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- DAZ 44/2009
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Seite 3
Große Hoffnungen
Für uns Apothekerinnen und Apotheker war es die Nachricht des Tages: der niedersächsische Wirtschaftsminister Philipp Rösler, FDP, wird in der schwarz-gelben Bundesregierung der neue Bundesgesundheitsminister. Damit ist die Ulla-Schmidt-Ära endlich zu Ende und: Josef Hecken, der Apothekerschreck vom Saarland, wurde nicht – wie anfangs vielfach befürchtet – von Merkel zum Gesundheitsminister ernannt. Nachdem man in den Koalitionsgesprächen dem Gesundheitsfonds in seiner jetzigen Ausgestaltung eine Absage erteilte und weil man ab 2011 in Richtung Bürgerprämie marschieren will, war es für Merkel nicht mehr notwendig, Hecken, einen Befürworter des bisherigen Gesundheitsfonds, ins Kabinett zu holen. Und Frau von der Leyen, die zwischenzeitlich bereits als Gesundheits- und sogar als Superministerin (Gesundheit und Familie) gehandelt wurde, bleibt Familienministerin. Dort hat sie sich bewährt und Sympathien erworben.
Also: Die Gesundheits- und damit auch Apothekenpolitik wird in den nächsten Jahren mit Philipp Rösler (36) die Handschrift der FDP tragen. Der Youngster im Kabinett Merkels, der erst 2009 Wirtschaftsminister in Niedersachsen wurde, gilt als Hoffnungsträger der Liberalen. Was Guttenberg in der CSU ist Rösler bei der FDP: jung, charismatisch, unverbraucht, mit frischen Ideen. Und er ist "vom Fach". Als gelernter Allgemeinarzt mit Promotion in der Herz-Thorax-Gefäßchirurgie kann man ihm zutrauen, das Räderwerk des Gesundheitswesens zu durchschauen.
Die Ärzte bejubeln den neuen Minister bereits. Sie hatten sich jahrelang einen der ihren als Gesundheitsminister gewünscht. Jetzt haben sie ihn. Für Rösler bedeutet das allerdings, dass er gerade in diesem Punkt unter Beobachtung stehen wird: Seine eigene Berufsgruppe darf er nicht bevorzugen – zumal die FDP im Ruf steht, eine Klientelpartei, vor allem für die freien Berufe wie Ärzte, Apotheker und Rechtsanwälte, zu sein.
Als Gegner des Gesundheitsfonds wird sich Rösler dafür einsetzen, unser Krankenversicherungssystem zu verändern. Laut Koalitionsvertrag heißt die Richtung ab 2011 demnach Bürgerprämie und mehr Wettbewerb für die Kassen. Das kann der Kanzlerin nur recht sein: für den schwierigen Umbau des Gesundheitsfonds muss dann wohl die FDP ihren Kopf hinhalten.
Nicht nur die Ärzte dürfen sich freuen. Wohl noch nie hatte in einem Koalitionsvertrag so klar und deutlich etwas zum Thema Apotheke gestanden. Der neue Gesundheitsminister wird davon ausgehen, dass "die freiberuflichen Apothekerinnen und Apotheker eine zentrale und wichtige Rolle für eine gute Arzneimittelversorgung spielen". Die schwarz-gelbe Regierung bekennt sich im Vertrag zur inhabergeführten Apotheke, sie steht zur flächendeckenden Arzneimittelversorgung, zum Fremd- und Mehrbesitzverbot und ist gegen die Auswüchse im Versandhandel wie z. B. Pick-up. Wörtlich heißt es: "Wir werden die Auswüchse beim Versandhandel bekämpfen, indem wir die Abgabe von Arzneimitteln in den sogenannten Pick-up-Stellen verbieten." Deutlicher kann man es nicht sagen.
Damit nicht genug. Die Koalition will auch sich zum Teil widersprechende Elemente, die den Arzneimittelmarkt regeln, auf den Prüfstand stellen, wie es im Koalitionsvertrag heißt. Dies könnte bedeuten, dass beispielsweise das Festbetrags- und das Rabattvertragssystem hinterfragt werden.
Vielversprechend ist auch die Entscheidung, Rösler zwei gesundheitspolitische Fachleute als parlamentarische Staatssekretäre an die Seite zu stellen: Daniel Bahr und Annette Widmann-Mauz. Vor allem der 33-jährige Bahr ist bekennender Gegner von Pick-up-Stellen, für die inhabergeführte Apotheke und für Fremd- und Mehrbesitzverbot. Eine ideale Ergänzung also zu Rösler.
Mein erstes Fazit: Philipp Rösler übernimmt eines der härtesten Ministerien. Das Amt des Gesundheitsministers gilt seit jeher als Schleudersitz. Manche vergleichen es mit einem Haifischbecken, in das man geworfen wird: umzingelt von Interessen aller Leistungserbringer, der Gesundheitsindustrie, der Krankenkassen und nicht zuletzt der Bürger, denen die Beiträge für die Krankenversicherung ständig zu teuer und die Leistungen zu gering sind. Aber bei allen Schwierigkeiten, die ihn erwarten: man sollte ihn auf keinen Fall unterschätzen. Rösler hat die Politik von der Basis aus gelernt und sich hochgedient. Man sagt ihm Machtinstinkt nach. Seine Insiderkenntnisse des Gesundheitssystems als Arzt, seine zielstrebige Vorgehensweise und seine Unverbrauchtheit sind eine Mischung, die zünden.
Wir wissen, dass er uns Apothekerinnen und Apotheker schätzt. Das lässt hoffen. Mit Daniel Bahr und Widmann-Mauz an seiner Seite können wir davon ausgehen, dass unser heutiges Apothekenwesen stabilisiert wird. Enttäuschen wir sie nicht! Ich bin überzeugt, dass unter dieser Regierung unsere Arbeit für die Gesellschaft noch mehr anerkannt wird als bisher.
Peter Ditzel
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