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Alles sicher – oder was?

Das Bundesgesundheitsministerium steht hinter seiner Entscheidung – und wird auch nie müde, sie hervorzuheben: Wir wollen in Deutschland den Arzneimittel-Versandhandel. Seit Januar 2004 ist es möglich, Arzneimittel über Versandapotheken im Versandhandel zu vermarkten und zu erhalten. Die Bürger wollen das, heißt es von Vertretern des Gesundheitsministeriums, außerdem sei es bequem und praktisch, seine Arzneimittel per Internet zu bestellen und durch ein Logistikunternehmen einige Tage später (!) ins Haus geschickt zu bekommen und es fördere den Wettbewerb. Alle vernünftigen Einwände dagegen, dass es umständlich sei, dass es zu lange dauere, ganz zu schweigen von der Unsicherheit, die solche Bestellungen für den Verbraucher bergen, stoßen im Ministerium auf taube Ohren. Auch eine Einschränkung des Arzneiversands auf rezeptfreie Arzneimittel ist für unsere Regierung nicht akzeptabel. Selbst das schlagkräftigste Argument, dass heute nahezu jede bundesdeutsche Apotheke Arzneimittel per Boten auch nach Hause liefert, prallt an den Ministerialen ab. Man will in Deutschland den Arzneimittelversandhandel und damit basta.

Dieses sture Verhalten der Bundesregierung brachte uns das Desaster der Pick-up-Stellen, die Arzneimittelausgabestellen an Tankstellen und neuerdings sogar in Textilreinigungen. Unglaublich, mit welcher Nonchalance man in einem hochentwickelten und zivilisierten Land wie Deutschland darüber hinweg geht, dass Arzneimittel nicht unmittelbar über eine Apotheke an den Patienten gelangen.

Ein ganz so reines Gewissen scheint man allerdings doch nicht zu haben. Man sieht, die Sache mit dem Versandhandel ist doch nicht so einfach in den Griff zu bekommen: Das Internet und die Versandapotheken im Internet machen an der Landesgrenze nicht halt. Wie leicht gelangt ein Verbraucher auf die Seite einer ausländischen Versandapotheke oder von Internetapotheken, die das Wort "Apotheke" eigentlich gar nicht in ihrem Namen führen dürften, da es kriminelle Vertriebsorganisationen von gefälschten Arzneimitteln sind. Die Bundesregierung erstellte daher 2005 eine Länderliste, die "dem Verbraucher als Orientierung beim Bezug von Arzneimitteln aus EWR-Vertragsstaaten und somit dem Schutz deutscher Verbraucher" dienen soll. Bisher standen auf dieser Liste die Länder Niederlande und Großbritannien, die im Apothekenbereich vergleichbare Sicherheitsstandards wie Deutschland haben sollen. Vor Kurzem ist diese Liste um die Länder Island und Tschechien erweitert worden. Wobei für Tschechien nur der Versandhandel mit nicht-verschreibungspflichtigen Arzneimitteln erlaubt ist. Alle Apotheken in diesen Ländern sollen also die gleichen Standards erfüllen wie deutsche Apotheken und kompetente Beratung in deutscher Sprache gewährleisten. Wir fragten beim Bundesgesundheitsministerium nach, wie ein Land überhaupt in diese Liste kommt. Die lapidare Antwort: "Das BMG erstellt nach § 73 AMG regelmäßig eine Übersicht über die EU- und EWR-Staaten, die zum Versandhandel mit Arzneimitteln vergleichbare Sicherheitsstandards unterhalten." Eine dürftige Antwort, wir fragten weiter: Laut Bekanntmachungstext stellt das BMG auf der Grundlage einer europäischen Erhebung fest, dass in den entsprechenden Staaten Vergleichbarkeit der Apothekensysteme besteht. Wir wollten wissen, um welche Erhebung es sich dabei handelt und wie sie durchgeführt wurde. Die karge Antwort: "Der Erhebung liegt die Überprüfung der rechtlichen Situation in 29 EU- und EWR-Mitgliedstaaten zugrunde." Und wie wurden die dem deutschen Recht vergleichbaren Sicherheitsstandards der ausländischen Apotheken festgestellt? Das BMG: "Anhand der jeweiligen dazu aufgestellten nationalen Regelungen." Und warum darf Tschechien nur OTC-Arzneimittel versenden? "Weil Tschechien selbst nur den Versandhandel mit nicht-verschreibungspflichtigen Arzneimitteln erlaubt", so die bemerkenswerte BMG-Antwort. Da ist Tschechien besser dran als wir, möchte man hinzufügen.

Man kann also festhalten: Die Überprüfung und Entscheidung, Island und Tschechien in die Länderliste aufzunehmen, fiel vermutlich nur aufgrund von Literatur (Lesen der nationalen Regelungen dieser Länder), vielleicht ein bisschen Internetrecherche. Da hat sich kein Beamter des BMG vor Ort (wären doch nette Dienstreisen gewesen) davon überzeugt, ob diese Apotheken in Island und Tschechien tatsächlich mit den Sicherheitsstandards deutscher Apotheken vergleichbar sind und deutschsprachigen Service bieten. Was ist so eine Länderliste wert?

Ein weiteres Internetversand-Thema: Für deutsche Apotheken vergibt das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information ein Online-Sicherheitslogo für Versandapotheken. Dieses Logo erhalten auf Antrag nur in Deutschland registrierte Versandapotheken. In einem DAZ-Beitrag hat Professor Schweim unlängst ausgeführt, dass dieses DIMDI-Siegel nicht überzeugt. Er konnte zeigen, wie leicht es ist, dieses Logo unter Einsatz herkömmlicher Software illegal zu nutzen. Das DIMDI versuchte, einige Aussagen des Beitrags zu entkräften, was nach meiner Auffassung nicht gelang. So erklärte das DIMDI selbst: "Eine 100-prozentige Fälschungssicherheit gibt es leider nicht." Dem ist nichts hinzuzufügen. Außer: Professor Schweim hat auch Zweifel an der Rechtskonformität des Sicherheitslogos (siehe seinen Beitrag "Internet-Apotheke: Das DIMDI-Siegel").

Internethandel – nichts ist sicher!


Peter Ditzel

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