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- AZ 46/2010
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Gesundheitspolitik
Wirtschaftsweise für Fremd- und Mehrbesitz
In ihrem Gutachten "Chancen für einen stabilen Aufschwung" schreiben die Wirtschaftsweisen, die Reformen in den Sozialen Sicherungssystemen seien zu "zaghaft". Zwar habe die Regierungskoalition eine finanzierungsseitige Reform in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) angestoßen, die den Einstieg in eine einkommensunabhängige Finanzierung bringen könnte. Es müsse sich aber in den kommenden Jahren zeigen, ob dieser Schritt in der Realität vollzogen wird. Wenn ja, könne die von der Bundesregierung angestrebte Weiterentwicklung der Zusatzbeiträge als Ausgangspunkt für die Einführung der vom Sachverständigenrat bevorzugten Bürgerpauschale mit steuerfinanziertem Sozialausgleich dienen, die mit der Einführung eines einheitlichen Krankenversicherungsmarkts verbunden wäre. Mit Bedauern stellen die Experten fest, dass die Koalition weit davon entfernt ist, einen einheitlichen Versicherungsmarkt zu schaffen – dies zeige sich etwa darin, dass sie die Wartefrist zum Wechsel von der GKV in die PKV auf ein Jahr verkürzt habe.
Auch was die Reformen auf der GKV-Ausgabenseite betrifft, sehen die Wirtschaftsweisen "mehr Schatten als Licht". Die im GKV-Finanzierungsgesetz vorgesehenen Kostendämpfungsmaßnahmen seien nicht gleichmäßig auf die Leistungserbringer verteilt. Es handele sich um punktuelle Eingriffe, die nicht zu der nötigen auf Dauer angelegten Begrenzung von Ausgabensteigerungen beitragen könnten. Notwendig wäre aus Sicht des Rats mehr Wettbewerb: Kassen sollten stärker selektiv mit Leistungserbringern über Preis, Mengen und Qualität verhandeln können. "Enttäuschend" sei zudem, dass die Regierungskoalition bei der Neuordnung des Arzneimittelmarkts nicht auch auf mehr Wettbewerb bei der Distribution von Arzneimitteln durch eine Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbots von Apotheken setzt. Dagegen begrüßen die Wirtschaftsweisen, dass die Bundesregierung mit dem AMNOG überhaupt eine Dauerbaustelle des Gesundheitswesens angegangen ist. So sei es zu befürworten, dass man sich langfristig auf Nutzenbewertungen und Verhandlungslösungen fokussiert.
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