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Politik muss sich Problemen im Gesundheitswesen stellen
"Es darf keine weitere Reform im Gesundheitswesen, keine neue Gesetzgebung mehr geben, die sich nicht an der demografischen Entwicklung orientiert", betonte Beske, Leiter des Kieler Instituts für Gesundheits-System-Forschung (IGSF), bei der Vorstellung der jüngsten Studie seines Instituts am 25. August in Berlin. Unter dem Titel "Morbiditätsprognose 2050" finden sich hierin Hochrechnungen zur künftigen Morbidität für 22 Krankheiten in Deutschland, Brandenburg und Schleswig-Holstein. Sie geben einen Hinweis darauf, welcher finanzielle und personelle Bedarf zur Versorgung der Patienten in gut 40 Jahren nötig sein wird.
Wo sonst allgemein von den zu erwartenden Folgen des demografischen Wandels und des medizinischen Fortschritts gesprochen wird, legt der Kieler Forscher konkrete Daten und Zahlen vor. Und die zeichnen kein rosiges Bild: "Die Ergebnisse der sehr zuverlässigen Hochrechnungen können in ihren Auswirkungen auf den Versorgungsbedarf sowohl hinsichtlich der finanziellen Mittel als auch im Hinblick auf das erforderliche Arbeitskräftepotenzial bei ständiger Abnahme der im Erwerbsleben stehenden Altersgruppe als dramatisch bezeichnet werden", betonte Beske.
So wird die Bevölkerung in Deutschland bis 2050 von 82,2 Millionen (2007) auf 68,8 Millionen zurückgehen. Doch darunter werden immer mehr ältere und immer weniger erwerbsfähige Menschen sein. Bereits 2020, also in gut zehn Jahren, erreichen die geburtenstarken Jahrgänge der 60er Jahre die Altersgruppe der Alten. Damit werden auch viele Krankheiten an Häufigkeit zunehmen, während gleichzeitig die personellen Ressourcen zur Versorgung der Patienten schwinden. So rechnen Beske und seine Co-Autoren etwa damit, dass die Zahl der an Diabetes mellitus Erkrankten bis 2050 um gut ein Fünftel zunehmen wird, die der Patienten, die an altersbedingter Makuladegeneration leiden – 2007 waren dies rund 710.000 – wird bis dahin auf 1,6 Millionen, d. h. um 125 Prozent steigen. Die Zahl der Herzinfarkte wird sich der Studie zufolge von derzeit rund 313.000 jährlich auf knapp 550.000 Fälle im Jahr 2050 erhöhen. "Die Auswirkungen werden für das Gesundheitswesen gravierend sein. Die Planung für eine gesicherte Gesundheitsversorgung der heute 55-Jährigen muss jetzt beginnen. Lösungen sind nicht kurzfristig aus dem Boden zu stampfen", so Beskes Appell an die Politik.
Der Blick auf die ausgewählten Bundesländer zeigt zudem, dass die medizinische Versorgung vor allem in dünn besiedelten Gebieten problematisch werden wird. In den neuen Bundesländern ist schon jetzt zu beobachten, was etwa 2030 auch auf die alten Bundesländer zukommen wird: Die Bevölkerungszahl sinkt dramatisch, zurück bleiben Kranke und Pflegebedürftige. Daher sei es eine der vordringlichen Fragen der Politik, sich mit der Frage zu befassen, wie diese dünn besiedelten Gebiete versorgt werden können.
Beske macht auch keinen Hehl daraus, dass im Gesundheitswesen eine Diskussion um Priorisierung und von Leistungen nötig ist. Statt die Rationierung schleichend ins System zu bringen, müsse öffentlich darüber gesprochen werden, welche Leistungen bei knappen finanziellen Mitteln sinnvollerweise noch zu zahlen sind. Anders als viele andere Experten sieht Beske kein Heil darin, mehr Steuergelder ins System zu pumpen. Zu viele gesellschaftliche Bereiche – etwa Bildung und Umwelt – forderten staatliche Gelder. Die Lösungen müssten vielmehr im Gesundheitswesen selbst gefunden werden, denn auf staatliche Zuschüsse ist kaum Verlass.
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