- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 10/2010
- Mehrwertverträge – ein...
DAZ aktuell
Mehrwertverträge – ein Modell für die Zukunft?
Aus Sicht von Cornelia Yzer, der Hauptgeschäftsführerin des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa), steht die Gesundheitspolitik an einer Wegscheide: Sie müsse sich entscheiden, ob sie dem Wettbewerb die Chance gebe, für mehr Effizienz zu sorgen oder ob sie auf die altbekannten Modelle der Regulierung setzten will. Offenbar will es Rösler mit mehr Wettbewerb versuchen, indem er Erstattungsverhandlungen zwischen Krankenkassen und den Herstellern nicht-festbetragsgeregelter Arzneimittel ermöglicht, zugleich aber auch an Regulierungsmaßnahmen festhalten. Das wäre für Yzer ein halbherziges Herangehen, das zum Scheitern verurteilt ist.
Und so wirbt der vfa weiter für sein Modell, in dessen Zentrum die sogenannten Mehrwertverträge stehen: Den Unternehmen soll die Möglichkeit eingeräumt werden, mit Krankenkassen Verträge abzuschließen, die auf eine Verbesserung des Behandlungserfolgs und der Versorgungsqualität abzielen. Erst wenn nach zwei Jahren noch keine 50-prozentige Vertragsabdeckung geglückt ist, soll die Kosten-Nutzen-Bewertung mit der möglichen Folge eines Erstattungshöchstbetrages zum Einsatz kommen.
Einsparpotenzial in zweistelliger Milliardenhöhe
Dass das Bemühen um mehr Qualität tatsächlich Kosten sparen kann, will der vfa nun auch mit einer von ihm in Auftrag gegebenen Studie des Beratungsunternehmens Schönermark, Kielhorn und Collegen belegen. Der Mediziner Dr. Matthias Schönermark stellt darin die These auf, dass die Effizienzpotenziale in der Arzneimittelversorgung einen zweistelligen Milliarden Betrag überschreiten. Schon bei fünf Krankheiten – Herzinsuffizienz, Depression, Diabetes, Arthrose und Migräne – liege das Potenzial bei rund 9 Mrd. Euro. Allerdings könnten diese nicht mit den klassischen Kostendämpfungsmaßnahmen gehoben werden. Den Schlüssel sieht Schönermark in der Verbesserung der Versorgungsqualität. Um hier etwas zu bewegen, sei allerdings weitaus mehr Aufwand nötig, als lediglich an den Stellschrauben Preis und Menge zu drehen.
Hoffnungsträger Morbi-RSA
Die gesetzlichen Kassen sollten Schönermark zufolge ein besonderes Interesse an einer qualitativ hochwertigen Behandlung ihrer Versicherten haben. Sie sind durch den morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) in eine neue Welt versetzt. Der noch unter Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) eingeführte Ausgleich für besondere Risiken ist für den Berater gar ein "Geniestreich". Er ermögliche es den Krankenkassen mit chronisch Kranken Geld zu verdienen und damit von der Jagd nach jungen und gesunden Versicherten abzukehren. Jedenfalls dann, wenn diese Kranken gut versorgt sind. Allerdings mangele es den Kassen derzeit noch an handfesten Daten – richtig eingestiegen sind sie in ihre neuen Möglichkeiten noch nicht. Dazu bedarf es laut Schönermark ohnehin die Beteiligung der Leistungserbringer – und sicherlich auch der Patienten.
Im Bereich der Arzneimittel geht es darum, zu adäquaten Therapieregimen zu kommen und damit Krankheitskrisen zu verhindern. Häufig sei es so, dass ein Patient aus dem Krankenhaus entlassen werde und in der anschließenden ambulanten Versorgung mit anderen Arzneimitteln behandelt werde. Die Ärzte stünden hier unter Regressdruck und entschieden sich daher oft für einfachere, günstigere Therapien. Dies führe aber nicht selten zu einem Drehtüreffekt, der den Patienten wieder im Krankenhaus landen lässt, bemängelt Schönermark. Und das ist am Ende weitaus teurer. Um die Ärzte für die Mehrwertverträge zu gewinnen, sei es daher nicht zuletzt nötig, sie von der Wirtschaftlichkeitsprüfung freizustellen, wenn sie vertragsgeregelte Arzneimittel verordnen.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.