Gesundheitspolitik

Bundestag beschließt 200 Mio. Einbuße für Apotheken

Wut und Enttäuschung: Existenz vieler Apotheken bedroht

Berlin (lk). Jetzt ist es amtlich: Der Deutsche Bundestag hat mit der dreiteiligen Gesundheitsreform massive Einschnitte zulasten der rund 21.500 Apotheken beschlossen. Mit Enttäuschung und Wut reagierten in den letzten Tagen Apothekerinnen und Apotheker im ganzen Land auf die gesetzliche Verordnung des neuen Apothekenabschlages auf 2,05 Euro für die nächsten zwei Jahre.

Nach der bereits im August gesetzlich angeordneten Erhöhung des Zwangsrabatts für rezeptpflichtige Arzneimittel verbunden mit einem Preisstopp beschloss der Bundestag Ende letzter Woche das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) und das GKV-Finanzierungsgesetz mit der Erhöhung des GKV-Beitragssatzes von 14,9 auf 15,5 Prozent sowie der erweiterten Möglichkeit für gesetzliche Kassen, Zusatzbeiträge zu erheben. Auch davon sind Apothekerinnen und Apotheker entweder als Arbeitgeber oder als Angestellte betroffen.

Nicht nur die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), sondern auch in einer Reihe von Landesverbänden der Apothekerschaft macht sich erheblicher Unmut über die politischen Beschlüsse breit: "Mit diesem Angriff auf die Apotheken wird ein Stützpfeiler der flächendeckenden Gesundheitsversorgung zertrümmert. Ohne Sinn und Verstand für den Nutzen und die Chancen einer heute schon hervorragenden Arzneimittelversorgung durch unabhängige Apotheken setzen CDU, CSU und FDP nun den Raubbau an Apotheken und Patienten fort", sagte ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf. Die Regierung schütte bei anderen Leistungserbringern das Füllhorn aus. "Apotheker und Patienten zahlen die Zeche. Deshalb werden wir Apotheker uns auch in Zukunft gegen diese verantwortungslose und unfaire Politik zur Wehr setzen", so Wolf weiter. Es sei politisch unehrlich, auf der einen Seite immer mehr von den Apothekern einzufordern und gleichzeitig den Apotheken in die Kasse zu greifen.

Um für die Kollegenschaft ein Zeichen zu setzen, hat die Vertreterversammlung der Apothekerkammer des Saarlandes beschlossen, ihre Mitgliedsbeiträge für 2011 nicht nur stabil zu halten, sondern in einem ersten Schritt um fünf Prozent zu senken. Die Kammer will durch nochmals verstärkte Sparanstrengungen für die Kollegenschaft ein Zeichen setzen. "Wir sind das Bauernopfer der christlich-liberalen Koalition in Berlin. Dies ist den Apotheken nicht mehr zumutbar, da jede weitere finanzielle Belastung die Schließung von zahlreichen Apotheken nach sich zieht", so Manfred Saar, Präsident der Apothekerkammer des Saarlands.

Die 100 Delegierten der Bayerischen Landesapothekerkammer protestierten mit einer Resolution: "Mit Unverständnis und tiefer Enttäuschung nehmen die Delegierten der Bayerischen Landesapothekerkammer die Ergebnisse der Koordinierungsgespräche zum AMNOG zur Kenntnis. Dass nun die Apotheken verstärkt und dramatisch belastet werden und damit für die zusätzliche Finanzierung anderer Leistungserbringer herhalten müssen, ist nicht mehr nachvollziehbar und auch nicht hinnehmbar. Wir fordern deshalb die verantwortlichen Politiker in Bundestag und Bundesrat auf, diese einseitige und unverhältnismäßige Belastung der Apotheken im AMNOG zu beseitigen. Ansonsten sehen die bayerischen Delegierten die Versorgung der täglich mehr als 500.000 Patienten durch bayerische Apotheken ernsthaft gefährdet."

Die Hamburger Apothekerorganisationen haben einen Brief an die Hamburger Bundestagsabgeordneten der Koalitionsparteien geschickt. Darin weisen Kammerpräsident Rainer Töbing und der Vorsitzende des Apothekervereins Jörn Graue auf die existenzbedrohenden finanziellen Einbußen hin: "Der Umgang mit uns Apothekern ist geprägt von einem Mangel an Vertrauen, Unfairness und Unzuverlässigkeit. Das jedenfalls ist der Eindruck der aufgebrachten Kolleginnen und Kollegen in den Apotheken. Die betroffenen Apotheken werden deshalb in den nächsten Wochen und Monaten ihren Kunden unmissverständlich klar machen, dass diese Koalition aus CDU/CSU und FDP anscheinend keinen Fokus und Wert mehr auf Qualität und Kundenservice in der individuellen Arzneimittelversorgung vor Ort legt."

Auch die Apotheker aus Baden-Württemberg geben sich kämpferisch: Dr. Günther Hanke, Präsident der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg, schickte ein Schreiben an alle CDU- und FDP-Bundestagsabgeordneten des Landes. Darin kündigte Hanke nicht nur das Aus für viele Apotheken in Baden-Württemberg, sondern auch politische Konsequenzen an: "Ich höre immer wieder von Kollegen, dass sie die baden-württembergischen Landtagswahlen 2011 zu einer Denkzettelwahl machen wollen."

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