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Gesundheitspolitik
BPI legt Modell für Preisverhandlungen vor
Der BPI-Vorsitzende Bernd Wegener hört es seit vielen Jahren: Wenn die Krankenkassen in finanzieller Not sind, wird nach Einsparungen bei Arzneimitteln gerufen – die Pharmaindustrie kassiere noch immer viel zu hohe Gewinne, lautet der stete Vorwurf. Von diesen einseitigen Schuldzuweisungen hat Wegener genug: "Wir wollen nicht länger wider besseres Wissen der Beteiligten Buhmänner der Nation sein", sagte er am 10. Februar in Berlin. Er betonte, dass die Arzneimittelausgaben auch nicht der Grund für die Zusatzbeiträge der gesetzlichen Krankenkassen seien: "Die Ausgaben sind absolut im Rahmen dessen geblieben, was Krankenkassen und Ärzte vereinbart haben. Es wäre an der Zeit, dass die Kassen auch ehrlich die Nettoausgaben benennen würden und nicht weiter mit aufgeblähten Daten eine ganze Branche in Verruf brächten, so der BPI-Vorstandschef. Er verwies auf Berechnungen von IMS Health, wonach die Herstellerabschläge, Einsparungen durch Rabattverträge, die Apothekenabschläge und die Patientenzuzahlungen bei rund 4,8 Mrd. Euro liegen. Die Strukturkomponente habe 2009 bei 2,5 Prozent gelegen. "Das ist eine so geringe Steigerung, von der hätten wir vor Jahren nur träumen können. Diese Steigerung ist aber notwendig, damit wir durch Innovationen auch verbesserte Therapien anbieten können. Therapien, die Leben verlängern oder Leiden mindern können", so Wegener.
Was Einsparungen im Arzneimittelsektor betreffe, sei im Generikamarkt "das Ende der Fahnenstange" bereits erreicht, betonte der BPI-Vorsitzende. In keinem anderen europäischen Land seien die Preise so niedrig, wie im deutschen rabattierten Generikabereich. Für die patentgeschützten Arzneimittel schlägt der BPI ein Preisverhandlungsmodell vor. Ausgangspunkt des Konzepts ist, dass die volle Erstattung auf Basis des Herstellerpreises sofort nach Zulassung bestehen bleibt. Es sollen jedoch Einzelverträge zwischen Krankenkassen und Herstellern über den Erstattungsbetrag ausgehandelt werden können. Sie sollen in den ersten fünf Jahren nach der Zulassung freiwillig, aber stets vorrangig sein. Das heißt: Im Geltungsbereich von Einzelverträgen entfallen andere Regulierungen, insbesondere etwa die vertragsärztliche Wirtschaftlichkeitsprüfung.
Sobald die Einzelverträge für ein Arzneimittel 30 Prozent des GKV-Marktes abgedecken, soll deren durchschnittlicher Erstattungsbetrag für alle Krankenkassen gelten. Wird diese Abdeckung nicht innerhalb von fünf Jahren erreicht, soll nach dem BPI-Vorschlag eine zentrale Verhandlung mit der GKV über den Erstattungsbetrag verpflichtend werden. Für den Fall des Scheiterns einer solchen Verhandlung, soll sofort ein Verfahren zur Konfliktlösung in Kraft treten. Grundlage für die zentrale Verhandlung bzw. Konfliktlösung soll der Nutzen des Arzneimittels sein. Dieser müsse anhand vorher vereinbarter verbindlicher Kriterien bewertet werden. Für die Erforschung des Nutzens schlägt der BPI eine Frist von fünf Jahren ab der Zulassung vor. Diese Frist sei wegen der hohen Anzahl an Probanden in Nutzenstudien erforderlich.
"Wir wollen uns aktiv an der Gestaltung beteiligen, denn wir sind uns unserer Verantwortung für das gesamte System bewusst", betonte Wegener abschließend. Ob seine Vorschläge bei Minister Rösler Anklang finden, wird sich zeigen.
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