Wettbewerb als Selbstzweck

Thomas Müller-Bohn

Der Vorsitzende der Monopolkommission, Justus Haucap, bezeichnet das geplante Pick-up-Stellen-Verbot in einem Interview als "großen Rückschritt", das Festhalten am Fremdbesitzverbot ist für ihn "reine Klientelpolitik". Zudem beklagt er, das Bundessozialgericht habe keinerlei Expertise im Kartellrecht. – Doch umgekehrt sind offenbar die Monopolkommis-sion und andere ökonomisch geprägte Institutionen ebenso wenig mit dem Gesundheitswesen vertraut. Haucap bezeichnet die Pläne der neuen Regierung zu Apotheken als "nicht konsistent mit anderen Wirtschaftsbereichen". So betrachtet er das Gesundheitswesen offenbar ausschließlich als Wirtschaftsbereich und macht den Wettbewerb zum Selbstzweck. Doch das Gesundheitswesen hat mehr als nur ökonomische Aspekte – und es ist Sache der Politik, ein angemessenes Gleichgewicht zu bestimmen. Wenn die Politik ihren Gestaltungsspielraum nutzt und Ausnahmen von einigen marktwirtschaftlichen Regeln schafft, gilt dies auch für die Monopolkommission. Der Europäische Gerichtshof hat bekanntermaßen klar entschieden: Wenn die gesundheitspolitischen Regeln dies so vorsehen, erübrigt sich die weitere Diskussion über Markteintrittsbarrieren. Demnach beantwortet Haucap eine Frage, die sich gar nicht stellt.

Doch auch seine rein ökonomische Logik überzeugt nicht. Denn Haucap tut so, als gebe es keinen Wettbewerb unter Apotheken. Doch dieser Wettbewerb ist insbesondere seit der Preisfreigabe für OTC-Arzneimittel sehr intensiv, wie ein Blick in Einkaufsstraßen und Tageszeitungen deutlich macht. Pick-ups sorgen dagegen für ungleiche Bedingungen. Welcher Ordnungspolitiker wünscht sich das? Ohne Pick-ups gibt es einen harten, aber fairen Wettbewerb unter vielen kleinen Anbietern – wie im ökonomischen Lehrbuch. In diesem seltenen Idealfall ist eine Monopolkommission überflüssig. Doch die Öffnung für Konzerne – sei es direkt über den Fremdbesitz oder indirekt über Pick-ups – würde früher oder später zu Oligopolen führen, die oft gerade den intensiven Wettbewerb verhindern. Dies könnte zur Arbeitsbeschaffung für Kartellwächter werden. Welchen Vorteil solche Oligopole aber für den Wettbewerb bringen sollten, erklärt Haucap nicht.


Thomas Müller-Bohn

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