Gesundheitspolitik

Gemeinsames Sparkonzept gesucht

Berlin (ks). Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) hat mit seinen am Montag letzter Woche über die Medien lancierten Vorschlägen zu Reformen im Arzneimittelmarkt für Wirbel gesorgt.

In anschließenden Interviews verschärfte er den Ton gegenüber der Pharmaindustrie: Er werde sie zu Preisverhandlungen mit den Krankenkassen zwingen, zudem müsse es kurzfristig Zwangsrabatte und Preismoratorien geben. Nun muss sich Rösler mit seinen eigenen Leuten sowie der Union über die konkreten Maßnahmen einig werden. "Spätestens bis Ende des Jahres soll das Gesetz kommen", kündigte er an. Aus der CDU folgten kurz darauf eigene Vorschläge – unter anderem der, Rabattverträge zu entschärfen. Nach Gesprächen in der Union erwartet man nun Details von Rösler. Der Koalitionspartner reagierte irritiert, dass Rösler bislang kaum Kontakt zu den Abgeordneten der CDU/CSU gesucht hatte, über die Presse aber Vorschläge unterbreitete (siehe DAZ 2010, Nr. 10,
S. 18)
. Zwei Tage später lag ein Papier der CDU-Gesundheitspolitiker Jens Spahn und Michael Hennrich vor. Dieses sollte bei der Klausurtagung der Arbeitsgruppe Gesundheit der Unionsfraktion am 12. März vorgelegt werden – am Abend zuvor war Rösler zu Gesprächen bei den Unionsabgeordneten. Ob man dabei eine gemeinsame Linie finden konnte und wie die Union auf die Vorschläge von Spahn und Hennrich reagierte, war bis zum Redaktionsschluss der AZ nicht klar. Die Unions-Vorschläge befassen sich ausdrücklich auch mit dem Generikamarkt: Dabei wird das System der Festbeträge gewürdigt, da es den Krankenkassen verlässliche Einsparungen einbringt (allein in 2009 4,3 Mrd. Euro). Auch mit den Rabattverträgen würden Einsparungen im Bereich generischer Arzneimittel erzielt. Unter Berufung auf das Deutsche Arzneiprüfungsinstitut beziffert das Papier diese für das Jahr 2009 auf brutto rund 380 Mio. Euro – Verwaltungs- und Rechtsberatungskosten, die für die Krankenkassen, die Apotheker und die Unternehmen mit den Rabattverträgen verbunden sind, noch nicht eingerechnet.

Während die BMG-Vorschläge ein Festhalten an den – weiterentwickelten – Rabattverträgen vorsehen, zweifeln Spahn und Hennrich, ob das Einsparvolumen der Verträge ihre Folgewirkungen rechtfertigt. Sie verweisen darauf, dass die bei den Ausschreibungen unterlegenen Hersteller für die Laufzeit des jeweiligen Vertrages von der Versorgung der Versicherten der jeweiligen Kasse ausgeschlossen sind. Da "vielen mittelständischen Unternehmen angesichts der enormen preislichen Sogwirkung nach unten die Luft auszugehen droht, ist mittelfristig eine Oligopol-Bildung in der Generikabranche zu erwarten – und damit auch wieder ansteigende Preise". Zudem seien insbesondere chronisch Kranke "teilweise zutiefst verunsichert", weil sie ihr gewohntes Präparat nicht mehr bekommen. Die Unionspolitiker schlagen daher vor, das Festbetragssystem als grundlegenden Mechanismus zur Preisregulierung von Generika zu behalten. Durch die Orientierung am unteren Preisdrittel und die Regelung zur Zuzahlungsbefreiung besonders preisgünstiger Generika sei eine fortsetzende Preisspirale nach unten zu erwarten. Weiter heißt es: "Um das Festbetragssystem zu stärken, entfällt das generelle Substitutionsgebot bei Rabattverträgen" – das heißt, die Apotheken sollen nicht mehr zwingend rabattvertragsgeregelte Präparate abgeben müssen. Das durch bestehende Rabattverträge ausgeschöpfte Einsparvolumen soll erhalten bleiben. "Daher muss es für diesen Bereich als Ersatz per Gesetz einen allgemeinen Rabatt von zehn Prozent geben, verbunden mit einem dreijährigen Preismoratorium." Spahn und Hennrich sehen die Zukunft für Rabattverträge eher im Rahmen besonderer Versorgungsformen (Integrierte Versorgung, DMPs, haus- oder facharztzentrierte Verträge etc.). Der Versicherte müsse sich hier aktiv einschreiben und beschränke sich somit bewusst in seiner Wahl. Ob sich Spahn und Union mit diesen Vorschlägen durchsetzen können, lässt sich bezweifeln. Näher sind sich die Koalitionspartner bei den patentgeschützten Arzneimitteln: beide fordern eine kurzfristige Nutzenbewertung, die Grundlage für anschließende Preisverhandlungen zwischen Industrie und Kassen sein sollen. Auch hier gibt es noch Einiges zu klären. Ob Rösler diese Woche tatsächlich abgestimmte Vorschläge vorlegen wird, darf also mit Spannung erwartet werden.

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