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- AZ 35/2009
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Der Kunde als Mit-Arbeiter
Innovative Ideen werden zutage gefördert, wenn der Apotheker und seine Mitarbeiterinnen den Kunden als – in Anlehnung an den Trendsetter – Innovationssetter betrachten. Ebenso obligatorisch wie die Frage um Empfehlungen ist dann das kurze Gespräch mit dem Kunden, ob und wo er Verbesserungspotenziale sieht: bei den Produkten im Frei- und Sichtwahlbereich, bei der Dienstleistung, beim Verhalten des Apothekenteams.
Beschwerden als Innovationsschatzkiste
Eine gute Gelegenheit, den Kunden zum aktiven Innovationssetter zu entwickeln, bietet das Beschwerdegespräch. Denn dabei hat der Kunde von sich aus signalisiert: "Hier solltet ihr überlegen, welche innovativen Veränderungen zur Verbesserung führen!"
Selbstverständlich behandeln Apotheker und Mitarbeiterinnen die Beschwerde zunächst einmal sachgemäß: die Beschwerde ernst nehmen, Emotionen rausnehmen, Ursachenanalyse durchführen, Problemlösung erarbeiten und umsetzen. Aber: Nachdem das Beschwerdegespräch abgeschlossen ist, werden sie pro-aktiv tätig und fragen den Kunden um Rat. Die dazu grundsätzlich notwendige Einstellung spiegelt sich im folgenden Satz: "Vielen Dank, dass Sie die Mühsal auf sich genommen haben, uns Ihre Beschwerde vorzutragen. Wir nehmen Ihre Reklamation gerne zum Anlass, unsere Qualität zu verbessern. Gibt es Ihrer Meinung nach weitere Schwachstellen bei uns?"
Nun ist es möglich, den Kunden sogar um einen Lösungsvorschlag zu bitten, etwa. "Wenn Sie die Produktpräsentation im Frei- und Sichtwahlbereich als unser großes Manko ansehen: Was müsste geschehen, damit Sie mit uns zufrieden sind? Wie sähe die ideale Lösung des Problems Ihrer Meinung nach aus?"
Kreative Innovationsmanager zeichnen sich dadurch aus, dass sie die Kunden, die sich beschweren, in das Verbesserungsvorschlagswesen integrieren. Sie sehen Beschwerden nicht nur als zweite Chance, den unzufriedenen Kunden doch noch an die Apotheke zu binden, sondern als innovative Anregungen, Schwachstellen in der Apotheke aufzuspüren und auszumerzen. Kunden sollen vehement auf Missstände und Fehler aufmerksam machen – das ist das Ziel solch innovativer Apothekenteams.
Statt Kummer- einen Innovations-Briefkasten einrichten
Das Team sollte es dem Kunden so leicht wie möglich machen, innovative Ideen zu kommunizieren. Dies gelingt, indem eine regelmäßige Kundenbefragung durchgeführt oder ein Innovations-Briefkasten auf der Verkaufstheke aufgestellt wird. In einigen Geschäften gibt es Beschwerde- oder Kummer-Briefkästen: Der Kunde notiert seine Beschwerden auf einem Zettel und hinterlegt ihn in dem "Briefkasten". Innovative Apotheker gehen einen Schritt weiter und fordern die Kunden zur aktiven Mitarbeit am Innovationsmanagement auf.
Innovations-Dialoge lassen sich zumeist am besten und äußerst konstruktiv mit Kunden führen, die das Team bereits gut kennt und zu denen ein Vertrauensverhältnis existiert. Dann ist der Kunde oft entgegenkommend genug, sich ausführlicher zu äußern. Ohne Scheu wird er auch die Schwachpunkte nennen – weil er weiß, dass der Apotheker dies als Anregung auffassen wird, den Kunden noch bessere Produkte und einen noch besseren Service zu bieten.
Je ausgeprägter das Vertrauen zwischen dem Kunden und dem Team ist, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass er sogar Verhaltensaspekte anspricht: Dies kann so weit reichen, dass er auf Mitarbeiterschwächen eingeht: "Also, was mir aufgefallen ist, Ihre Mitarbeiterin, die Frau Müller, ist in letzter Zeit immer so hektisch. Das kommt gar nicht freundlich rüber." Natürlich darf der Apotheker den Kundenhinweis nicht ausnutzen, um die Mitarbeiterin abzustrafen. Er dient ihm vielmehr dazu, mit Frau Müller ein sachliches Kritikgespräch zu führen und die Kundenorientierung in der Apotheke zu verbessern.
Kunden zum Dialog motivieren
Abzuklären ist stets, ob der Kunde wirklich ein wenig zusätzliche Zeit in das Gespräch investieren will. Ist er in Eile, sollte der Apotheker die Innovationsfrage ruhen lassen. Spürt oder weiß er hingegen, dass der Kunde zur Auskunft bereit ist, kann er das Innovationsthema zur Sprache bringen.
Bei auskunftswilligen Kunden ist es nicht immer notwendig, die "Innovationsfrage" erst nach Abschluss des eigentlichen Beratungs- oder Verkaufsgesprächs zu stellen. Warum nicht einmal schon zu Beginn des Gesprächs vorfühlen: "Ich möchte Sie heute so von … überzeugen, dass Sie mir am Ende des Gesprächs gestatten, eine Frage zu stellen, die über unser Thema hinausgeht." Vielleicht fordert der Kunde den Apotheker bereits jetzt auf, jene Frage zu stellen: Das Innovationsthema kommt dann schon vor dem Beratungsgespräch auf den Tisch des Hauses.
Ob sich ein Kunde als Innovationssetter zur Verfügung stellt, hängt von seiner Mentalität ab: Handelt es sich um einen statusbewussten Menschen, für den Selbstbestimmung und Prestige bedeutende Faktoren seiner Persönlichkeitsstruktur darstellen, wird er sich sogar freuen, wenn er gefragt wird, was am Produkt oder in der Kundenbeziehung verbessert werden kann. Ähnliches gilt für den beziehungsorientierten Kunden, der einem kleinen Plausch prinzipiell nicht abgeneigt ist.
Die Mitarbeiterinnen unterstützen
Wenn ein Apotheker den Kunden als Innovationssetter entwickeln möchte, ist er auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angewiesen. Natürlich sollen auch diese fähig sein, das Innovationsthema im Kundengespräch anzuschneiden. Es liegt in der Verantwortung des Apothekers, die Strukturen zu schaffen, damit diese Gespräche geführt, die Ergebnisse gesichert und Konsequenzen daraus gezogen werden können.
Allerdings: Die innovativen Kundenvorschläge bereiten dem Mitarbeiter immer erst einmal Zusatzarbeit: er muss das Gespräch führen, Notizen anfertigen, die Ergebnisse weiterleiten, Veränderungen durchführen. Dies sollte ihm so leicht wie möglich gemacht werden, damit er nicht mit Ablehnung reagiert. Es ist eine Überlegung wert, inwiefern die Mitarbeiter, die von Kunden eine Innovationsanregung erhalten, dafür belohnt werden können – ähnlich wie beim innerbetrieblichen Verbesserungsvorschlagswesen.
Auch der Kunde, der durch seine Anregung oder Beschwerde einen Verbesserungsprozess anstößt, sollte diese Hilfestellung nicht umsonst leisten müssen, sondern eine Anerkennung erhalten. Mit einem Belohnungssystem verdeutlicht der Apotheker: Der Kunde wird nicht als Ideengeber ausgenutzt, sondern soll von seinem Engagement profitieren.
Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater
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