- DAZ.online
- DAZ / AZ
- AZ 9/2009
- Loben mit Begründung
Management
Loben mit Begründung
"Gegen Angriffe kann man sich wehren, gegen Lob ist man machtlos." So Sigmund Freud. Trotz dieser Einsicht ist das lobende Feedback in den meisten Apotheken unterrepräsentiert. Und wenn der Chef einmal lobt, geschieht dies zuweilen unangemessen:
"Das haben Sie super hinbekommen." Dieses Pauschallob ist zwar besser als gar keins. Aber es verbleibt zu sehr im Allgemeinen, um eine motivatorische Wirkung zu entfalten.
"Klasse, Frau Müller, wie es Ihnen gelungen ist, das Rezept einzulösen." Wenn der Apotheker die Mitarbeiterin dafür lobt, dass sie ihren normalen Pflichten nachkommt, fühlt sie sich im schlimmsten Fall verulkt.
Von der Schwierigkeit, "richtig" zu loben
Das heißt: Es genügt nicht, ab und zu einfach mal ein Lob auszusprechen. Die Kunst des Lobens besteht zum einen darin, eine konkrete Begründung mitzuliefern, so dass der Mitarbeiter spürt, dass ein Lob ehrlich gemeint ist, weil es durch Fakten legitimiert wird.
Zum anderen sollte der Mitarbeiter für eine Tätigkeit gelobt werden, die für ihn eine außerordentliche Leistung bedeutet. Wenn die frisch gebackene PTA zum ersten Mal einen Kunden in einem intensiven Beratungsgespräch überzeugen konnte, wird sie sich über das Lob freuen. Bei dem erfahrenen Mitarbeiter, der solche Gespräche schon sehr häufig erfolgreich geführt hat, wirkt das Lob aufgesetzt. Welches das "richtige" Lob ist, ist immer abhängig vom jeweiligen "Empfänger".
Ein weiteres Schlaglicht auf die Kunst des Lobens wirft eine neue Studie, die im März 2008 in den USA veröffentlicht wurde. Aus der Untersuchung – durchgeführt mit Kindern an der Stanford Universität – geht hervor, dass spezifisches Lob eine größere motivatorische Kraft entwickelt als allgemeines Pauschallob. Ein Beispiel: Malt ein Kind ein Bild, sollten Eltern besser sagen "Die Katze hast Du aber schön gemalt" als "Du bist eine tolle Malerin". Solch eine allgemein gehaltene Aussage könne den Kindern sogar die Motivation nehmen, so ein Ergebnis der Untersuchung. Die Begründung: Durch die allgemein gehaltene Anerkennung verinnerlichten die Kinder, dass sie gut malen können, akzeptierten dies als Tatsache und Selbstverständlichkeit. Sie würden diese Fähigkeit dann für eine überdauernde Eigenschaft halten, so die Autoren der Studie. Die Motivation, sich zu verbessern, entfalle mithin. Was bedeutet dies alles für die Mitarbeiterführung des Apothekers?
Regel 1: Für positive Bestätigung sorgen
Viele Apotheker tun sich mit dem Motivationsverstärker "Lob und Anerkennung" schwer. Oft scheint es so, als würden sie es als Selbstverständlichkeit ansehen, wenn ihre Mitarbeiter gute Leistungen erbringen. Sie sollten sich selbstkritisch fragen, ob es nicht auch sie freut, wenn sie gelobt werden – etwa im Hobbybereich: Wenn der Golftrainer den Apotheker über den grünen Klee lobt, weil er seinen Abschlag verbessern konnte, wird dieser gewiss motiviert, weiter engagiert an seinem Handicap zu arbeiten.
Darum: Wenn der Mitarbeiter eine zufriedenstellende Arbeit abgeschlossen hat, zeigt der Apotheker ihm deutlich und wahrnehmbar, dass er seine Leistung bemerkt hat. Dabei gilt: Bereits das Ausbleiben der erwarteten positiven Reaktion wird vom Anderen als Kritik wahrgenommen. Wenn der Mitarbeiter also etwas Außergewöhnliches geleistet hat, erwartet er Anerkennung. Bleibt sie aus, wird er nicht nur enttäuscht sein und zur Tagesordnung übergehen, nein – der Apotheker treibt den Mitarbeiter in die Demotivationsfalle.
Regel 2: Spezifisches Lob ist wertvoll
Die US-Studie lässt den Rückschluss zu: Anerkennt der Apotheker die Leistung eines Mitarbeiters mit einem spezifischen Lob, trägt er zur Motivation bei, und der Mitarbeiter wird robuster selbst bei der Konfrontation mit harscherer Kritik. Denn er sieht darin einen Ansporn, sich zu verbessern.
Der Apotheker sollte mithin immer überlegen, wie er sein Lob möglichst spezifisch zum Ausdruck bringen kann. Ein Lob, das so schnell kein Mitarbeiter mehr vergisst, entsteht, wenn er die W-Frage stellt: "Sagen Sie mal, lieber Herr Schmitt, wie haben Sie das denn nur geschafft, den nörgelnden Kunden, der sich gerade so heftig beschwert hat, doch noch zu beruhigen? Erzählen Sie mal ausführlich."
Angenehmer Nebeneffekt: Durch sein großes Interesse an der Leistung des Mitarbeiters erhält der Apotheker neue Ideen, von denen auch die Kollegen unterrichtet werden sollten. Im Idealfall profitiert das gesamte Apothekenteam von der Leistung des Kollegen.
Wichtig ist: Der Apotheker sollte die Lob-Dosierung auf die individuelle Situation und die Persönlichkeit des einzelnen Mitarbeiters abstimmen.
Regel 3: Lobformulierungen überlegen
Ein spontanes Lob wird in der Regel vom Mitarbeiter als solches erkannt – und damit als ehrliche Anerkennung identifiziert. In anderen Situationen ist es hingegen hilfreich, wenn sich der Apotheker für bestimmte Lobsituationen Formulierungen überlegt. Vielleicht fällt es ihm leichter zu loben, wenn er davon einige parat hat:
"Ich bin wirklich stolz auf Sie, weil es Ihnen gelungen ist …"
"Ich habe mit Freude beobachtet, dass Sie …"
Regel 4: Mit dem Lob Zweifel vertreiben
Die Relativität des Lobens ist angesprochen worden. Pauschallob hat seine Nachteile – wie die US-Studie belegt. Aber: Es gibt Situationen, in denen selbst das Pauschallob gerechtfertigt ist – dazu ein Beispiel:
Der Mitarbeiter übernimmt eine neue Aufgabe, er soll am Aufbau eines Qualitätsmanagementsystems in der Apotheke mitwirken. Er muss sich also erst einmal in die Aufgabe einarbeiten. Wenn er nun überhaupt nicht gelobt wird, kann er dies als Tadel auffassen. Denn ihm fehlt noch der Rahmen, in den er seine neue Tätigkeit einpassen und somit auch beurteilen kann.
Das ausbleibende Lob wird ihn überdies verunsichern, weil er kein Feedback bei der Erledigung der neuen Aufgabe erhält, er die eigene Leistung also wiederum nicht einordnen kann. Das Pauschallob ist geeignet, diese (Selbst)Zweifel gar nicht erst aufkommen zu lassen.
Regel 5: Sich selbst auf die Schulter klopfen
Wem es schwer fällt, andere Menschen zu loben, sollte damit bei sich selbst anfangen. Der Apotheker wird dann merken, wie viele anerkennenswerte Situationen er jeden Tag bewältigt. Und warum sollte es sich bei den Mitarbeitern anders verhalten?
Fazit: Wer angemessen, konkret und ohne Übertreibung Leistungen anerkennt, die über das Gewöhnliche hinausgehen, leistet einen wertvollen Beitrag zur Motivation der Mitarbeiter.
Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.