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Wirtschaft
DAX: Wann fällt das Jahreshoch?
Die Barriere will und will nicht fallen. Fünf Anläufe verliefen bereits im Sande, aber das alte Jahreshoch im DAX bei 5880 Punkten erweist sich als zäher Brocken. Doch die nächste Angriffswelle rollt schon wieder. Nach dem Schock über das sich in Zahlungsnöten befindliche Emirat Dubai und allein gelassen vom großen Bruder Wall Street, der just an diesem Krisentag Thanksgiving feierte, irrten letzte Woche die Optimisten in Frankfurt zunächst ziellos umher. Doch Dubai wurde von den meisten Analysten schnell als "Sonderfall" abgestempelt und der DAX konnte relativ zügig wieder zur Tagesordnung übergehen. Und das bedeutet: Die Marke von 5880 Punkten muss fallen. Am Parkett scheint man sich unterdessen nur noch darüber zu streiten, wer dabei vorangehen soll.
Aus der Perspektive der Analysten
Der Glaube an die Jahresendrallye sei erschüttert, hieß es noch Anfang letzter Woche von Seiten der WGZ-Bank, nachdem die Dubai-Krise über das Parkett gefegt war. Der Chef der US-Fondsgesellschaft Pimco sieht es ähnlich. Dubai sei nur der Auslöser für eine überfällige Gegenbewegung bei Aktien. Die Optimisten also unter Schock?
Experten der Landesbank Berlin und der Axa Investment setzen indes darauf, dass einige Investoren den Rücksetzer zum Einstieg nutzen werden. So sehen es auch die Analysten der WestLB, die dem DAX noch in diesem Jahr ein Potenzial bis 6300 Punkte zutrauen. Der Chef der Fondsgesellschaft DWS wähnt das Aktienbarometer bis Jahresende sogar bei 6500 Punkten. Die Gründe hierfür: Die anhaltend hohe Liquidität sei der Treibstoff für die Börse und die Zahl derer, die an eine schnelle wirtschaftliche Erholung glaube, steige. Und dann ist da natürlich noch die Bilanzkosmetik zum Jahresabschluss der Investmentfonds. Gestützt wird dieses Szenario von den Charttechnikern. Sie sehen Luft bis 6250 Punkte.
Musterdepot und Strategie
Zwei Wochen bleiben dem DAX noch bis zur Erfüllung seines Pflichtprogramms. Sollte es zum Sprung über das all-time-high kommen, wird die Devise an der Börse heißen: "Geht Fisch, geht Fleisch." Für Salzgitter dürfte es dann bis 70 oder 72 Euro reichen. Das wird sich sehr positiv auf den bestehenden Call-Optionsschein auswirken. DAX am 3. Dezember (13.30 h): 5809 Punkte.
Aktie |
zum Kurs |
Tipp vom |
Kurs aktuell |
Veränderung in % |
Strategie |
Salzgitter Call 01/10
WKN: CG6EKU
|
0,29 |
26.11. |
0,40 |
+ 38% |
Halten |
zum Vergleich: DAX seit 8. 1. |
4871,00 |
5809,00 |
+ 19% |
Aus der Sicht des QuerdenkersEs ist bislang nicht weit her mit dem Elan der Gipfelstürmer am Frankfurter Parkett. Offensichtlich stehen sich die Optimisten selbst im Weg. Für die meisten schien ein Test der 6000er Marke schon vor Wochen eine ausgemachte Sache zu sein. Dementsprechend hoch war wohl auch der Investitionsgrad der Profis. Frisches Geld war Mangelware, was sich an dem mehrfachen Scheitern am alten Hoch bei rund 5850 DAX-Punkten ablesen lässt. Als dann die Dubai-Krise heraufzog, fanden sich dann die Bullen blitzschnell auf der Geberseite wieder. Jetzt aber sind die Zauderer von Bord gegangen und gerade wegen Dubai dürften nun auch wieder die Chancen auf die Jahresendrallye gestiegen sein. Für den weiteren Börsenverlauf sind nur noch charttechnische Marken wie das alte Jahreshoch maßgeblich. Wird die Linie überwunden, löst dies automatisch weitere Kaufaufträge aus. Am Ende nährt die Hausse die Hausse. Der DAX könnte also noch mal eine Schippe drauflegen und zum Jahresende sogar über 6000 Punkte liegen. Dafür sprechen auch die nur kurzweiligen Gewinnmitnahmen. Die Beschleunigung der Rallye ist genau das fehlende Bindeglied zur Korrektur im nächsten Börsenjahr. Je mehr Passagiere zwischendrin aussteigen, umso leichter lässt sich der Börsenrenner wieder beschleunigen. Dieses Szenario fehlt noch zur Einleitung einer nachhaltigen Konsolidierung: Die finale Rallye, die völlig überzogene Kursübertreibung, die totale Verausgabung der Bullen. Der Kollaps folgt dann im nächsten Jahr. Auch wenn die Situation in Dubai vom Parkett relativ schnell abgehakt wurde, zeigt der Vorfall doch, welche Gefahren 2010 lauern dürften. Die Staatsverschuldung – und nicht etwa die nur laue Wirtschaftserholung – könnte zum beherrschenden Börsenthema werden. Und die überbordende Liquidität erscheint dann plötzlich nicht mehr als Heilsbringer, sondern als Teufelszeug. Aber alles zu seiner Zeit. Vorerst arbeitet der DAX noch an seinem alten Jahreshoch.
Peter Spermann
Peter Spermann ist Dozent für Wirtschaftslehre und beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit der Börse. In der AZ-Rubrik "Querdenker" vertritt er konsequent den Standpunkt des Antizyklikers. |
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