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Arzneimittel und Therapie
Antihypertensiva bei Dialysepatienten einsetzen
Weltweit sind viele hunderttausende Menschen Dialyseabhängig, in Deutschland sind es inzwischen mehr als 60.000 – Tendenz steigend. Diese Patienten haben ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko im Vergleich zur übrigen Bevölkerung. Jährlich sterben etwa 10 bis 20% der Dialysepatienten, knapp die Hälfte dieser Todesfälle (45%) geht auf kardiovaskuläre Ursachen zurück. Der Blutdruck ist bei Dialysepatienten meist erhöht.
Trotz dieser Tatsachen ist der Nutzen einer antihypertensiven Therapie in dieser speziellen Patientengruppe einer gewissen Unsicherheit unterworfen. Hauptsächlich weil in großen klinischen Studien mit Antihypertensiva Dialysepatienten ausgeschlossen wurden. In kleineren Studien mit Dialysepatienten hatten sich widersprüchliche Ergebnisse gezeigt. Nun wurden in einer Metaanalyse die Daten aller randomisierten kontrollierten Studien zusammengefasst, in denen Dialysepatienten mit Antihypertensiva behandelt wurden und das kardiovaskuläre Risiko erhoben wurde.
Blutdrucksenkung reduziert Risiken
In acht Studien mit insgesamt 1679 Dialysepatienten wurden 495 kardiovaskuläre Ereignisse dokumentiert. Die antihypertensive Therapie war mit einem signifikant geringeren kardiovaskulären Risiko assoziiert (Risiko-Reduktion 0,71, p = 0,009). Auch kardiovaskulär bedingte Todesfälle und sogar die Gesamtsterblichkeit konnten durch die Hochdrucktherapie signifikant reduziert werden.
Um Unterschiede zwischen den einzelnen Antihypertensiva-Klassen zu zeigen, reichte die statistische Power der Studie nicht aus. ACE-Hemmer, Betablocker und Calciumantagonisten können aber prinzipiell alle bei Dialysepatienten eingesetzt werden. Eher als zweite Wahl gelten Alphablocker und zentral angreifende Antihypertensiva.
Werden die Ergebnisse die gängige Praxis verändern?
Die Autoren der Studie resümieren, dass bei einer jährlichen Sterberate der Dialysepatienten von 10% eine breit angewendete blutdrucksenkende Therapie bei Dialysepatienten jährlich zwei von zehn der zu erwartenden Todesfälle vermeiden könnte. Dieser hohe absolute Nutzen sei weit größer als der, der für viele andere routinemäßig eingesetzte Maßnahmen angegeben wird.
In einem begleitenden Kommentar werden die Ergebnisse wesentlich zurückhaltender interpretiert. Denn der Kommentator selbst und nach seiner Meinung auch viele Nephrologen werden zwar begrüßen, dass sich diese Studie mit dem häufig ausgeschlossenen Patientenklientel der Dialysepatienten befasst, aber sie sehen die bestehenden Zweifel an der Sicherheit und am Nutzen einer antihypertensiven Therapie nicht ganz ausräumt. Ein Argument der Gegner der antihypertensiven Therapie bei Dialysepatienten ist das erhöhte Risiko einer Hypotension während der Dialysesitzung, das mit einer erhöhten Sterblichkeit in Verbindung steht. Auch merken Kritiker an, dass ein erhöhter Blutdruck bei Dialysepatienten häufig durch ein chronisch erhöhtes Volumen bedingt sei und zunächst durch salzarme Kost und restriktive Flüssigkeitszufuhr eine Normovolämie angestrebt werden muss. Würde dies konsequent durchgeführt, gebe es weit weniger hohen Blutdruck bei Dialysepatienten.
Quelle
Heerspink HJL, et al.: Effect of blood pressure on cardiovascular events and mortality in patients on dialysis: a systematic review and meta-analysis of randomised controlled trials. Lancet 2009; 373: 1009-1015.
Tomson CRV.: Blood pressure and outcome in patients on dialysis. Lancet 2009; 373: 981-982.
Apothekerin Bettina Christine Martini
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