Feuilleton

Efeu und sein Blattextrakt

Der Würzburger Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde hat den Efeu zur Arzneipflanze des Jahres 2010 gekürt.

Der Efeu (Hedera helix L.) gehört zu den wenigen Pflanzen, die auch heute noch fast jedes Kind erkennt, wächst er doch in nahezu jedem Garten. In der Großstadt wie auf dem Dorf bedeckt er Mauern, schattige Ecken oder klettert an Bäumen hinauf. Dass er eine Arzneipflanze mit gut belegter Wirksamkeit ist, ist außerhalb der Fachkreise nur wenig bekannt. So lag es nahe, den Efeu als Arzneipflanze des Jahres 2010 zu wählen, um ihm mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen.

Wirkstoffe

Bereits die Ärzte der Antike nutzten Efeublätter und -früchte als Schmerzmittel; sie verarbeiteten sie zu Salben, mit denen sie Brandwunden behandelten.

Die moderne Phytotherapie verwendet die gelappten Blätter, die charakteristisch für junge, noch nicht blühende Pflanzen sind und im Frühjahr und Frühsommer gesammelt werden.

Die wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe sind Triterpensaponine (2,5 – 6%) mit der Hauptkomponente Hederasaponin C. Daneben finden sich auch Flavonoide (Quercetin, Kämpferol, Rutinoside, Glucoside), Kaffeesäurederivate, Polyacetylene, Sterole, etwas ätherisches Öl und freie Aminosäuren.

In experimentellen Studien wurde für einzelne Triterpensaponine eine spasmolytische Wirkung nachgewiesen. Der Blattextrakt wirkt antimikrobiell gegen ein großes Spektrum von Keimen. Seine Wirksamkeit bei Katarrhen der Atemwege und Husten sowie zur symptomatischen Behandlung chronisch-entzündlicher Bronchialerkrankungen wurde in klinischen Studien belegt. Er wird auch bei Keuchhusten eingesetzt.

Giftpflanze

Frische Efeublätter und der Saft der Blätter können allergische Kontaktdermatitiden verursachen. Durch den Genuss der Beeren kann es besonders bei Kindern zu Vergiftungen kommen, die mit Übelkeit, Durchfall und Erbrechen einhergehen.

Symbolik

Efeu ist der einzige einheimische Vertreter der Efeugewächse (Araliaceae). Seine Heimat reicht vom Westen Europas über die Mittelmeerländer bis Südwestasien. In Nord- und Osteuropa kommt er verstreut vor, im Südosten der USA ist er eingebürgert.

Wie kaum eine andere Arzneipflanze ist der Efeu mit der europäischen Kulturgeschichte verbunden. Er galt als ein Wahrzeichen des ewigen Lebens und der ehelichen Treue. Bei den Ägyptern war er dem Osiris, im antiken Griechenland dem Dionysos, dem Apoll und den Musen geweiht; daher bekränzte man Dichter mit Efeu.

Horaz dichtete (Carm. 1,1):

me doctarum hederae praemia frontium dis miscent superis.

Mich, den Dichter, wird Efeu, Preis und Zier eines klugen Kopfes, den Göttern zugesellen.

Im frühen Christentum finden sich Efeuranken auf Sarkophagen, im Mittelalter schmücken sie Kirchen und Kathedralen, in Stein gehauen (Reims, Marburg) oder in Holz geschnitzt (Altenberger Dom).

"Kletterndes Heu"

Das deutsche Wort Efeu geht wahrscheinlich auf einen alten Wortstamm "ebah" oder "ifig" (altsächsisch) zurück, der soviel wie "Kletterer" heißt. Dieser Wortstamm wurde früh mit "Heu" verbunden, auf althochdeutsch "ep-höu", "ebe-höu".

Der Artname "helix" kommt aus dem Griechischen und bedeutet "Windung". <


Autoren

Franz-Christian Czygan, Johannes Gottfried Mayer, Konrad Goehl

Arzneipflanzen des Jahres


1999: Buchweizen

2001: Arnika

2002: Mäusedorn

2003: Artischocke

2004: Pfefferminze

2005: Arzneikürbis

2006: Thymian

2007: Hopfen

2008: Rosskastanie

2009: Fenchel

2010: Efeu

Fotos: Fa. Martin Bauer

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