Kundenkommunikation und Gesprächsführung

Interesse bei gleichgültigen Kunden wecken

Antipathie, Abneigung, Aggressivität: Diese Kundenreaktionen lassen an Eindeutigkeit nichts zu wünschen übrig, der Apotheker kann sich darauf einstellen. Was jedoch tun bei vollkommener Gleichgültigkeit?

Herausforderung Kunde Auch wenn die Apothekenkundin bei Rezepteinlösung auf eine Zusatzberatung scheinbar gleichgültig reagiert – hier am Ball bleiben lohnt sich allemal und kann sogar die Kundenbindung stärken.
Foto: ABDA

Apotheken, die im Frei- und Sichtwahlbereich offensiv punkten und Zusatzverkäufe tätigen wollen, müssen bei der Kundenansprache damit rechnen, dass der Kunde eine erstaunliche Gleichgültigkeit an den Tag legt. Es gibt dann die folgenden Erklärungsmöglichkeiten:

  • Der Kunde hegt eine Aversion gegen den Apotheker – oder auch gegen die Mitarbeiterin. Dann kann er versuchen, auf der Beziehungsebene zu argumentieren. Eine Alternative besteht darin, den Kunden an eine Mitarbeiterin zu übergeben.
  • Der Kunde ist gleichgültig gegenüber den Produkten, die im Frei- und Sichtwahlbereich angeboten werden. Vielleicht braucht er es einfach nicht, lehnt jedoch die Beratung nicht grundsätzlich ab, sondern will sich "mit kaltem Herzen" informieren. Oder er kennt ein "unschlagbares" Konkurrenzangebot.

Immer aber stellt die offensichtliche Gleichgültigkeit eines Kunden eine besondere Herausforderung für das Apothekenteam dar.

Die gleichgültige Haltung erkennen

Die Aufgabe des Apothekers – die folgenden Ausführungen treffen natürlich auch auf alle anderen Personen mit Kundenkontakt in der Apotheke zu – besteht darin, die Barriere der Gleichgültigkeit zu durchstoßen, den Kunden zu einer Äußerung, einer (Er)Regung zu animieren, die es dem Apotheker erlaubt, überhaupt in ein Beratungsgespräch einzutreten. Die gleichgültige Haltung lässt sich an typischen Äußerungen erkennen wie:

  • "Ich benötige in dieser Hinsicht zurzeit keinerlei Hilfe oder Unterstützung – ich brauche das Produkt nicht."
  • "Ich bin mit meiner Situation vollkommen zufrieden, das brauche ich nicht."
  • "Das bekomme ich woanders zu einem besseren Preis."

Der Kunde sieht anscheinend derzeit keinen Bedarf, irgendetwas an seiner Situation zu ändern. Natürlich ist es schwierig, trotzdem sein Interesse zu wecken, zumal sich der Apotheker bei ihm unbeliebt machen könnte, wenn er mit aller Macht versucht, etwa die Qualität der von ihm bevorzugten Produkte im Vergleich zu anderen zu betonen. Er sollte darum sicher sein, mit den von ihm präferierten Produkten wirklich eine bessere Lösung bieten zu können als mit anderen. Dazu aber muss er erst einmal in einen Dialog mit dem Kunden eintreten.

Der entscheidende Punkt, die gleichgültige Haltung des Kunden zu durchbrechen, ist, ihm zu zeigen, dass die Apotheke eine Top-Problemlösung für ihn bereithält. Klaus Steven von AchieveGlobal, Düsseldorf, hat dazu eine vierphasige Vorgehensweise entwickelt. In aller Regel wird der Apotheker sie bei Neukunden einsetzen, etwa bei Kunden, die "nur mal schnell" ein Rezept einlösen wollen, ansonsten aber eine andere Apotheke aufsuchen.

Phase 1: Verständnis zeigen und um Erlaubnis bitten

Zunächst sollte der Apotheker ein Beispiel anführen, in dem er einmal in der Situation des Kunden war, also sehr zufrieden mit dem Ist-Zustand und an einer Veränderung vollkommen uninteressiert. Das Beispiel muss belegen, dass er sich seinerzeit eines Besseren hat belehren lassen: "Ich war damals der Meinung, es würde für mich einfach keine besseren Tabletten bei Halsschmerzen geben, aber dann …"

Er kann den Kunden zudem für seine vorsichtige Haltung loben, die gleichgültige Attitüde mithin als positive Strategie beschreiben: "Ich kenne das: Man ist zufrieden und kann sich gar nicht vorstellen, dass es noch eine andere Lösung gibt. Es ist richtig, dass Sie so denken. Darf ich Ihnen jetzt noch zwei, drei Fragen stellen?" So zeigt der Apotheker dem Kunden, dass er seine Situation nachvollziehen kann. Danach holt er die Erlaubnis ein, Fragen stellen zu dürfen.

Allerdings: Wenn der Kunde dies verneint, sollte er die Ablehnung akzeptieren. Es geht nicht darum, den Kunden um jeden Preis überzeugen zu wollen, der sich dann ohnehin nur überredet fühlt und sich zurückzieht.

Phase 2: Den Kunden zum Reden bringen

Wenn der Kunde seine Zustimmung gibt, versucht der Apotheker, ihn berichten zu lassen. Bleiben wir bei dem Beispiel der Halsschmerzen. Der Apotheker fragt, wie oft der Kunde denn diese Schmerzen hat, ob er deswegen schon einmal beim Arzt war, ob sie periodisch und in bestimmten Situationen auftreten. Er kann ihn auch loben – "Sie gehören wohl zu den Menschen, die gut darüber informiert sind" –, immer aber ist das Ziel, in einen Dialog einzutreten, der die gleichgültige Haltung des Kunden aufbricht.

Der Bericht des Kunden eröffnet ihm vielleicht die Möglichkeit, konkrete Fragen einzustreuen, um Anknüpfungspunkte zu finden, ein entsprechendes Produkt aus dem Frei- und Sichtwahlbereich vorzustellen.

Eine weitere Option ist, die Gleichgültigkeit durch Emotionalisierung aufzubrechen:

  • mit Humor: "So rundum zufrieden möchte ich auch mal sein! Sollen wir die Rollen tauschen, und Sie beraten mich?"
  • das Kind beim Namen nennen: "Warum dieses Desinteresse? Aber ich kann Sie schon verstehen, ich habe einmal selbst erlebt …"

Phase 3: Situation des Kunden hinterfragen

Wenn es gelungen ist, die gleichgültige Haltung des Kunden zu mildern, verfügt der Apotheker über Ansatzpunkte und Informationen, die es ihm erlauben, die Situation des Kunden zu hinterfragen. "Was Sie sagen, ist hochinteressant. Bei dem, was Sie erzählt haben, ist mir nur ein Punkt aufgefallen, der zeigt, dass Sie vielleicht doch noch einen Verbesserungsbedarf haben. Sie sagten, Sie mögen es nicht, wenn die Halsschmerztabletten zu scharf sind."

Wichtig dabei: Der Apotheker muss dem Kunden verdeutlichen, dass es ihm nicht darum geht, sich auf Kosten des Wettbewerbers zu profilieren: "Es ist aber durchaus möglich, dass ich Ihnen mit diesen Halsschmerztabletten zwar keine bessere, aber doch eine zusätzliche oder ergänzende Lösung bieten kann. Denn sie sind wirklich nicht scharf."

Nun soll der Kunde entscheiden, ob der Apotheker tatsächlich einen Bereich angesprochen hat, in dem er sich eine Verbesserung vorstellen kann.

Phase 4: Möglichkeit der Verbesserung konkretisieren

Jetzt ist die Fähigkeit des Apothekers gefragt, die Vorteile und den Nutzen des von ihm bevorzugten Produkts konkret aufzuzeigen. Und hier befindet sich der Apotheker auf dem Weg zu einem "normalen" Kundengespräch.

In der Praxis kommt es vor, dass im Laufe des Gesprächs das Interessependel des Kunden doch wieder in Richtung Gleichgültigkeit ausschlägt. Der Apotheker sollte in jeder Phase des Dialogs bedenken, wo er "herkommt": nämlich von einem fast gescheiterten Gespräch mit einem desinteressierten Kunden, der nahe davor stand, die Apotheke zu verlassen.

Fazit: Der Umgang mit gleichgültigen Kunden erfordert ein sensibles Vorgehen mit Fingerspitzengefühl. Je mehr der Apotheker über die Situation des Kunden herausbekommt, umso besser kann er erfolgreich auf das gleichgültige Verhalten reagieren.

Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater

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