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Monopolkommission gegen Pick-up-Verbot
"Wettbewerb" ist ein Wort, das im Koalitionsvertrag von Union und FDP häufig vorkommt. Doch Haucap, der mit seiner unabhängigen Kommission die Bundesregierung auf dem Gebiet der Wettbewerbspolitik berät, hätte sich von Schwarz-Gelb an einigen Stellen "mehr Mut" erhofft.
Der Koalitionsvertrag mache deutlich, dass in der Arzneimittelversorgung weniger Wettbewerb gewünscht werde, sagte er in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Ausgabe vom 28. Oktober). Begrüßenswert ist aus Sicht des Kommissionsvorsitzenden zwar, dass Kassen und Pharmahersteller vermehrt verhandeln sollen. Ebenso sei es richtig, dass die Bundesregierung das Wettbewerbsrecht stärker in die GKV einfließen lassen und Rechtswegfragen klären will. So müsse die Zuständigkeit in Streitfragen wie über Rabattverträge auf die Zivilgerichtsbarkeit konzentriert werden. "Denn das bisher letztinstanzlich zuständige Bundessozialgericht hat keinerlei Expertise im Kartellrecht", so Haucap.
Unerklärlich und nicht konsistent
Das vorgesehene Verbot von Pick-up-Stellen sei dagegen "ein großer Rückschritt". Haucap: "Das ist auch unerklärlich und nicht konsistent mit anderen Wirtschaftsbereichen. Das ist das Gegenteil der Erhardschen Ordnungspolitik". Aus Sicht des Ökonomen gibt es "keine sachliche Rechtfertigung dafür, dass man bei Apotheken weniger Wettbewerb braucht als bisher". Am Fremdbesitzverbot festzuhalten, ist für ihn "reine Klientelpolitik" und ein "schwerer Fehler" der neuen Regierung.
Gefährdungen für die Patienten durch "mehr Wettbewerb" fürchtet Haucap nicht. Wer dennoch daran glaube, könne bestimmte Anforderungen aufstellen oder eine Qualitätsregulierung einführen. Ausreichend wäre es für Haucap, wenn gesetzlich festgelegt wäre, dass eine Apotheke von einem Apotheker geführt werden muss. "Das reicht, um den Kunden zu schützen." Zudem könne der Gesetzgeber Mindeststandards für die Lagerung von Arzneimitteln oder die Qualifizierung des Personals festlegen. "Dass an der Imbiss-Bude keine Arzneimittel abgegeben werden sollen, das ist doch klar", so Haucap. Pick-up-Stellen komplett zu verbieten, würde dagegen "weit über das Ziel hinausschießen" und sei auch verfassungsrechtlich bedenklich.
Bei der BAK reagierte man auf die marktradikalen Äußerungen des Kommissionsvorsitzenden entrüstet: "Während die Monopolkommission vielfach leider nicht in der Lage ist, die Macht von Konzernen zu brechen, will sie ausgerechnet im frei- und heilberuflich geprägten Gesundheitswesen potenziellen Monopolisten das Feld überlassen", konterte BAK-Präsidentin Erika Fink. Sie betonte, dass die Versorgung für die Menschen in einem marktradikalen Gesundheitssystem, wie in den USA, schlechter und teurer würde. Fink: "Die persönliche Verantwortung für Patienten und Verbraucher ist anscheinend ohne jede Bedeutung. Das offenbart, dass die Monopolkommission kein Verständnis für die Gesundheits- und Arzneimittelversorgung hat."
Die BAK-Präsidentin wies darauf hin, dass weder Tankstellen noch Drogerieketten – beide in der Regel in Händen von Konzernen – die hochwertige Arzneimittelversorgung im Auge haben. Ihnen gehe es um "eine Ertragsoptimierung auf Kosten der Versicherten". Fink: "Die Monopolkommission verwechselt Wettbewerb mit marktradikaler Liberalisierung und missinterpretiert die soziale Marktwirtschaft." Sie betonte, dass es schon heute einen intensiven Leistungs-, Qualitäts- und auch Preiswettbewerb zwischen den Apotheken gebe. Dieser Wettbewerb werde auch härter – aber nur innerhalb der bewusst vom Gesetzgeber und der Gesellschaft gezogenen Grenzen.
Fink kritisierte ferner, dass es die Monopolkommission gerade in den Konzern-dominierten Versorgungsmärkten kaum schaffe, Verbraucher vor Abzocke zu schützen. "Es ist unerklärlich, warum nun Werbung für eine Vermachtung des Gesundheitswesens betrieben wird".
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