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Interpharm 2009
Schwanitz: Nein zum Fremdbesitz, Ja zu Versand und Pick-up
Zunächst dankte Schwanitz den Apothekern ausdrücklich, dass die Auseinandersetzungen zwischen ihrer Standesvertretung und dem BMG in der Vergangenheit zwar "inhaltlich hart" abgelaufen, aber nie zulasten der Patienten gegangen seien. Ganz anderes müsse man derzeit bei der Ärzteschaft erleben. Zudem legte er ein klares Bekenntnis zum Fremdbesitzverbot ab. Zwar sei es eine "richtige Entscheidung" gewesen, 2004 den Mehrbesitz in beschränkter Form zuzulassen. Damit sei eine "Öffnung mit klarer Abgrenzung" gelungen, ohne auf das Mehrbesitzverbot zu verzichten. Die nunmehr bestehenden rund 1800 Apothekenfilialen zeigten auch, dass es durchaus einen Bedarf für diese Lockerung gegeben habe. "Dabei sollte es aber auch bleiben", so Schwanitz.
Politisches Bekenntnis zum Fremd- und Mehrbesitzverbot
Im laufenden Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen Deutschland wegen des Mehrbesitzverbotes habe die Bundesregierung ihre Position ebenfalls klar dargelegt. Trotz harter Auseinandersetzungen zeigte sich Schwanitz hinsichtlich des Verfahrensausgangs vor dem EuGH optimistisch. Das Gleiche gilt für das Fremdbesitzverbot, über das in wenigen Monaten der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheiden wird: "Wir haben keine Absicht etwas zu ändern, wenn uns der EuGH nicht dazu zwingt", betonte Schwanitz. Es gebe auch keine Anzeichen, die ihn jetzt alarmieren würden – im Gegenteil, durch die Schlussanträge des Generalanwaltes Yves Bot sieht man sich auch im BMG gestärkt und bestätigt. Sollte es wider Erwarten dennoch anders kommen, müsse man sich dann überlegen, was gesetzgeberisch in die Wege geleitet werden müsse. Aber aus Sicht des Staatssekretärs wäre es "völlig falsch, bereits jetzt Planspiele zu machen, für etwas, das vermutlich gar nicht kommt".
Der Versandhandel ist "ausgeurteilt"
Eine Wiedereinführung des Versandhandelsverbotes für rezeptpflichtige Arzneimittel lehnt Schwanitz dagegen rundweg ab. Er betonte, dass die Politik den Versandhandel im Jahr 2003 keinesfalls aus einer "Notlage" oder im "vorauseilenden Gehorsam" gegenüber dem EuGH beschlossen habe. Vielmehr habe man die wachsende Anzahl älterer und chronisch kranker Menschen gesehen, die nur noch "begrenzt durch öffentliche Apotheken versorgt werden können". Der Einwand, es habe auch vor Zulassung des Versandhandels einen Botendienst und Home-Service der Apotheken gegeben – weitaus schneller und bequemer als Versandapotheken es heute leisten könnten – ließ den Staatssekretär unberührt. Die Apotheker sollten zur Kenntnis nehmen, dass der Versandhandel eingeführt und "ausgeurteilt" ist. Es sei ein "strategischer Fehler, nun noch alte Schlachten zu schlagen". Auch sei es eine "völlige politische Fehleinschätzung", zu glauben, dass es in der Regierungskoalition eine Mehrheit für das Verbot gebe. Die Bemühungen der Länder, im Rahmen der anstehenden Novelle des Arzneimittelgesetzes ("15. AMG-Novelle") eine "Rückführung des Versandhandels auf das europarechtlich gebotene Maß" herbeizuführen, hält Schwanitz ebenfalls für aussichtslos. Das Gesetzesvorhaben sei nicht zustimmungspflichtig. Mit dem Bundesjustizministerium, das hierzu eine andere Meinung geäußert hatte, habe man bereits gesprochen und werde nun "sorgsam darauf achten", dass die Novelle zustimmungsfrei bleibe.
Gesprächsbereitschaft bei Pick-ups
Schwanitz räumte ein, dass die Politik bei der Zulassung des Versandes das Problem von Pick-up-Stellen für Arzneimittel nicht erahnt hatte. Diese Abgabeart sei nun aber vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt worden. In seinem Urteil habe es sich mit der Arzneimittelsicherheit auseinandergesetzt und erklärt, dass der Gesetzgeber Qualitätsgesichtspunkte präzisieren könne. Anfang des Jahres habe das BMG mit der Rückendeckung der Regierungsfraktionen der ABDA das Angebot gemacht, über Qualitätsanforderungen für Arzneimittel-Abholstellen zu verhandeln – bislang ergebnislos. Entweder man schaffe es nun noch, eine entsprechende Regelung zu finden und in die 15. AMG-Novelle einfließen zu lassen, oder es bleibe wie es ist, so Schwanitz. Allerdings zeigten sich die Apotheker derzeit "nicht sehr beweglich" – dies sei nicht zuletzt der bevorstehenden Bundestagswahl zuzuschreiben. Und so erwarte er "zu 90 Prozent", dass es im laufenden Gesetzgebungsverfahren zu keiner Verständigung kommen wird. Der Einwand seiner Mitdiskutanten, Pick-up-Stellen würden Arzneimittel trivialisieren und in den Augen der Verbraucher als eine Art "Apotheke light" erscheinen lassen, wies er als "Kampfrhetorik" zurück. Auch um eine Rezeptsammelstelle im Sinne der Apothekenbetriebsordnung handelt es sich bei den Abholstellen seines Erachtens nicht – seine Gründe für diese rechtliche Einschätzung ließ Schwanitz in Hamburg freilich offen.
ApBetrO: Behutsame Weiterentwicklung
Die derzeit vor den Gerichten verhandelte Frage, ob die Arzneimittelpreisverordnung für ausländische Versandapotheken gilt, ist laut Schwanitz "derzeit kein Thema" für das BMG. Was sich der Gesetzgeber bei der Entstehung des Gesetzes hierzu dachte, vermochte er nicht zu beantworten – Schwanitz hatte damals noch eine Position im Kanzleramt. Aus heutiger Sicht handelt es sich für ihn aber nur für ein "untergeordnetes Problem", da es schließlich nur wenige für den deutschen Markt relevante EU-ausländische Versandapotheken gebe – eine Feststellung, die im Auditorium Unruhe hervorrief. Die bereits seit zweieinhalb Jahren angedachte Novelle der Apothekenbetriebsordnung wird dem Staatssekretär zufolge weiterhin auf sich warten lassen. Eine "behutsame Weiterentwicklung" werde man aber – "wenn es geht" – noch 2009 starten. Dabei werde man voraussichtlich neue Regelungen zur Verblisterung, zur Beratungstätigkeit und möglicherweise auch zum Versandhandel bzw. zu Pick-ups erlassen. Weiteren Regelungen könne er jedoch "inhaltlich nicht vorgreifen", so Schwanitz.
Apothekenhonorar steht nicht zur Diskussion
Befürchtungen, das BMG könne das Grundhonorar der Apotheker angehen, wenn sich Krankenkassen und Apotheker auf eine Absenkung des Kassenrabattes einigen bzw. wenn ein entsprechender Schiedsspruch fällt, wies der Staatssekretär zurück. "Das ist nicht in der Planung", erklärte er – selbst wenn die dem Ministerium vorliegenden Daten dies "nicht als angemessen erscheinen lassen". Die Entscheidung über die Höhe des Kassenrabattes habe man bewusst den Beteiligten überlassen. Schwanitz erklärte, dass Apotheken noch immer ein Wachstum beschert sei – und das trotz rückläufiger Bevölkerungszahl. Die demografische Entwicklung werde auch in Zukunft dafür sorgen, dass die Apotheke noch stärker als bisher Anlaufstelle für Personen sein wird, die Aufklärung und Beratung brauchen und suchen.
ks
DAZ 14/2009, S. 52
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