Gesundheitspolitik

Apotheken werden mit ausstehenden Herstellerrabatten belastet

Inkasso wird zum praktischen Problem

HAMBURG (tmb). Das Norddeutsche Apothekenrechenzentrum (NARZ) und die mit ihm verbundene AVN belasten die Apotheken mit den ausstehenden Herstellerrabatten von drei Arzneimittelherstellern. Damit wird das bisher eher theoretisch erscheinende Inkassorisiko der Apotheken für Rabatte Dritter praktisch relevant.

Die ausstehenden Forderungen richten sich gegen die pharmazeutischen Hersteller Deltaselect GmbH, München, ApothekaMed S. A., Mataró (Barcelona), Spanien, und Ran Novesia AG, Neuss. Darüber informierte neben dem NARZ und der AVN (siehe AZ 37) nun auch der Hamburger Apothekerverein in einem Rundschreiben vom 16. September. Alle Bemühungen zum Ausgleich der Forderungen seien erfolglos geblieben. Aufgrund der ausstehenden Herstellerabschlagsrechnungen seien die Rechenzentren zwangsläufig gehalten, diejenigen Apotheken, die Arzneimittel dieser Hersteller abgerechnet haben, mit den anteiligen Beträgen zu belasten. Eine andere Möglichkeit bestehe aufgrund der Regelungen gemäß § 130a Absatz 1 SGB V nicht. Nur so könnten die Apotheken als Inhaber der Forderungen diese direkt beim Hersteller oder möglicherweise auch gerichtlich geltend machen. Die Rechenzentren seien dagegen selbst nicht Inhaber der Forderungen. Die jeweiligen Beträge würden in den Abrechnungen der Apotheken gesondert dargestellt. Zudem würden das NARZ und die AVN das Inkasso bei den drei genannten Herstellern künftig nicht mehr vornehmen, sondern die Apotheken jeweils in der laufenden Abrechnung belasten.

Ein weiterer Hintergrund für die Belastung der Apotheken ist die Position der Rechenzentren, die allen ihren Mitgliedern verpflichtet sind. Daher können sie nicht zulasten der Mitgliedergemeinschaft Forderungen ausgleichen, die nur solchen Apotheken zuzuordnen sind, die Waren der betreffenden Hersteller bestellt und abgegeben haben.

Politischer Hintergrund

Zudem zeigt sich hier die praktische Bedeutung der politischen Forderung nach einer neuen gesetzlichen Regelung für das Inkasso von Herstellerrabatten und anderen zu verrechnenden Größen in der Arzneimittelabrechnung. Das Grundproblem besteht darin, dass die Apotheken das Inkasso für einen Rabatt übernehmen, der von den Herstellern zu leisten ist. Dazu erklärte Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des NARZ und des Hamburger Apothekervereins, gegenüber der AZ: "Der Gesetzgeber ist aufgefordert, den Herstellerrabatt so zu regeln, dass die Apotheken nicht auf den Forderungen sitzen bleiben." Mit Blick auf mögliche Insolvenzen bei Herstellern meinte Graue weiter: "Denn dort, wo nichts zu holen ist, hat bekanntlich auch der Kaiser sein Recht verloren." Zusätzliche Bedeutung erhält das Thema durch die derzeit diskutierte Forderung nach Herstellerrabatten für die Private Krankenversicherung. Denn auch dort könnte auf die Apotheken eine Inkassofunktion zukommen. Über mögliche Neuregelungen zu einer einfachen Korrektur bei fehlerhaften Rabatteinstufungen wurde bereits berichtet, doch reicht das grundsätzliche Problem offenbar weiter.

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