Aus Kammern und Verbänden

50 Jahre klein, aber fein

Zur Feier ihres 50-jährigen Bestehens veranstaltete die Apothekerkammer Bremen am 2. Juni einen Festakt im historischen Rathaus der Freien Hansestadt. Das Gesetz über die Berufsvertretung und Berufsgerichtsbarkeit der Heilberufe in Bremen war am 9. Juni 1959 in Kraft getreten und ermöglichte die Gründung der Apothekerkammer als Körperschaft öffentlichen Rechts. Vor dem Hintergrund des jüngsten Urteils des Europäischen Gerichtshofs zum Apothekenfremdbesitzverbot würdigten die Festgäste die große Bedeutung der Freiberuflichkeit für das Gemeinwohl auch in der heutigen Zeit.

Auch der Ort der Veranstaltung war im Hinblick auf seine Bedeutung für Bürgersinn und Gemeinwesen ausgewählt worden. Der Festakt fand in der Oberen Ratshalle des über 600 Jahre alten Bremer Rathauses statt, das zum Unesco-Weltkulturerbe zählt. Diese Halle gilt als "Heiligtum Bremischen Bürgersinns … Hier prägt sich bremische Geschichte", erklärte Dr. Richard Klämbt, der seit 26 Jahren Präsident der Apothekerkammer Bremen ist. Er würdigte die stets gute partnerschaftliche Zusammenarbeit mit diversen bremischen Organisationen und dankte den anwesenden Repräsentanten von anderen Heilberufekammern, Krankenkassen, Schulen und weiteren Institutionen.

Klämbt betonte die große Bedeutung der Apotheken für den Verbraucherschutz. Dagegen könnten im unkontrollierten Internethandel Arzneimittelfälschungen oder rezeptpflichtige Präparate ohne Rezept in Verkehr gebracht werden. Da in diesem Zusammenhang der Kontakt mit dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sehr wichtig ist, war eine Laudatio von Staatssekretärin Ursula Heinen aus diesem Ministerium zur "Arzneimittelversorgung aus Sicht des Verbraucherschutzes" geplant, die jedoch wegen eines kurzfristigen Terminproblems der Staatssekretärin entfallen musste.

Verantwortung für das Gemeinwohl

Ingelore Rosenkötter, Senatorin für Arbeit, Frauen, Jugend, Gesundheit und Soziales der Freien Hansestadt Bremen, würdigte das offene und faire Miteinander in der Arbeit mit der Apothekerkammer und wies auf die Bedeutung des Bremer Rathauses als offenes Haus und traditioneller Ort der Begegnung hin. Der Ort lege Zeugnis ab für die Entwicklung der Marktrechte und der bürgerlichen Autonomie. Zugleich hob sie die besondere Verantwortung der Heilberufler für das Wohlergehen der Patienten und für die Allgemeinheit hervor. Das jüngste Urteil des Europäischen Gerichtshofes habe die Erfahrung und Verantwortung des selbstständigen Apothekers betont.

Prävention als Gemeinschaftsaufgabe

"Die Apothekerkammer Bremen ist klein und fein, aber nicht unbedeutend", erklärte Dr. Ulrich Krötsch, Präsident der Bundesapothekerkammer. Er würdigte die Vorreiterrolle der Bremer bei Rezepturringversuchen und die kritische und konstruktive Rolle des Kammerpräsidenten Klämbt, besonders im Haushaltsausschuss der ABDA. Die Bremer Apotheker seien auf dem richtigen Weg, wenn sie als Gesundheitsberater noch mehr auf die Patienten zugehen wollen, wie es auf der Homepage der Kammer heißt. Dazu bestehe ein Konsens mit der Bundesärztekammer und ihrem Präsidenten Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe. Es gebe einen Katalog mit Präventionsleistungen der Apotheker, über den sich die Apotheker mit Hoppe einig seien. Krötsch machte den Widerspruch zur rüden Ablehnung der apothekerlichen Prävention durch den Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Dr. Andreas Köhler beim jüngsten Wirtschaftsforum des Deutschen Apothekerverbandes deutlich und betonte die Bedeutung der Prävention als Gemeinschaftsaufgabe aller akademischen und nicht akademischen Heilberufler. Als Berufsgruppe mit den meisten Patientenkontakten spielen gerade die Apotheker dabei eine wichtige Rolle.

Blick in die Geschichte

In dem Festvortrag erinnerte Dr. Gerald Schröder, Bremen, Ehrenmitglied und früherer Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie, an die Vorgeschichte und Geschichte der Bremer Apothekerkammer. Bereits in den 1840er Jahren gab es in Bremen eine Handelskammer, der auch die Apotheker beitreten mussten. In den 1890er Jahren entstanden eigene Organisationen der Bremer Apotheker. Die Vereinigung der Apothekeninhaber kümmerte sich jedoch insbesondere um gesellschaftliche Kontakte und um die Preisbildung für nicht preisgebundene Handverkaufsartikel. Als Vorbild für die Kammern im deutschsprachigen Raum betrachtet Schröder die öffentlich-rechtlichen Handelskammern, die unter Napoleon in den von Frankreich besetzten Gebieten gegründet wurden. Die etwa hundert Jahre später aufgrund einer preußischen Verordnung von 1909 gegründeten Apothekerkammern waren noch keine öffentlich-rechtlichen Körperschaften. Insgesamt sei die zunehmende Gründung von Kammern für immer mehr Berufe ein "staatlich gestifteter Pluralismus" gewesen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen Bremen und Bremerhaven aufgrund ihrer strategischen Bedeutung als Hafenstädte zur amerikanischen Besatzungszone und bildeten Enklaven im sonst britisch besetzten Nordwestdeutschland – und dies hatte erhebliche Folgen. Denn die Briten bestätigten viele frühere deutsche Organisationen und ließen auch Kammern wieder zu, "aber die Amerikaner waren sendungsbewusst", so Schröder. Sie wollten ein Wirtschaftssystem mit liberalen Prinzipien aufbauen und keine Vorrechte für in Kammern organisierte Berufe gewähren. Daher gab es in Bremen eine Apothekerorganisation, die zwar als Apothekerkammer bezeichnet wurde, aber ein Verein mit freiwilliger Mitgliedschaft war. Die Amerikaner wollten Gewerbefreiheit und führten in ihrer Zone die Niederlassungsfreiheit für Apotheken ein, sodass neben den bestehenden konzessionierten Apotheken neue Lizenzapotheken entstanden. Diese Freiheit wurde erst im Januar 1953 durch eine einheitliche Neuregelung der jungen Bundesrepublik beendet. Nach dem Apothekenurteil des Bundesverfassungsgerichtes von 1958 wurde die Niederlassungsfreiheit wieder eingeführt, jedoch in Verbindung mit dem Fremd- und Mehrbesitzverbot. Erst 1959 fand sich in Bremen eine Senatsmehrheit für die Gründung öffentlich-rechtlicher Kammern der Heilberufler.

Schröder, der die gesamte Geschichte der Apothekerkammer Bremen aus eigenem Erleben überblickt, stellte wichtige Stationen des halben Jahrhunderts dar und reicherte dies mit persönlichen Kommentaren an. Er erinnerte an die Umwandlung der Abrechnungsstelle Bremischer Apotheker in das Norddeutsche Apothekenrechenzentrum, die Diskussionen über die Einführung von Versorgungswerken, den Kauf eines Gebäudes für Kammer und Verband und an die rechtlichen Auseinandersetzungen um die Werbung der Apotheken. Mit Blick auf die Zukunft hob er hervor, es sei wichtig, nicht gegeneinander zu arbeiten und sich als freier Beruf dem Gemeinwohl zu verpflichten. Der Apotheker als freier Beruf dürfe nicht auf die wirtschaftliche Tätigkeit reduziert werden, dazu sei eine glaubwürdige Selbstverpflichtung nötig. Die "Aldisierung" führe gesellschaftlich nicht weiter, wie aktuell auch das Beispiel der Milchbauern zeige.

tmb

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.