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- AZ 35/2009
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Naturheilverfahren noch oft Privatvergnügen
Während der Taucher verletzungsfrei blieb, erlitt Nicole Stauchungen und Prellungen im Hals- und Wirbelsäulenbereich. Urlaubsende und starke Schmerzen waren die Folge. Da Nicole eine Anhängerin alternativer Medizin ist, wollte sie zur Schmerzlinderung und Genesung eine Behandlung durch Akupunktur. "Als gesetzlich Versicherte hatte Nicole Pech. Naturheilverfahren bieten gesetzliche Krankenkassen nur sehr beschränkt an, obwohl die Nachfrage unter Patienten stark steigt. Eine Akupunkturbehandlung ist zwar ein Teil des Leistungskatalogs, aber kann nur bei bestimmten chronischen Beschwerden abgerechnet werden. Mit einer privaten Zusatzpolice hätte Nicole diese Anwendung bezahlt bekommen. So musste sie die Kosten für die Akupunktur aus eigener Tasche begleichen", so ein Versicherungsexperte des Allgemeinen Wirtschaftsdienstes AWD.
Der Leistungskatalog bezüglich Naturheilverfahren unterscheidet sich von Krankenkasse zu Krankenkasse. Vier Bereiche weisen eine relativ breite Anerkennung auf: Akupunktur, Homöopathie, anthroposophische Medizin und Prävention. Besonders Akupunktur erscheint vielen Bundesbürgern als eine sinnvolle Therapie und Alternative zur westlichen Schulmedizin.
Doch lediglich bei chronischen, mindestens sechs Monate andauernden Schmerzen im Rücken- oder Kniebereich sind Kassen in der Regel bereit, zehn Sitzungen und in Ausnahmefällen bis zu 15 zu bezahlen. Diverse Versicherer setzen dabei voraus, dass die schulmedizinische Anwendung erfolglos war. Die Akupunktur darf generell nur von einem Kassenarzt mit der entsprechenden Zusatzqualifikation vorgenommen werden. Behandlungen von Heilpraktikern sind ausgeschlossen. Für viele Patienten, die ansonsten einem Heilpraktiker ihr Vertrauen schenken, ist das ein Handicap.
Bei der Homöopathie und anthroposophischen Medizin gibt es für die Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen bestimmte Grenzen in meist geringer Höhe. So zahlen zum Beispiel Kassen den Ärzten für das Erstgespräch, genannt Anamnese, nur niedrige Honorare, die dem tatsächlichen Zeitaufwand so gut wie nie gerecht werden. Eine private Beteiligung an den Kosten ist dann vonnöten. Und bei homöopathischen Medikamenten müssen Patienten mit höherer Eigenbeteiligung als bei konventionellen Medikamenten rechnen. Zumindest im Bereich der Prävention ist bei den gesetzlichen Krankenversicherungen relativ viel Bewegung gekommen. "Die Kassen haben erkannt, dass die finanzielle Beteiligung an Entspannungs- und Stressbewältigungsmaßnahmen ein probates Mittel ist, um Körper und Seele zu stärken und dadurch Krankheiten vorzubeugen. Von autogenem Training bis Yoga stehen zahlreiche alternative Therapien auf dem Programm. Wichtig für Versicherte: Therapie und Kursanbieter müssen für eine Kostenübernahme von der Kasse akzeptiert werden. Also erst nachfragen und dann anmelden", so der Versicherungsexperte.
Wichtige Ergänzung: private Zusatzpolicen
Seit vielen Jahren sind es gesetzlich Versicherte gewohnt, dass Leistungen eingeschränkt werden oder ganz wegfallen. Eine Integration von weiteren Naturheilverfahren oder höhere Kostenübernahmen sind daher, wenn überhaupt, nur schleppend zu erwarten – trotz der allgemein enorm wachsenden Nachfrage im Segment alternativer Medizin. Private Krankenzusatzversicherungen stellen nicht zuletzt aufgrund dieser Entwicklung eine wichtige Ergänzung dar. Diese Policen ermöglichen den Besuch beim Heilpraktiker oder die Anwendung von Therapien, die nicht im gesetzlichen Leistungskatalog stehen, bis zu einer bestimmten Höhe pro Jahr. Dieser Betrag bewegt sich im Normalfall zwischen 1000 und 1200 Euro mit einer Selbstbeteiligung von zehn bis 20 Prozent. Ein Vergleich der Anbieter lohnt sich, um das individuell passende Angebot zu finden.
Lediglich eine Gesellschaft bietet derzeit einen reinen Tarif für Naturheilverfahren an. Ansonsten sind diese Leistungen ein Baustein in der privaten Krankenzusatzversicherung. Weiter integriert sein kann eine zusätzliche Erstattung bei Zahnersatz, da hier die gesetzlichen Leistungen ebenfalls gekürzt wurden. Für Sehhilfen zahlt die gesetzliche Kasse nur in absoluten Ausnahmefällen einen Zuschuss. Daher ist die Zusatzpolice für Brillen- und Kontaktlinsenträger ein Muss. Auslandsreise-Krankenschutz und Optionen wie Chefarztbehandlung und Anspruch auf Ein- oder Zweibettzimmer im Krankenhaus runden das Paket meist ab.
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