Gesundheitspolitik

Im Ansatz gut

Thomas Müller-Bohn

Die neue Gesundheitsreform hat inzwischen einen Namen – AMNOG, Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz. Es gab schon schlimmere Zungenbrecher und auch die Inhalte lassen hoffen. Das geplante Pick-up-Stellen-Verbot ist sehr erfreulich, und die Preisbildungsregeln für innovative Arzneimittel könnten an anderen Stellen den Druck auf das System vermindern. Für die betroffene Industrie wird es hauptsächlich auf faire Regeln bei der Umsetzung ankommen.

Doch der Blick ins Detail lässt viele Fragen offen. Aus Apothekensicht betrifft dies besonders die Umsetzung der Mehrkostenregel. Im Sinne der Patientensouveränität ist es überfällig, dass die Patienten anstelle von Rabattarzneimitteln andere pharmazeutisch gleichwertige Produkte wählen dürfen. Dies soll künftig über eine Kostenerstattung im Einzelfall umgesetzt werden. Die Patienten müssen also in der Apotheke in Vorleistung treten und können sich das Geld von ihrer Krankenkasse erstatten lassen. Effiziente Verwaltung dürfte anders aussehen. Doch die ganze Methode sollte als Zugeständnis an die Krankenkassen verstanden werden. Denn der Aufwand dürfte viele Patienten abschrecken. Das derzeitige Jammern der Kassen über die Mehrkostenregel ist daher wenig überzeugend. Besonders sollte es die Kassen freuen, dass sie die Abschläge von den Preisen der Nicht-Rabattarzneimittel in ihren Satzungen regeln sollen. Das erübrigt die Offenlegung der Rabatte und verhindert zudem Rechtsstreitigkeiten zwischen Vertragspartnern. Der Gesetzentwurf empfiehlt eine pauschalierte Regelung. Der Patient darf höchstens so viel erstattet bekommen, wie die Kasse bei einer Sachleistung zahlen müsste. Es kann also durchaus weniger sein. Doch da fängt ein neues Problem für die Apotheke an. Wie soll das Apothekenpersonal dem Patienten beantworten, welche Erstattung er von der Krankenkasse erwarten kann, wenn sich dies nach den Kassensatzungen richtet? Wie soll der Patient in der Apotheke entscheiden, wenn er nicht weiß, wie viel er später wieder bekommt? Neuer Ärger in den Apotheken ist damit vorherzusehen. Außerdem fehlen noch genaue Regeln zum gesetzlichen Herstellerabschlag und zum Apothekenabschlag für diese Fälle. Hier droht weitere komplizierte Bürokratie für die voraussichtlich eher seltenen Anwendungsfälle. Doch die praktischen Details werden über den Erfolg entscheiden – in der Apotheke und bei anderen Betroffenen ebenso.


Thomas Müller-Bohn

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.