellschaft Pimco sind zum Beispiel die anziehende Sparquote und die damit verbundene Konsumschwäche der Amerikaner ein Dorn im Auge. David Tice von Federated Prudent Bear Fund sieht die Aktiennotierungen gar als "dramatisch überhöht" an. Als Hinweis auf eine bevorstehende Wende am Parkett wird auch der deutliche Anstieg der – meldepflichtigen – Insiderverkäufe an der Wall Street gewertet. Offensichtlich sehen die Unternehmensmanager die Aktiennotierungen im gegenwärtigen ökonomischen Umfeld am Ende der Fahnenstange angekommen.
Musterdepot und Strategie
Das Musterdepot wurde im Bestand etwas "abgespeckt". Verkauft wurde der Put von Salzgitter am 17. August, hier musste die Notbremse gezogen werden. Der Schein von Henkel wurde wegen Zeitablauf ausgebucht. Neu aufgenommen wird ein Put auf Kali und Salz (WKN CG5MPB) der Citigroup mit Laufzeit Oktober und Basis 36 Euro (aktuell 37,20 Euro). Das Unternehmen hatte schlechte Zahlen und einen negativen Ausblick für das Gesamtjahr abgeliefert. Dennoch wurde, wohl als ein Akt der Verzweiflung in einem Liquidität-getriebenen Markt, der Wert "wieder entdeckt". Das sollte sich indes nicht als nachhaltig erweisen.
DAX am 20. August (13.30 h): 5292 Punkte.
Aktie |
zum Kurs |
Tipp vom |
Kurs aktuell |
Veränderung in % |
Strategie |
DWS Russia |
74,38 |
14.01. |
107,83 |
+ 45% |
Verkauft 29.4. |
ThyssenKrupp Put |
0,12 |
28.01. |
0,13 |
+ 8% |
Verkauft 20.2. |
Lufthansa Put |
0,09 |
28.01. |
0,10 |
+ 11% |
Verkauft 20.2. |
Telecom Put |
0,48 |
04.02. |
0,76 |
+ 58% |
Verkauft 12.2. |
RWE Put |
0,25 |
04.02. |
0,35 |
+ 40% |
Verkauft 12.2. |
Metro Put |
0,12 |
25.02. |
0,18 |
+ 50% |
Verkauft 2.3. |
ThyssenKrupp Put |
0,11 |
11.03. |
0,17 |
+ 29% |
Verkauft 1.4. |
M.A.N. Put 06/09 |
0,15 |
29.04. |
0,22 |
+ 47% |
Verkauft 14.5. |
BMW Put 06/09 |
0,16 |
27.04. |
0,48 |
+ 200% |
Verkauft 14.5. |
SAP-Put 08/09
WKN: GS10NS
|
1,30 |
04.06. |
1,60 |
+ 91% |
Verkauft 17.6. |
BMW Put 08/09
WKN: CG4XRR
|
0,15 |
11.06. |
0,31 |
+ 107% |
Verkauft 24.6. |
Henkel Put 07/09
WKN: CM3PRW
|
0,02 |
21.05. |
0,01 |
– 50% |
Verkauft 8. 7. |
BMW Put 09/09
WKN: CG4KMB
|
0,19 |
02.07. |
0,32 |
+ 68% |
Verkauft 8. 7. |
BMW Put 05/09 |
0,18 |
18.03. |
0,00 |
Verlust |
ausgebucht |
Bayer Put |
0,31 |
18.03. |
0,00 |
Verlust |
ausgebucht |
Metro Put 05/09 |
0,13 |
18.03. |
0,00 |
Verlust |
ausgebucht |
Salzgitter Put |
0,28 |
18.03. |
0,00 |
Verlust |
ausgebucht |
RWE Put |
0,37 |
25.03. |
0,00 |
Verlust |
ausgebucht |
SAP Put |
0,08 |
01.04. |
0,00 |
Verlust |
ausgebucht |
Deutsche Bank Put |
0,32 |
01.04. |
0,00 |
Verlust |
ausgebucht |
Metro Put 06/09
WKN: CM2JUG
|
0,21 |
16.04. |
0,00 |
Verlust |
ausgebucht |
Deutsche Börse Put 06/09
WKN: CM1KEZ
|
0,26 |
20.04. |
0,00 |
Verlust |
ausgebucht |
Caterpillar Put 06/09
WKN: CG3DFN
|
0,15 |
23.04. |
0,00 |
Verlust |
ausgebucht |
RWE Put 06/09
WKN: AA1AE0
|
0,18 |
13.05. |
0,00 |
Verlust |
ausgebucht |
Metro Put 09/09
WKN: DB94LX
|
0,18 |
28.05. |
0,06 |
– 72% |
Halten |
Henkel Put 08/09
WKN: CG4XXB
|
0,076 |
18.06. |
0,00 |
Verlust |
ausgebucht |
Salzgitter Put 09/09
WKN: CM2YZH
|
0,48 |
25.06. |
0,18 |
– 63% |
Verkauft 17.8. |
Deutsche Bank 09/09
WKN: CB43VU
|
0,28 |
25.06. |
0,07 |
– 75% |
Halten |
RWE Put 09/09
WKN: CG0ZTP
|
0,20 |
16.07. |
0,03 |
– 85% |
Halten |
Deutsche Börse Put 09/09
WKN: CG0PFW
|
0,34 |
16.07. |
0,43 |
+ 26% |
Verkauft 6. 8. |
Daimler Put 09/09
WKN: CG0TKZ
|
0,11 |
23.07. |
0,04 |
– 63% |
Halten |
BASF Put 09/09 WKN: DB91LQ |
0,15 |
05.08. |
0,13 |
– 13% |
Halten |
BMW Put 09/09 WKN: CG56RU |
0,08 |
06.08. |
0,06 |
– 25% |
Kaufen |
Kali und Salz Put 10/09
WKN: CG5MPB
|
0,19 |
20.08. |
neu |
Kaufen |
|
zum Vergleich: DAX seit 8. 1. |
4871,00 |
5292,00 |
Aus der Sicht des QuerdenkersDie Optimisten können sich auf zwei Verbündete stützen: Die Liquidität und (noch) die Charttechnik. Der Performancedruck zwingt unterinvestierte Großanleger zum Einstieg. Die Frage nach der fundamentalen Basis stellt sich an diesem Punkt nicht. So bleibt es denn bei den warnenden Stimmen, wohl wissend, dass diese Blase platzen wird. Aber es ist der Markt, der Fakten schafft, den Fundamentalisten bleibt das Nachsehen – und wahrscheinlich ein später Triumph. Doch bis dahin bleibt es beim alten Schema:
Kursverluste beim DAX werden von vorneherein als "Verschnaufpause" eingestuft und die Charttechniker sehen nur noch schwach ausgeprägte Widerstände auf dem Weg nach oben – der nächste Widerstand soll gar bei 6550 Punkten liegen.
Und dennoch ist Sand im Getriebe des vermeintlichen Perpetuum mobile. Die Börsentage mit roten Vorzeichen häufen sich, die Rückkäufe folgen eher zögerlich. Kein Wunder, denn wer bei Kursen jenseits der 5000er Marke im DAX noch einsteigt, muss an eine schnelle Erholung der Wirtschaft glauben. Aber genau das wird immer unwahrscheinlicher. Die staatlichen Hilfspakete, beispielsweise die Abwrackprämie, haben nur zu einer Gnadenfrist geführt. Ford und General Motors retten sich trotz des künstlich erzeugten Nachfragebooms mit Überstunden über die Runden. Der Schwachpunkt ist und bleibt der US-Arbeitsmarkt, hier ist keine Besserung in Sicht. Fakten, die auch Star-Ökonom Kenneth Rogoff eine nüchterne Prognose ziehen lassen. Der Amerikaner erwartet für die USA aufgrund der Konsumschwäche über die nächsten fünf Jahre ein laues Wirtschaftswachstum von jährlich rund 2 Prozent. Danach prognostiziert er eine erneute Rezession. Auch Bundesbankpräsident Axel Weber zweifelte letzte Woche gegenüber "Spiegelonline" die Nachhaltigkeit des Aufschwungs an. Doch die Akteure ignorieren alle Warnungen. "Wir kaufen, weil die anderen kaufen" stellt zwar für einen nachhaltigen Börsenaufschwung kein tragfähiges Konzept dar. Die Beharrlichkeit, mit der der DAX in luftigen Höhen gehalten wird, überrascht dennoch.
Aber die Optimisten werden auf den Wogen der Liquidität letztlich nur bis zur Sandbank getragen. Der Rückschlag bis in die Region zwischen 4900 und 5000 DAX-Punkte liegt in der Luft. Danach dürften tatsächlich die Nachzügler nochmals einsteigen und das Börsenbarometer zurück in alte Höhen befördern. Das dürfte dann allerdings mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der letzte Vorhang für die Bullen sein.
Peter Spermann
Peter Spermann ist Dozent für Wirtschaftslehre und beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit der Börse. In der AZ-Rubrik "Querdenker" vertritt er konsequent den Standpunkt des Antizyklikers.
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