Management

Stress pur

Die Situation erkennen und handeln

Der Beruf stellt immer mehr Anforderungen an den Apotheker. Unter erhöhtem Zeitdruck sollen Höchstleistungen erbracht werden und der Konkurrenzdruck wächst weiter. So entsteht Stress mit seinen Folgen: Die Fehlerquote steigt, die Ausgeglichenheit sinkt, es entsteht Gereiztheit und Nervosität, das Immunsystem wird bei permanentem Stress geschwächt. Über Stressbewältigung sollte man sich nicht erst informieren, wenn es stressig wird, sondern sie sollte vorbeugend praktiziert werden. Je früher man mit der Stressbewältigung beginnt, desto effektiver sind die Bewältigungsmaßnahmen. Stress ist kein Schicksal, dem man hilflos ausgeliefert ist. Wer die Stressoren reduzieren möchte, braucht erst mal eine Stress-Inventur. Am besten ist eine Liste mit Eintragungen, damit man genau weiß, wo der "Schuh drückt".

Selbstmanagement gegen Hektik und Stress

Wer immer powert, ist bald ausgepowert. Deshalb sollte man regelmäßig kurze Entspannungsübungen einschieben. Das geht mental und körperlich. Die besten Übungen:

Notbremse ziehen. Sobald Sie merken, dass Sie reizbar oder unkonzentriert werden, ärgerliche Gedanken sich mehr und mehr in den Vordergrund schieben, sagen Sie innerlich laut und deutlich "stopp". Nach mehrmaliger Übung beherrschen Sie diese Technik, und Sie werden auch bei großem Kundenandrang gelassen bleiben.

Blitzentspannung. Wenn es ganz schnell gehen soll: Atmen Sie ein paar Mal bewusst tief ein und aus. Betonen Sie besonders stark das Ausatmen. Im Stress ist es ein natürliches Bedürfnis, vermehrt einzuatmen, damit wir für "Kampf und Flucht" mehr Sauerstoff zur Verfügung haben. Wir vergessen dabei oft das Ausatmen und haben als Ergebnis das Gefühl, außer Atem zu sein. Stellen Sie sich beim Ausatmen vor, wie alle Spannung entweicht.

Pausen vom Licht einlegen. Wenn Ihre Augen müde sind und Sie sich nicht mehr auf Ihre Arbeit konzentrieren können, machen Sie eine kurze "Lichtpause", halten Sie die zu zwei Schalen geformten Handflächen vor die Augen und dichten Sie auch alle Ritzen nach außen mit den Händen ab. Öffnen Sie die Augen weit und schauen Sie eine Weile ins Schwarze. Atmen Sie ruhig und tief weiter, achten Sie darauf, dass Sie den ganzen Körper in einer angenehmen Position halten.

Stress erkennen und reagieren

Häufig sind es die negativen Gedanken, die aus der eigentlichen Stressquelle eine unerträgliche Belastung machen. Glaubenssätze gehören auf den Prüfstand, zum Beispiel dieser: "Ich muss immer perfekt sein." Kein Mensch schafft es, permanent Hochleistung zu erbringen, und es ist ja auch gar nicht immer notwendig; gut ist in den meisten Fällen gut genug. Wer aus übertriebenem Perfektionswillen mehr powert als nötig, stresst sich und ist nie zufrieden mit der eigenen Leistung. Daraus resultiert ein anderer weit verbreiteter Glaubenssatz "Erfolg muss weh tun". Nur wer sich quält, sich unendlich anstrengt, erreiche ein gutes Ergebnis, suggeriert diese Botschaft. Doch das stimmt nicht. Der Leitsatz "Ich muss stark sein" ist ein weiteres Stoppschild, das uns verbietet, Gefühle zu zeigen, auch mal eine Schwäche zuzugeben. Lieber beißen wir uns an einer Aufgabe oder an einem Problem die Zähne aus, leiden stumm vor uns hin, statt um Rat und Unterstützung zu bitten. Wer sich von anderen helfen lässt, erleichtert sich die Arbeit. Man darf sich nicht selbst überschätzen und glauben, alles im Alleingang regeln zu können.

Stressinventur
Vor der Stresssituation macht man am besten eine Inventur: Was belastet mich? Wie häufig kommt es vor? Wie lange dauert der Stress? Mindestens eine Woche lang sollte man sich selbst beobachten, bevor am Ende die Tabelle bearbeitet wird. Das macht viel Arbeit, ist aber sinnvoll, um sich auf die Stress-Situation zu gewichten. Dort wo die Belastung gering ist, startet man mit der Aktivität. Nach zwei bis vier Wochen müsste die erste Erleichterung spürbar sein. Dann nimmt man sich das nächste Thema vor.
Stressor am Arbeitsplatz
Häufigkeit
Bewertung
Belastung
1. Unterbrechungen
2. Hohe Verantwortung
3. Termindruck
4. Langes Arbeiten
5. Wechsel von Prioritäten
6. Kritik von anderen
7. Arbeitsrückstände
8. Fachliche Überforderung
9. Besprechungen
10. Änderungen im Ablauf
11. Konflikte untereinander
12. Informationsdefizite
Häufigkeit: 1 (selten), 2 (manchmal), 3 (oft)
Bewertung: 1 (kaum störend), 2 (störend), 3 (sehr störend)
Die Formel: Häufigkeit mal Bewertung = Belastung.
Fazit: Je höher das Endergebnis, desto größer ist die Stressbelastung

Positive Selbstgespräche bauen auf

Schon vor der Stresssituation tauchen oft Gedanken auf, wie "Das schaffe ich nie", "Das wird schief gehen", "Ich fühle mich schrecklich" usw. Ziel der positiven Selbstgespräche ist es, sich positiv zu beeinflussen und negative Gedanken zu erkennen, um sie in positive umzuwandeln. Die Fähigkeit lebendige und individuelle Bilder in Ihrem Kopf entstehen zu lassen, hilft Ihnen, auf den verschiedensten Gebieten in Zukunft noch positiver und gelassener zu werden. Mehr noch: Gedanken besitzen bekanntlich eine gewisse Verwirklichungskraft und Energie. Und diese ist umso größer, je mehr sie durch intensive Vorstellungsbilder unterstützt werden. Spitzensportler nützen dieses mentale Training intensiv: sie beeinflussen sich selbst mit den positiven Gedanken "Das schaffe ich". Sie versetzen sich dann in ihrer Vorstellung in die Wettkampfsituation und malen sich in allen Details aus, wie sie anschließend ihre Leistung erbringen werden.

Am Arbeitsplatz machen Sie es ähnlich:

  • Führen Sie ermunternde Selbstgespräche, die Ihnen bei der Bewältigung helfen oder Sie selbst stärken. ("Ich bin gut drauf.")
  • Wählen Sie Selbstinstruktionen für die zu erwartenden Stresssituationen. ("Wenn jemand schlecht drauf ist, lächele ich.")
  • Setzen Sie diese positiven Instruktionen vor und während der Hektik ein. Sprechen Sie sie je nach Situation laut oder in Gedanken vor sich hin.

Man kann sich selbst auffordern und ermuntern, stressauslösende Bedingungen zu verändern. So kann man sich aufregen, wie chaotisch es heute zugeht, aber man kann sich auch sagen: "Das alles macht mir nichts aus". Man fordert sich selbst zu richtigen Einstellung auf.

Stressauslöser – und was man dagegen unternimmt

Dauerstress. Harvard-Forscher fanden heraus: Wer sich rund 15 Minuten ärgert, verbraucht bis zu 350 Milligramm Vitamin C – ungefähr so viel wie in vier Orangen. Ein Grund, warum sich so viele Menschen erkälten, wenn sie über längere Zeit gestresst sind. Gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung durch Sport und ausreichend Schlaf verbessern die Situation.

Grübeln. Alltägliche Probleme reiben uns auf, weil die Gedanken ständig darum kreisen und keine Lösung gefunden wird. Hier hilft die Konzentration auf schöne Ereignisse, die daily uplifts. Im Fachjargon heißt das Wahrnehmungslenkung oder "Kopfkino". Dabei wird das, was Stress verursacht, für eine Weile aus den Gedanken verdrängt und die Konzentration stattdessen auf ein äußeres oder inneres Bild gerichtet – etwa auf ein schönes Gemälde oder die Erinnerung an einen entspannenden Urlaub. Effekt: Der Stressauslöser erscheint in einem anderen Licht, Motto: Alles halb so schlimm!

Perfektionismus. Gerade Perfektionisten stehen in der Gefahr, in eine Abwärtsspirale aus Streben und Scheitern zu geraten. Sie denken zu sehr in Schwarz-Weiß-Kategorien: Wer nicht perfekt ist, ist automatisch ein Verlierer. Bei dieser Sicht bekommen aber nicht die eigenen Stärken die Aufmerksamkeit, sondern die Schwächen. In der Folge entstehen Versagensängste. Ein wichtiger Schritt aus dieser Falle ist, zu erkennen, dass die eigenen Erwartungen (an sich oder andere) unrealistisch hoch oder unzumutbar sind. Womöglich stehen diese auch nicht im Verhältnis zum Aufwand.

Arbeitstempo. Es ist wie beim Autofahren: Unter Vollgas lässt es sich kaum noch lenken. Wer immer unter hohem Tempo arbeitet, ist zur Muße kaum noch fähig. Günstig für den Stressabbau ist Atmen: Fünf Sekunden einatmen und dann solange ausatmen, bis man gedanklich bis fünf gezählt hat. Das Ganze fünf Minuten wiederholen. Effekt: Die Atmung wirkt auf den Puls und verlangsamt die Produktion von Adrenalin.


Rolf Leicher, Kommunikationstraining, E-Mail: Rolf.Leicher@t-online.de

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