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- AZ 22/2010
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Gesundheitspolitik
Unsicherheit beenden
Den Finanzen der Apotheken droht ein unüberschaubares Durcheinander. Nicht genug, dass der verminderte Kassenabschlag mit einem schwebenden Verfahren belastet ist, nun sollen die Apotheken auch noch für Unklarheiten beim Herstellerrabatt herhalten. Doch die Planbarkeit der Liquidität war einer der letzten Pfeiler der Stabilität und damit auch eine Grundlage für die Versorgungssicherheit. Die Apotheken haben in dem finanziell ausgequetschten System bereits genug Mühe, mit stagnierenden Erträgen den zunehmenden Aufwand zu finanzieren. Sie können nicht auch noch als finanzieller Puffer für unsichere Zahlungen herhalten. Dies gehört im Gesetz bereinigt. Die anstehende Gesundheitsreform ist eine gute Gelegenheit dafür.
Doch wie konnte es so weit kommen? Schuld sind einerseits schlampig formulierte gesetzliche Vorgaben. Andererseits sollten die Marktbeteiligten inzwischen gelernt haben, mit solchen Unklarheiten umzugehen. Gefragt ist eine einvernehmliche Lösung. Das erfordert Kompromissbereitschaft und die Einsicht, dass endlose Streitigkeiten nicht weiterhelfen. Der Rechtsstreit über den mühsam gefundenen Schiedsspruch zum Kassenrabatt sollte als Abschreckung dienen. Es ist niemandem geholfen, wenn nun auch jahrelang über die Herstellerrabatte gestritten wird. Dass die Krankenkassen das Thema jetzt forcieren, ist verständlich, denn sie fürchten die Verjährung der ersten Forderungen. Doch das Inkasso über die Apotheken ist für die Krankenkassen auch keineswegs ungefährlich. Denn bei Zahlungskürzungen, die sich nachträglich als unberechtigt erweisen, droht ihnen der Verlust des gesamten Kassenrabattes. Denn der ist an die sofortige vollständige Zahlung geknüpft. Mit Unsicherheiten ist also niemandem gedient. Daher bleibt zu hoffen, dass Krankenkassen und Hersteller schnell eine Lösung aushandeln, die auch für die Zukunft trägt.
Letztlich geht es darum, ob die Partner im System strittige Fragen aus eigener Kraft klären können. Dazu gehören auch die Hersteller, die gerne ihre Verantwortung für die Versorgung betonen. Nur wenn diese Zusammenarbeit funktioniert, hat die angekündigte Entrümpelung sozialrechtlicher Vorschriften eine Chance. Alle Akteure sollten sich dessen bewusst sein. Denn sonst sägen sie an dem Ast, auf dem sie selbst sitzen.
Thomas Müller-Bohn
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