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- AZ 51/2009
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Management
Stressbewältigung in der Apotheke
Obwohl der menschliche Körper darauf vorbereitet ist, mit belastenden Reizen umzugehen – den Körper sekundenschnell in Alarmbereitschaft zu versetzen und ihn auf Kampf oder Flucht zu programmieren, ist es immer eine Herausforderung! Denn der menschliche Organismus wird auf Höchstleistung getrimmt; alle Körperfunktionen, die nicht unbedingt notwendig sind, um der Bedrohung auszuweichen, werden heruntergefahren – auch die Denkfähigkeit des Gehirns, denn der Verteidigungsmechanismus des Körpers soll nicht durch zu langes Nachdenken beeinträchtigt werden.
Das heißt: Unser Denkvermögen ist gerade dann besonders eingeschränkt, wenn wir es am nötigsten brauchen, nämlich um nach Auswegen und Lösungen zu suchen. Um in Stresssituationen handlungs- und kommunikationsfähig zu bleiben, stehen mehrere Möglichkeiten offen.
Stressresistenz erhöhen
Der Apotheker – und das Folgende gilt natürlich auch für seine Mitarbeiter – sollte zunächst einmal feststellen, zu welchem Stresstyp er gehört und auf die Suche nach seinen persönlichen Stressoren gehen: In welchen Belastungssituationen zeigt er die typischen Folgen des negativen und blockierenden Distress? Wenn er weiß, ob es eher der verbale Angriff des Kunden ist, der das Herz rasen lässt, oder die Störung des Kundengesprächs von außen – etwa der Anruf der Tochter, die Probleme in der Schule hat –, liegen ihm konkrete Anhaltspunkte vor, um sich darauf vorzubereiten. Hinzu kommt: Oft bedarf es nicht einmal einer realen Situation, um eine Stressreaktion hervorzurufen: Der Körper zeigt sie selbst dann, wenn sich der Apotheker diese Situation nur vorstellt. Negative Gedanken, Sorgen und Ängste verursachen die gleichen Stresssymptome wie Einwirkungen von außen.
Also: Der Apotheker geht auf Ursachenforschung: Wenn er seine persönlichen Belastungssituationen und negativen Gedanken, Ängste und Sorgen erkannt hat, kann er sich Gegenstrategien überlegen.
In konkreter Gesprächssituation richtig reagieren
Trotz aller präventiven Maßnahmen: Entscheidend ist die Reaktion des Apothekers in der konkreten Stresssituation selbst. Nehmen wir als Beispiel den Angriff des Kunden: "Was sind Sie nur für ein inkompetenter Apotheker! Bei der Apotheke nebenan ist die Beratung viel besser!" Vermutlich wird so gut wie jeder bei dieser Attacke negative Stressreaktionen zeigen.
Auch wenn es sich nicht so anhört: Mit hoher Wahrscheinlichkeit geht es dem Gesprächspartner nicht darum, einen persönlichen Angriff zu starten. Der Kunde ist nicht der Feind des Apothekers, es geht immer noch um eine pharmazeutische Beratung. Darum sollte der Apotheker selbst bei der heftigsten Attacke das bestehende Problem und die persönliche Beziehung zum Kunden voneinander trennen.
Der Apotheker senkt den Stresspegel, indem er den Kunden zu beruhigen versucht. Am besten, er reagiert gar nicht auf den persönlichen Angriff und tut alles, um das Gespräch zu versachlichen.
In dieser Situation ist es sinnvoll, den Kunden aktiv zur Kritik gegenüber den Äußerungen des Apothekers einzuladen, einen Dialog in Gang zu setzen und ihn zu bitten, eigene Vorschläge zu unterbreiten:
- "Korrigieren Sie mich, wenn etwas falsch ist."
- "Kann ich Ihnen einige Fragen über die mir zugänglichen Fakten stellen?"
- "Eine faire Lösung wäre vielleicht ..."
- "Was geschieht, wenn wir uns einigen? Und was, wenn wir dies nicht schaffen?"
Mit diesen Formulierungen nimmt der Apotheker die Schärfe aus dem Gespräch und gibt dem Kunden Gelegenheit, sich ausführlicher zu äußern. Vielleicht argumentiert er nun sachlicher. Auf jeden Fall gewinnt der Apotheker Zeit, die negative Stressreaktion in den Griff zu bekommen.
Kopfkino starten
Der Apotheker gewinnt die Handlungsfähigkeit in einer Stresssituation zurück, wenn er sich Situationen vor das geistige Auge ruft, in denen es ihm gelungen ist, eine schwierige Herausforderung zu bewältigen. So bannt er die Gefahr, die Folgen einer Bedrohungslage zu übertreiben: "Was passiert, wenn der Kunde jetzt die Apotheke verlässt, negative Mundpropaganda betreibt, ich viele meiner Kunden verliere, für immer und ewig, ich meinen Hauskredit nicht bedienen kann ..." So setzt sich ein Schneeballssystem hemmender Vorstellungen in Gang, das zur Panik wird.
Der Apotheker sollte stattdessen den "Gegen-Film" zum Horror-Szenario abspulen und sich die Situation vorstellen, wie er einen Kunden mit einer bravourösen Beratung überzeugt hat. Dieses positive Ereignis setzt wiederum "einen Schneeball" in Bewegung – nur in die andere Richtung: Der Apotheker agiert, ist der Regisseur des Kundengesprächs. Diese Filme mit erfolgsfördernden Vorstellungen kann er vorbereiten, also vorab "drehen", um sie dann in kritischen Situationen zur Wiedererlangung der Handlungsfähigkeit einzusetzen.
Selbstbild ändern
Wenn der Apotheker seine Kräfte darauf konzentrieren will, zu verhindern, dass eine Versagens- und Stresssituation tatsächlich eintritt, muss er vielleicht sein Selbstbild korrigieren. Ein Beispiel: Wer das Selbstbild verinnerlicht hat, er müsse jede Kundensituation perfektionistisch beherrschen, setzt sich einem immensen Erfolgsdruck aus und erhöht seine Stressanfälligkeit. Gelingt es, dieses Selbstbild durch die Überzeugung zu relativieren, man wolle als Apotheker stets sein Bestes leisten, löst man sich von dem Ideal des allwissenden Problemlösers – und kanalisiert die Angst vor Fehlern und dem Versagen in zielgerichtetes Handeln. Falls die Stresssituation durch den Kunden ausgelöst worden ist, lohnt es sich, dies zu kommunizieren. Der Apotheker artikuliert seine Empfindungen, lässt "Dampf ab", indem er zum Kunden sagt: "Ich empfinde Ihre Aussagen als Angriff." Er thematisiert also die gestörte Kommunikation und spricht mit dem Kunden darüber, wie sie miteinander reden: "Ich möchte mich gern mit Ihnen darüber unterhalten, wie wir miteinander umgehen."
So kann der Apotheker das Gespräch doch noch versachlichen und gemeinsam mit dem Kunden eine Ebene betreten, auf der eine kundenorientierte Beratung möglich ist.
Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater
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