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Privatisierung wird begrüßt, aber …

STOCKHOLM (diz). Das staatliche Apothekenmonopol in Schweden ist beendet. Die Regierung hat Schwedens Apotheken zur Privatisierung freigegeben und den Apothekenmarkt auch für den Fremd- und Mehrbesitz geöffnet. Wir unterhielten uns mit Thony Björk, einem schwedischen Apotheker in Stockholm, wie er die kommenden Veränderungen sieht und wie seine Kolleginnen und Kollegen darüber denken, was sie erwarten. Das Interview führte Judyta Fritzhand, Stockholm; Dorit Elisa Baetcke, Köln, übersetzte es.
Personal In einer schwedischen Apotheke muss mindestens eine pharmazeutisch ausgebildete Person anwesend sein – das darf nach den schwedischen Bestimmungen auch schon mal nur eine PTA sein.

Es ist noch nicht lange her, da gab es in Schweden nur die rund 900 staatlichen Apotheken: "apoteket". Vor über einem Jahr begann Schweden, sein Gesundheitssystem umzubauen und damit läutete es auch die Privatisierung der Apotheken ein. Ziel war und ist: mehr Wettbewerb im Apothekenmarkt. Ein Hintergrund war aber vor allem auch, dass der Europäische Gerichtshof zu der Auffassung kam, das staatliche Apothekenmonopol in Schweden verstoße gegen europäisches Recht. Schweden musste handeln – und wählte die Privatisierung und vollkommene Liberalisierung: erlaubt sind nun Fremd- und Mehrbesitz. Außer Ärzten und Arzneimittelherstellern darf jeder Apotheken besitzen. Verschiedene Großhandelsunternehmen, außerdem Finanzinvestoren bieten auf die vorhandenen Apotheken. Celesio will dagegen keine Apotheken kaufen, sondern eigene unter dem Namen "DocMorris Apotek" eröffnen; 20 bis 30 sollen jährlich aufgemacht werden.

Wir fragten bei einem schwedischen Apotheker nach, wie er derzeit die Situation in der schwedischen Apothekenlandschaft empfindet und wo die Sorgen der schwedischen Kolleginnen und Kollegen sind.

DAZ Was denken Sie über die kommende Veränderung bzw. die neuen Freiheiten?

Björk: Das staatliche Apothekenmonopol in Schweden sieht seinem Ende entgegen. Das heißt, es ist an der Zeit, das staatliche Alleinrecht über die Apotheken abzuschaffen und auch anderen Unternehmen die Möglichkeit zu bieten, eine Apotheke zu führen. Seit 40 Jahren ist Schweden das einzige Land, in dem es ausschließlich dem Staat erlaubt ist, eine Apotheke zu führen.

Es ist gut, dass es nun für Apotheker möglich wird, eine eigene Apotheke zu eröffnen. Ich persönlich befürworte diese Veränderung, jedoch lässt sich natürlich darüber streiten, in welcher Form und in welcher Zeit die Veränderung durchgeführt werden soll.


DAZ Wie würden Sie die Stimmung unter den Apothekern in Schweden beschreiben?

Björk: Generell sind die Apotheker der geplanten Veränderung gegenüber positiv eingestellt. Doch es gibt auch die, die es bedauern, dass das schwedische Apothekenmodell nun zum kommerziellen Vorteil verändert werden soll. Dass also ein Apothekensystem mit freiem Besitztum und freier Etablierung entstehen soll. Jeder außer Ärzten und Mitarbeitern der Arzneimittelindustrie wird eine Apotheke besitzen dürfen. Es wird auch keine Kriterien bezüglich der Niederlassung geben.

Die meisten sehen jedoch Möglichkeiten in der Veränderung.


DAZ Was erhoffen bzw. befürchten Sie im Rahmen der Veränderung?

Björk: Ich erhoffe mir ein Apothekensystem mit ausreichendem Raum für große und kleine Unternehmer. Ich hoffe, dass die Bedingungen für die einzelnen Apotheker günstiger werden und dass es das neue Modell ermöglicht, dass die kleinen Unternehmer neben den großen internationalen Apothekenketten existieren können. Die Patienten sollen durch den Zuwachs an Apotheken, erweiterte Öffnungszeiten, verbessertes Serviceangebot etc. zu den großen Gewinnern zählen.

Ich befürchte andererseits, dass es für einzelne Apotheker schwierig wird, eine Apotheke zu leiten oder dass die Handels- und Einkaufsbedingungen etc. so schlecht werden, dass es für sie unmöglich wird, zu den gleichen Bedingungen zu konkurrieren, wie es die großen Unternehmer können.

Außerdem befürchte ich, dass sich die allgemeinen, ökonomischen Bedingungen verschlechtern. Die Preisbildung wird in jedem Fall ein wichtiger Punkt! Möglicherweise laufen Apotheken in dünner besiedelten Umgebungen Gefahr, geschlossen zu werden, falls sich die Bedingungen zu sehr verschlechtern.


DAZ Wie groß ist die Sorge, dass nun große Konzerne in Zukunft Apothekenketten eröffnen und betreiben?

Björk: Es ist völlig klar, dass internationale Apothekenketten in Schweden Apotheken führen werden. Die Regierung hat das neue System so geregelt, dass die großen Unternehmen nach Schweden kommen werden. Man vermutet dadurch einen effektiveren Apothekenvertrieb mit Folge von wachsendem Serviceangebot und niedrigeren Betriebskosten. Es ist abzuwarten, wie es sich entwickelt.

Selbstverständlich gibt es unter den Apothekern die Sorge, dass die großen Unternehmer so mächtig werden, dass sich die kleinen nicht halten können. Doch angesichts der Tatsache, dass heute nur eine einzige staatliche Apothekenkette existiert, ist die Veränderung in jedem Fall eine positive Sache.


DAZ Was halten Sie davon, dass das fünfjährige Pharmaziestudium, wie zu lesen war, zukünftig durch eine dreijährige Ausbildung ersetzt werden soll?

Björk:

Das ist so nicht richtig. Die fünfjährige Apothekerausbildung wird weiterhin bestehen und wahrscheinlich sogar etwas verlängert werden. Ebenso wird die dreijährige PTA-Ausbildung weiterhin bestehen bleiben, sie soll nur in Richtung des "Bologna-Modells" verändert werden. Dies wird als Zwischenstopp im Studium zum Apotheker betrachtet.

Das neue Gesetz fordert mindestens einen ausgebildeten Pharmazeuten in der Apotheke in der Zeit, in der sie geöffnet hat. Bei einem sogenannten Pharmazeuten handelt es sich nach dem schwedischen Gesetz entweder um einen Apotheker oder eine(n) PTA. Außerdem muss es in jeder Apotheke einen Verantwortlichen für die Medikamente geben. Dieser Verantwortliche kann für maximal drei Apotheken Verantwortung übernehmen und muss entweder Apotheker sein oder PTA mit ausreichender Qualifikation.

Es besteht die weitverbreitete Sorge, dass es bald nur PTAs in den einzelnen Apotheken geben wird. Doch diese Sorge ist meiner Meinung nach unbegründet. Apotheker werden auch weiterhin aufgrund ihrer Kompetenz und zum Schutz der Patientensicherheit benötigt. Auf dem neuen Markt werden Apotheker sicherlich zum Konkurrenzmittel.


DAZ Herr Björk, vielen Dank für das Gespräch.

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