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Arzneimittel und Therapie
Canakinumab: Interleukin-Inhibitor gegen Entzündungen
CAPS sind eine Gruppe von schweren autoimmunen entzündlichen Krankheiten, bei denen das Gen für das Protein Cryopyrin defekt ist. Zu diesen Erbkrankheiten zählen das Muckle-Wells Syndrom, die multisystemische entzündliche Erkrankung mit Beginn im Neugeborenenalter und das chronische infantile neuro-dermo-artikuläre Syndrom sowie schwere Formen des familiären autoinflammatorischen Kältesyndroms oder familiäre Kälteurtikaria mit Anzeichen und Symptomen, die über einen kälteinduzierten urtikariellen Hautausschlag hinausgehen. Die seltenen Erbkrankheiten werden autosomal-dominant vererbt. Die Patienten, die schon im Säuglingsalter erkranken können, leiden unter chronischer Müdigkeit, Fieber und Entzündungen der Haut, der Augen, Knochen und Gelenke.
Muckle-Wells-Syndrom
Das Muckle-Wells-Syndrom ist nach Thomas James Muckle und Michael Vernon Wells benannt, die es im Jahr 1962 als erste beschrieben. Symptome dieses Syndroms sind intermittierende Episoden von Fieber, Urtikaria, Gelenk- und Muskelschmerzen und zunehmende sensorineurale Taubheit. Häufig lagern sich abnorm veränderte Proteine in den Nieren und anderen Organen ab, was als Amyloidose bezeichnet wird. Folgen der Nierenschäden sind Proteinurie, ein nephrotisches Syndrom und schließlich chronisches Nierenversagen. Blutsenkung und C-reaktives Protein sind erhöht.
Mutation im Gen für Cryopyrin
Die Ursache der CAPS ist eine Mutation im Gen NLRP3 auf Chromosom 1. NLRP3 kodiert für das Protein Cryopyrin, das an Apoptose- und Entzündungs-Signalwegen beteiligt ist. Unter anderem führt der Gendefekt zu einer gesteigerten Bildung von Interleukin-1 beta (IL-1 beta), das eine Schlüsselrolle bei Entzündungen und Gewebezerstörung spielt. So stimuliert es während der Akute-Phase-Reaktion die Synthese von Serum-Amyloid-A-Protein durch Hepatozyten.
Bisher wurden CAPS wie das Muckle-Wells-Syndrom mit Anakinra, einem rekombinanten Interleukin-1-Rezeptor, behandelt. Anakinra führt zu einer kompetitiven Hemmung der Bindung von IL-1 alpha und beta an den IL-1 Rezeptor vom Typ 1. Mit dieser Behandlung kann eine Besserung des Hörvermögens, der Nierenfunktion, der Urtikaria, von Gelenkschmerzen und Fieber sowie ein Abfall der Spiegel von C-reaktivem Protein erzielt werden.
Interleukin 1 beta blockiert
Auch die klinische Wirksamkeit des neuen Antikörpers Canakinumab bei CAPS-Syndromen beruht auf der selektiven und langfristigen Blockade von Interleukin-1 beta. Canakinumab bindet mit hoher Affinität spezifisch an humanes Interleukin 1 beta. Es neutralisiert seine biologische Aktivität, indem es seine Interaktion mit IL-1-Rezeptoren unterbindet. Dadurch wird die durch IL-1 beta induzierte Genaktivierung und Bildung von Entzündungsmediatoren verhindert.
Orphan-drug-Status
Da es nur wenige Patienten mit CAPS gibt, erhielt Canakinumab in dieser Indikation den Status als Arzneimittel für seltene Leiden, Orphan drug. Ursprünglich wurde Canakinumab für die Behandlung der rheumatoiden Arthritis entwickelt, bei der ebenfalls entzündliche Reaktionen durch IL-1 beta eine Rolle spielen. Andere Einsatzmöglichkeiten sind Gicht, und Typ-2-Diabetes. Zur Behandlung der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) befindet sich der Wirkstoff in Phase I der klinischen Entwicklung.
Erhöhtes Infektionsrisiko
Canakinumab wird alle acht Wochen subkutan injiziert. Patienten mit einem Körpergewicht über 40 kg erhalten 150 mg, Patienten mit einem Körpergewicht zwischen 15 und 40 kg erhalten 2 mg/kg Körpergewicht als Einzeldosis. Nach einer Einweisung in die Injektionstechnik können sich die Patienten Ilaris® auch selbst verabreichen. In der placebokontrollierten klinischen Zulassungsstudie mit 35 CAPS-Patienten führte Canakinumab in einer Dosis von 150 mg innerhalb von sieben Tagen zu einem vollständigen Abklingen oder zu einer klinisch signifikanten Besserung der Symptome. Auch die Laborparameter normalisierten sich schnell innerhalb von wenigen Tagen nach der Injektion. Canakinumab führte bei 90% der Patienten zu einer raschen und anhaltenden Remission und verhinderte weitere Krankheitsschübe. Bei den ersten vier Patienten mit durchgehender Verabreichung von Canakinumab wurde bis jetzt eine anhaltende Wirksamkeit über mehr als drei Jahre verzeichnet. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Nasen- und Rachenentzündung, Schwindel (Vertigo) und Reaktionen an der Injektionsstelle. Außerdem kam es zu leichten Überempfindlichkeitsreaktionen, anaphylaktoide oder anaphylaktische Reaktionen traten nicht auf. Selten kam es zu einer leichten, vorübergehenden und asymptomatischen Erhöhung der Serumtransaminasen oder des Bilirubins.
Canakinumab erhöht das Risiko von Infektionen. Bei Patienten mit einer aktiven, behandlungsbedürftigen schweren Infektion darf eine Behandlung nicht eingeleitet oder weitergeführt werden. Auch sollte es nicht gleichzeitig mit TNF-Inhibitoren angewendet werden, da sich dadurch das Risiko für schwerwiegende Infektionen erhöhen könnte. Während der Behandlung mit Canakinumab sollten möglichst keine Lebendimpfstoffe verabreicht werden.
QuelleFachinformation Ilaris® , Oktober 2009.Lachmann HJ, et al.: Use of canakinumab in the cryopyrin-associated periodic syndrome. N. Engl. J. Med. 2009; 360: 2416 – 25.hel
Steckbrief: Canakinumab
Handelsname:
Ilaris
Hersteller:
Novartis Pharma, Nürnberg
Einführungsdatum: 1. Dezember 2009
Zusammensetzung:
Eine Durchstechflasche enthält 150 mg Canakinumab. Sonstige Bestandteile: Sucrose, Histidin, Histidinhydrochlorid-Monohydrat, Polysorbat 80.
Packungsgrößen, Preise und PZN:
Eine Durchstechflasche, 13580,59 Euro, PZN 53912293.
Stoffklasse:
Immunmodulatoren; Interleukin-Inhibitor. ATC-Code: L04AC08.
Indikation:
Zur Behandlung von Cryopyrin-assoziierten peridischen Syndromen (CAPS)
Dosierung:
Patienten mit einem Körpergewicht über 40 kg: 150 mg; Patienten Körpergewicht zwischen 15 und 40 kg: 2 mg/kg; alle acht Wochen als Einzeldosis subkutan.
Gegenanzeigen:
Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile; aktive, schwere Infektionen.
Nebenwirkungen:
Sehr häufig: Nasopharyngitis, Vertigo, Reaktionen an der Injektionsstelle. Häufig: Harnwegsinfektion, Infektion der oberen Atemwege, Virusinfektion.
Wechselwirkungen:
Canakinumab sollte nicht gleichzeitig mit TNF-Inhibitoren angewendet werden, da sich dadurch das Risiko für schwerwiegende Infektionen erhöhen könnte. Die CYP450-Expression kann gesteigert werden, wenn eine Therapie mit Canakinumab eingeleitet wird; das muss bei CYP450-Substraten mit einer geringen therapeutischen Breite beachtet werden.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen:
Canakinumab erhöht das Risiko von Infektionen, auch von schwerwiegenden Infektionen; bei Patienten mit einer aktiven, behandlungsbedürftigen schweren Infektion sollte die Behandlung mit Canakinumab nicht eingeleitet oder weitergeführt werden. Bei Patienten mit Neutropenie sollte die Behandlung mit Canakinumab nicht begonnen werden; wenn ein Patient neutropenisch wird, sollte er engmaschig überwacht werden, und ein Behandlungsabbruch sollte erwogen werden. Während der Behandlung mit Canakinumab sollten möglichst keine Lebendimpfstoffe verabreicht werden.
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