Gesundheitspolitik

Wie bitte?

Dr. Klaus G. Brauer

Sich nur zu wundern wäre zu wenig. Ein Blick ins veröffentlichte Programm des Apothekertages hinterlässt Ratlosigkeit. Den Tagesordnungspunkt "Apothekenbetriebsordnung" (ApBetrO) findet man ebenso wenig wie einen Tagesordnungspunkt "Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz" (AMNOG). Dafür schmückt sich das Programm mit netten, zeitlosen Allerweltsthemen. Was hat sich die ABDA dabei gedacht? Soll unter dem Teppich gehalten werden, was die Apotheker aktuell wirklich bewegt und auch wirklich bewegen muss?

Das AMNOG sieht eine Änderung der Spannenregelung für den Großhandel vor. Die Struktur soll von "degressiv-prozentual" in eine Kombination aus Fixzuschlag und einem kleinen prozentualen Aufschlag geändert werden. Der Großhandelsverband Phagro hatte diese Änderung selbst angeregt, weil die Apotheken margenstärkere hochpreisige Arzneimittel zunehmend direkt bestellten und dadurch in den Wannen des Großhandels der Anteil an niedrigpreisigem Kleinzeug zunahm. Unter der geltenden Spannenregelung war das kaum noch kostendeckend. Man mag es naiv nennen, dass Großhandelsgranden geglaubt haben, die Strukturänderung sei kostenneutral über die politischen Hürden zu bringen. Die Zahlen, die das BMG in die Verordnung schreiben will (Fixzuschlag 60 Cent, prozentualer Zuschlag 1,7%, Deckelung bei 21,00 Euro) zeigen denn auch: Durch die Umstellung würden dem Großhandel 400 bis 450 Mio. Euro fehlen. Schon eine Überschlagsrechnung ergibt: Das ist mindestens das Doppelte von dem, was der Großhandel für die Lieferung von GKV-Arzneimitteln erwirtschaftet. Die Funktionsrabatte, mit denen die Großhandlungen bisher um kostenbewusst bestellende Apotheken kämpften, werden deshalb dahinschmelzen wie der Schnee in der Frühjahrssonne. Das trifft die Apotheken extrem hart – ihre Spanne im RX-Bereich war in den letzten Jahren ohnehin massiv gesunken. Und das alles soll kein zentrales Thema auf dem Apothekertag sein? Darüber sollen die Delegierten nicht intensiv diskutieren?

Die gleichen Fragen stellen sich auch für die anstehende Novellierung der Apothekenbetriebsordnung. Durch die vorzeitige Veröffentlichung einer Fassung, die von der Leitung des BMG noch nicht abgesegnet war, öffneten sich Chancen, konkret und öffentlich über die Änderungsvorhaben zu diskutieren. Wenn nicht jetzt, wann dann? Die neue ApBetrO wird massive Auswirkungen auf den Alltag in unseren Apotheken haben. QMS für alle, neue Anforderungen an die Räume, aktivere Beratungspflichten, Regelungen zu Versand, Botendienst, Rezeptsammlung, GMP für die Apotheke – das sind Themen, die gehören auf den Apothekertag, die müssen von den Delegierten und nicht in irgendwelchen Hinterstuben diskutiert werden.


Klaus G. Brauer

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