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Interpharm 2010
Beste Therapieoption: Weg mit dem Glimmstängel
Die COPD (chronic obstructive lung disease; chronisch obstruktive Lungenerkrankung) ist ein vermeidbares Leiden. Denn auf den Risikofaktor Nummer 1, das Rauchen, lässt sich verzichten. Dagegen sind die Therapieoptionen eher gering. Zwar lässt sich die Symptomatik reduzieren, die Progression kann allerdings nicht aufgehalten und die Lebenserwartung nicht erhöht werden, wenn der Patient dem Glimmstängel nicht adieu sagt. "Entscheidend ist die Prophylaxe", betonte Mohr. Und konnte dies mit Zahlen untermauern. Immerhin 15 bis 20 Prozent der Raucher entwickeln eine COPD. Bei den über 40-Jährigen wird eine Prävalenz von 25 Prozent angegeben. Weltweit sind die Zahlen steigend. Noch 1990 war die COPD die sechsthäufigste Todesursache, 2020 wird sie sich Platz 3 erobert haben. In Europa lässt sich dagegen ein rückläufiger Trend beobachten, der mit einem Rückgang der Raucherzahlen in Zusammenhang gebracht wird.
Von der chronischen Bronchitis in die COPD
Auf dem Weg in die COPD entwickeln die meisten Patienten zunächst eine chronische Bronchitis, den Raucherhusten eben. Sie ist gekennzeichnet durch Husten und Auswurf während jeweils drei Monaten im Jahr an zwei aufeinanderfolgenden Jahren. Wer also zweimal drei Wochen pro Jahr hustet, ist von einer chronischen Bronchitis noch weit entfernt, so Mohr.
Eine COPD liegt nach GOLD (Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease) vor, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:
- verminderter Atemstrom,
- nicht völlig reversibel, auch unter einem Bronchodilatator
- progredient
- abnorme (überschießende) entzündliche Reaktion der Atemwege auf schädliche Gase und Partikel
- extrapulmonale Begleiterscheinungen.
Pathophysiologisch kommt es unter dem Einfluss der inhalierten Schadstoffe zu Umbauprozessen in den Atemwegen. Doch nicht jeder Raucher entwickelt eine COPD. Voraussetzung dafür ist eine genetisch bedingte erhöhte Sensibilität, die zu einer übersteigerten Entzündungsreaktion führt. In der Folge kommt es zur chronischen Bronchitis, aber auch zu Umbauprozessen in den Tracheen, Bronchien, Bronchiolen und Alveolen. Mohr wies darauf hin, dass eine COPD zwar meist, aber nicht zwingend mit einer chronischen Bronchitis einhergehen muss. Die Schadstoff-getriggerten Umbauprozesse in den Lungen laufen unabhängig vom Prozess der chronischen Bronchitis ab.
COPD und Asthma: unterschiedliche Mitspieler
Der entzündliche Prozess bei der COPD wird durch andere Mechanismen vorangetrieben als beim allergischen Asthma. Ausgelöst durch ein Toxin werden Neutrophile und zytotoxische t-Zellen aktiviert. Eingeschaltet sind dann die Interleukine 1beta, 6 und 8, die den inflammatorischen Prozess vorantreiben. Auslöser von Asthma ist dagegen ein Allergen, das Eosinophile und T-Helferzellen auf den Plan ruft. Die Interleukine 4, 5 und 13 halten die Entzündung aufrecht.
Respiratorische Komplikation: das Emphysem
Das Emphysem, die Blählunge also, ist eine wichtige Komplikation der COPD, die letztlich zu einer respiratorischen Insuffizienz führen kann. Es entwickelt sich etwa bei einem Verlust der elastischen Einbettung kleiner Bronchiolen, der zu einer unvollständigen Exspiration (air trapping) führt. Verloren geht diese Elastizität, weil bei COPD-Patienten Proteasen erhöht sind, die die elastischen Fasern in den Wänden der Lungenalveolen abbauen. Umgekehrt fehlen Anti-Proteasen wie alpha-1-Antitrypsin, die diesem Prozess entgegenwirken könnten. Diagnostisch zeigt sich die mangelnde Exspiration in einem reduzierten FEV1 sowie in einer reduzierten forcierten Vitalkapazität.
Kardiale Komplikation: Rechtsherzinsuffizienz
Die COPD beeinträchtigt nicht nur die Lungenfunktion. Den Patienten droht auch eine Rechtsherzinsuffizienz. Im Zuge der Umbauprozesse kommt es auch zu einem Abbau von Alveolarsepten. Kapillares Strombett geht verloren. Infolge einer Drucksteigerung im Lungenkreislauf wird das rechte Herz besonders belastet. Der rechte Herzventrikel verdickt sich. Es entwickelt sich eine Rechtsherzinsuffizienz. Bei der COPD sind aber nicht nur Lunge und Herz in Gefahr. Sie geht auch mit zahlreichen anderen Begleiterkrankungen einher wie Kachexie, Skelettmuskelatrophie, Osteoporose und Anämie.
Therapie nach Stufenschema
Basis der Therapie ist die Vermeidung der schädlichen Noxen, sprich das Rauchen, sowie die Impfung gegen Grippe, eventuell auch gegen Pneumokokken. Medikamentös wird laut Mohr nach folgendem Stufenschema vorgegangen:
- Stufe 1: kurzwirksamer Bronchodilatator nach Bedarf
- Stufe 2: dauerhafte Bronchodilatation:
- • Antimuskarinika inhalativ
- • langwirksame Beta-2Agonisten inhalativ
- • Theophyllin retard p.o.
- • jeweils allein oder in Kombination
- Stufe 3; inhalative Glucocorticoide bei rezidivierenden Exazerbationen
- Stufe 4: Sauerstoffgabe
Innovative Medikamente für COPD gibt es kaum. Als Fortschritt bewertete Mohr Indacaterol (Onbrez®), ein langwirksames Beta-2-Sympathomimetikum, das aufgrund seiner langen Halbwertszeit nur einmal täglich inhaliert werden muss. Chirurgisch kommen bei der COPD eine Bullektomie zur Entlastung der Lunge in Betracht oder auch eine Lungenteilresektion. Ultima ratio ist die Lungentransplantation. Doch dazu sollte der Patient es nicht kommen lassen. Die Abkehr von der Zigarette ist seine beste Therapieoption.
bf
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