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Arzneimittel und Therapie
Neue Optionen für die Prävention
Impfstrategien zielen im Idealfall auf die Ausrottung einer Infektionskrankheit. Dies ist bei den Pocken gelungen und wird für Polio angestrebt. Für die Masern wird die Ausrottung in Europa bis 2012 anvisiert. Doch können nur rein humane Erkrankungen ohne tierisches Reservoire ausgerottet werden. Dies ist einer der Gründe für die vielen Probleme bei der Bekämpfung der Influenza, die insbesondere auch bei Schweinen und Vögeln vorkommt.
Influenza – die Pandemie droht weiterhin
Die Problematik des jüngsten Ausbruchs der sogenannten Schweinegrippe wird durch einen Vergleich mit der Spanischen Grippe von 1918 deutlich. Damals gab es eine erste Erkrankungswelle im Sommer, die große Erkrankungswelle mit Millionen Toten folgte jedoch erst im November und Dezember. Die letzte Welle im Frühjahr 1919 fiel schwächer aus, weil die Überlebenden immun geworden waren. Falls der derzeit neue Erreger sich in ähnlicher Weise verbreiten sollte, besteht nun aber die Hoffnung, rechtzeitig bis zum Herbst Impfstoffe zu produzieren. Um eine schnelle Produktion zu ermöglichen, wird voraussichtlich die neue Anlage für Zellkulturimpfstoffe in Marburg benutzt, bei der keine Hühnereier benötigt werden.
Unabhängig von dieser aktuellen Entwicklung wird an weiteren Verbesserungen für Influenzaimpfstoffe gearbeitet, beispielsweise mit Adjuvantien. Ein nasaler Lebendimpfstoff in den USA bietet eine gute Immunantwort, wurde aber in der Schweiz wegen Facialisparesen wieder vom Markt genommen. Bereits für den Herbst wird ein intradermaler Impfstoff für Personen ab 60 Jahren erwartet, der eine bessere Immunantwort bei diesem besonders gefährdeten Personenkreis verspricht, bei dem die herkömmliche Impfung nur begrenzten Erfolg zeigt.
Rotaviren – nicht nur in Entwicklungsländern
Bereits verfügbar sind Impfstoffe gegen Rotaviren, sie sind jedoch nur für Kinder bis zu sechs Monaten zugelassen. In Entwicklungsländern führen Durchfälle durch Rotaviren bei Säuglingen und Kleinkindern jährlich zu etwa 500.000 Todesfällen. Obwohl solche Durchfälle in entwickelten Gesundheitssystemen nicht tödlich enden, haben sich verschiedene Fachgesellschaften für diese Impfung ausgesprochen. Sie wird jedoch nicht offiziell empfohlen und damit auch nicht von der GKV finanziert.
Pertussis – auch bei Erwachsenen relevant
Die Indikation für eine Pertussis-Impfung wird sehr breit gestellt. Die Impfung wird für alle Personen mit Kontakt zu Kindern, also auch für Großeltern und Babysitter, empfohlen und von der GKV finanziert. Ein Impfstoff ist jedoch nur in der Kombination mit der Diphtherie- und Tetanus-Impfung verfügbar.
Varizellen – Impfen gegen den erneuten Ausbruch
Während die Varizellen-Impfung bei Kindern etabliert ist, bahnt sich eine Neuigkeit für Erwachsene an. Nahezu alle Erwachsenen, die als Kinder noch nicht gegen Varizellen geimpft wurden, haben eine Infektion durchgemacht und tragen das Virus in sich. Bei nachlassender Immunität droht ihnen in höherem Lebensalter ein Zosterausbruch in Form einer Gürtelrose. Auch dagegen ist eine Impfung möglich, die nicht mehr die Infektion, aber den späteren erneuten Ausbruch verhindern kann. Die Wahrscheinlichkeit für den Ausbruch wird zwar nur um etwa 50% vermindert, aber die verbleibenden Ausbrüche verlaufen weitaus milder. Damit sinkt das Risiko einer lange persistierenden schmerzhaften postzosterischen Neuralgie wesentlich. Die Impfung ist in den USA bereits etabliert und hat eine Zulassung durch die EMEA für Personen über 50 Jahre. Sie wird voraussichtlich 2010 in Deutschland eingeführt.
Quelle
Prof. Dr. Thomas Weinke, Potsdam: Impfempfehlungen – was gibt es Neues? Niedersächsischer Apothekertag, 9. Mai, Gifhorn.
Apotheker Dr. Thomas Müller-Bohn
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