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Wirtschaft
DAX: Optimisten verlieren den Glauben
Schlechte Nachrichten für das deutsche Börsenbarometer. An der Unternehmensfront meldete Daimler schwache Zahlen, garniert mit einem dürftigen Ausblick und einem Dividendenausfall. Kurz danach folgte eine weitere Hiobsbotschaft von der amerikanischen Notenbank (FED) – der Diskontsatz wurde überraschend angehoben. Die Anleger wussten zunächst nicht, wie sie diesen Schritt der FED interpretieren sollten. Als Testballon für den geplanten Ausstieg aus der lockeren Zinspolitik? Oder als Anzeichen dafür, dass die obersten Geldaufseher die Wirtschaft inzwischen wesentlich stabiler beurteilen? Die Börse nahm am Ende beide Ereignisse gelassen und konnte sogar noch ein paar Punkte zulegen. Dies sei ein Beweis der Stärke, so argumentieren nun die Profis und sehen den Markt weiter nach oben klettern. Den Markt konnte scheinbar nichts erschüttern. Doch dann folgten die Zahlen von Commerzbank, Telekom und Merck, die so gar nicht zu der Gesundbeterei passen wollten, die in den letzten Tagen das Parkett beherrscht hatte. Besonders der Kommentar aus dem Hause Commerzbank ließ aufhorchen: Der Konzern werde 2010 nur dann schwarze Zahlen schreiben, wenn die Entwicklung der Konjunktur und Finanzmärkte sehr positiv verlaufe, sagte Commerzbank-Chef Martin Blessing. Na dann, gute Nacht! – meinten die Anleger und verkauften die Aktie. Bei Merck schien man gar gleich an den ewigen Schlaf zu denken – 10 Prozent Tagesverlust. Zufrieden war man dagegen mit den Ergebnissen von Allianz und BASF.
Letzten Mittwoch waren dann alle Augen auf FED-Chef Ben Bernanke gerichtet, der dem US-Kongress versicherte, dass die Zinsen längerfristig auf niedrigem Niveau bleiben würden. Eigentlich eine gute Nachricht für Börsianer, allerdings stößt die Niedrigzinspolitik auf zunehmend mehr Kritik. Vorbei sind die Zeiten, in denen das billige Geld bedingungslos als Allheilmittel gepriesen wurde. Es verführt zur Staatsverschuldung, was im derzeitigen Umfeld nicht gut ankommt. Hier mag der Markt das Thema Griechenland einigermaßen verdaut zu haben, doch die Teilnehmer schielen schon auf Großbritannien…..
Aus Sicht der Experten
Zwar hatte das Drehen an der Diskontschraube durch die US-Notenbank eher symbolischen Charakter, dennoch sei die Zinserhöhungsphantasie jetzt im Markt. Die Experten von Sal. Oppenheim erwarten aus diesem Grund keine nachhaltige Aufwärtsbewegung mehr an den Börsen. Mit "Licht und Schatten" beschreiben die Experten der Landesbank Berlin (LBB) den bisherigen Verlauf der deutschen Berichtssaison. Sollten die erwarteten Gewinnzuwächse tatsächlich Realität werden, brauche es schon eine kräftige Erholung der Konjunktur. Außerdem ist für die Berliner beim Thema Griechenland noch lange nichts in trockenen Tüchern.
Die Charttechniker lassen sich unterdessen nicht beirren. Sie sehen in den Verlusten der vergangenen Handelswochen erst den Anfang einer groß angelegten Abwärtsbewegung, die sich nach Ansicht der Experten der BHF-Bank noch mehrere Monate fortsetzen soll.
Der DAX könnte demnach zunächst die 5300er Marke ansteuern, wo es dann zum Schwur kommen soll. Hält die Unterstützungslinie nicht, drohen weitere massive Kursverluste, mahnen die Charttechniker.
Es liegt was in der Luft …
Ob man nun an Charttechnik glaubt oder nicht – die Profis schwören auf die 200-Tage-Linie. Dieser gleitende Kursdurchschnitt hat schon oft über Wohl und Wehe des Aufwärtstrends entschieden. Die Investmenthäuser richten ihre Computer gestützten Handelsprogramme daran aus und so erfüllt sich die Prophezeiung letztlich selbst. Für die meisten Händler war daher auch klar, dass dem letztjährigen Höhenflug der Börse eine Konsolidierung folgen wird, die nicht weiter reichen sollte als bis eben zu dem 200-Tage-Durchschnitt. Sie sollten Recht behalten. Im Februar drehte der DAX bei rund 5450 Punkten lehrbuchmäßig wieder nach oben. Doch bislang erweist sich die Kurserholung als recht blutarm. Die technischen Analysten bemängeln dabei insbesondere die wieder rückläufigen Handelsumsätze und schlagen Alarm. Beim nächsten Kursrückschlag könne es zu einem nachhaltigen Bruch des Aufwärtstrends kommen. Fundamentalisten halten das für Kaffeesatzleserei. Sie verweisen auf die insgesamt recht ordentlichen Unternehmensergebnisse, die – zumindest in den USA – in 70 Prozent aller Fälle die Erwartungen der Analysten übertreffen konnten. Aus welcher Richtung sollte also plötzlich der kalte Wind herkommen? Tatsächlich gibt es aktuell Vorgänge, die die Fundamentalisten nicht im Visier zu haben scheinen. So spricht kaum jemand über die kritische Situation am gewerblichen Immobilienmarkt. In den USA drohen hier laut dem Manager Magazin Ausfälle in Höhe von 200 bis 300 Milliarden Dollar. Davon betroffen seien fast 3000 Banken – das sind 40 Prozent aller Banken in den USA. In Peking sollen gemäß der Nachrichtenagentur Bloomberg rund 50 Prozent der Gewerbeimmobilien leer stehen. Pekings offizielle Rate liegt bei 22 Prozent. Einen anderen Ansatzpunkt für einen möglichen, breit angelegenen Ausverkauf liefern die maroden Staatshaushalte. Harvard-Professor Rogoff sagt weitere Staatspleiten voraus. Für konjunkturelle Stützungsmaßnahmen bliebe dann kein Geld mehr übrig. Schließlich ist das Dauerthema Iran zu erwähnen. Der Ton der Amerikaner wird schärfer, während die Iraner auf Zeit spielen. Der gemeinsame Nenner aller potenziellen Krisen: Die Gewinnschätzungen der Analysten wären in jedem Fall Makulatur. Und was der Angelegenheit eine besondere Brisanz verleiht: Die Profis sind voll des Vertrauens und haben ihre Depots laut einer Umfrage unter Fondsmanagern kaum abgesichert. Der Lawineneffekt wäre damit vorprogrammiert. Bleibt nur zu hoffen, dass sich die Charttechniker irren.
Eckdaten zum 25. Februar 2010 (alle Angaben ohne Gewähr) | |
DAX (25. 2., 11.45 h) |
5632 Punkte |
Dow Jones (24. 2. Schluss) |
10.374 Punkte |
Gold (Feinunze) |
1091,70 Dollar |
Tagesgeld 5000 € (Durchschnitt) |
1,20% |
Festgeld 3 Monate (Durchschnitt)
Bester überregionaler Anbieter mit Einlagensicherung*
|
0,85%
1,60% (Netbank AG)
|
Festgeld 12 Monate (Durchschnitt)
Bester überregionaler Anbieter mit Einlagensicherung*
|
1,35%
1,60% (Mercedes-B. Bank, Volkswagenbank)
|
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