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- AZ 51/2010
- Liebes Christkind
Gesundheitspolitik
Liebes Christkind,
ist schon spät geworden, heute Abend. Hab gerade noch meine DAZ gelesen und mir – na pharmako-logisch – drei Punkte geholt. Das ist das einzig sinnvolle, das ich im Nachtdienst machen kann. Jetzt sitz ich hier und schreib Dir auf meinem neuen iPad, während ich auf Kunden warte (kommt eh keiner), auf die angekündigte Schneewalze (kommt vielleicht) – und die neue Apothekenbetriebsordnung (kommt seit zwei Jahren – immer in drei Monaten, heißt es). Sag mal, hattest Du Dir den Geheimentwurf angesehen, der im Sommer auf "DAZileak" stand? Der hätte Apotheken in High-tech-Reinraum-Betriebe mit schalldichten Konsultationsräumen verwandelt. Schick die Ministerialen mal in meine kleine Apotheke, wenn Opa Kowalski herumgeifert, weil er nicht mit seinem Rabattarzneimittel einverstanden ist, die Großpackung Windeln, auf die wir drauflegen, heute noch gebracht haben will und androht, beim nächsten Mal im Internet zu bestellen, wenn wir ihm nicht einen Rabatt von mindestens 30 Prozent auf sein Umcka geben; wenn Fatima Üztürk mit ihren drei Kindern unbedingt Diclofenac und Omeprazol in Großpackungen ohne Rezept haben will und wenn Françoise Schäufele, du weißt schon, die mit Hartz IV, um ihre falsch angekreuzte Rezeptbefreiung kämpft und mir sagt, dass sie in der Apotheke schräg gegenüber pro Besuch, auch ohne Rezept, einen Taler, eine Zitruspresse oder einen Weihnachtsbecher mit Dekor bekommt; wenn Oma Krawuttke fragt, ob wir nicht auch so Billigpillen haben wie die heavyApotheke, während gerade zwei so komische Typen mit versteckter Kamera wissen wollen, ob es Wechselwirkungen von Johanniskraut und Grapefruitsaft oder so ähnlich gibt, während der Postbote einen Brief von der AOK auf den Tisch legt mit fünf Retaxationen, im Labor drei Billig-Rezepturen darauf warten gerührt zu werden, aber bitte mit Ringversuchsqualität, mein Großhandelsvertreter, der mir früher mal einen Kaffeeautomaten und Videorekorder als Weihnachtsgeschenk brachte, jetzt in meinem Büro wartet, um mir mitzuteilen, dass die bescheidene Liefergebühr leicht angehoben und der Rabatt im nächsten Jahr gekürzt wird, dafür die Rechnungen noch undurchsichtiger werden, und nebenbei auf online zu lesen ist, dass der Kassenabschlag auf 2,05 Euro erhöht wird, während so was wie eine Medco-Celesio-Phoenix-Unichem-Alliance den Markt unter sich aufteilt. Das ist Apoalltag-Raubbau 2010: Höchstleistungen zum Nulltarif, Leika statt Leica, ausgeAMNOGt. Mach irgendwas, liebes Christkind! Ich drück jetzt bei meinem iPad auf "Senden".
Dein Apothekerlein Peter
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