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Arzneimittel und Therapie
Blockade des EGF-Rezeptors mit Panitumumab
Durch die Wahl des richtigen Medikaments beim richtigen Patienten zum richtigen Zeitpunkt können beim metastasierten kolorektalen Karzinom zwischenzeitlich Überlebensraten von mehr als zwei Jahren erzielt werden. Voraussetzung hierfür ist eine genaue Kenntnis der Tumorbiologie, um eine zielgerichtete Therapie zu ermöglichen. Ein Angriffspunkt ist hierbei der epidermale Wachstumsfaktor-Rezeptor EGFR (EGFR = Epidermal growth Factor Receptor; weitere gebräuchliche Bezeichnungen sind HER1-Rezeptor oder ErbB1), an den EGF und
TGF α (transformierender Wachstumsfaktor alpha) binden. Durch eine Rezeptorblockade werden Zellproliferation, Invasion, Metastasierung und Gefäßneubildung unterbunden und Apoptoseprozesse eingeleitet. Liegen aber bestimmte Resistenzen vor wie etwa eine aktivierende Mutation am KRAS-Gen, ist die Behandlung mit EGFR-Inhibitoren erfolglos, da in diesem Fall die Signalkaskade, die zum unkontrollierten Zellwachstum führt, unabhängig von einer Aktivierung der EGF-Rezeptoren erfolgt. Eine solche Mutation liegt bei etwa 40% aller kolorektalen Karzinome vor. Daher muss vor einer Therapie mit Panitumumab der KRAS-Status ermittelt werden, um unwirksame Behandlungen zu vermeiden.
Neue Studien mit Panitumumab
Derzeit ist Panitumumab nur zur Monotherapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms mit nicht-mutierten KRAS (Wildtyp) nach Versagen einer klassischen Chemotherapie zugelassen. In aktuellen Studien mit jeweils mehr als 1100 Probanden wurde Panitumumab mit einer zytotoxischen Therapie kombiniert.
In der 203-Studie wurde in der Erst-Linien-Behandlung ein klassisches Chemotherapieregime (FOLFOX) mit Panitumumab kombiniert und mit der Chemotherapie ohne Antikörper verglichen. Es ist die erste randomisierte Studie, in der die Bedeutung des KRAS-Status als prädiktiver Biomarker für die Anti-EGFR-Erst-Linien-Therapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms untersucht wird.
Die Kombination mit Panitumumab verlängerte das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) der Patienten mit KRAS-Wildtyp signifikant um 1,6 Monate im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie. Ein Vorteil im Gesamtüberleben (OS) von 4,2 Monaten zugunsten der Kombination erreichte keine statistische Signifikanz (weitere Ergebnisse s. Tabelle).
Bei Patienten mit einer KRAS-Mutation war das progressionsfreie Überleben unter der Kombination signifikant geringer (7,3 Monate vs. 8,8 Monate; HR 1,29, p = 0,02). Dieser Trend – ein negativer Einfluss der Antikörpergabe bei einem mutierten KRAS-Gen – zeichnet sich auch beim Gesamtüberleben ab (Interimsanalyse).
Das Auftreten unerwünschter Ereignisse war in beiden Armen vergleichbar mit Ausnahme der für eine EGFR-Blockade typischen Toxizitäten wie Hautveränderungen, Diarrhö und Hypomagnesiämie.
Die 181-Studie vergleicht die Kombination einer Irinotecan-haltigen Chemotherapie (FOLFIRI) und Panitumumab mit der alleinigen Chemotherapie in der Zweitlinie.
Auch hier verlängerte die Kombination das mediane progressionsfreie Überleben der Patienten mit KRAS-Wildtyp signifikant um zwei Monate. Die zweimonatige Erhöhung der Gesamtüberlebenszeit unter der Kombination erreichte keine statistische Signifikanz.
Die Ansprechrate wurde unter der Kombination bei Patienten mit KRAS-Wildtyp um den Faktor 3 erhöht (Ergebnisse siehe Tabelle). Die unerwünschten Wirkungen waren dieselben wie in der 203-Studie.
Einige Ergebnisse der 181- und 203-Studie | ||||
203-Studie First-Line FOLFOX +/- Panitumumab | 181-Studie Second-Line FOLFIRI +/- Panitumumab | |||
Panitumumab | Kontrolle | Panitumumab | Kontrolle | |
KRAS- Bestimmung (%) | 93 | 91 | ||
Ansprechrate (%) | 55 | 48 | 35 | 10 |
Medianes PFS (Monate) | 9,6 (9,2 – 11,1) | 8,0 (7,5 – 9,3) | 5,9 (5,5 – 6,7) | 3,9 (3,7 – 5,3) |
Δ medianes PFS (Monate) | 1,6 | 2,0 | ||
Hazard Ratio | 0,80 (0,66 – 0,97) p = 0,02 | 0,73 (0,59 – 0,90) p = 0,004 | ||
Medianes OS (Monate) | 23,9 | 19,7 | 14,5 | 12,5 |
Δ medianes OS (Monate) | 4,2 | 2,0 | ||
Hazard ratio | 0,83 (0,87 – 1,02) p = 0,07 | 0,85 (0,70 – 1,04) p = 0,12 |
Im Gegensatz zur 203-Studie wurden bei Vorliegen einer KRAS-Mutation durch die zusätzliche Gabe des Antikörpers keine negativen Auswirkungen beobachtet.
Fazit: Der Zusatz von Panitumumab zu einer konventionellen Chemotherapie zeigt bei Vorliegen eines KRAS-Wildtyps signifikante Verbesserungen im progressionsfreien Überleben.
KRAS als prädiktiver Faktor
Eine KRAS-Mutation ist der erste prädiktive Biomarker, der bei der Behandlung des metastasierten kolorektalen Karzinoms berücksichtigt wird. Vor der Gabe von Panitumumab muss der Mutationsstatus bestimmt werden, um wirkungslose Therapien zu vermeiden. Allerdings sprechen auch bei Vorliegen eines Wildtyps nur etwa 60% der Patienten in der Erstlinientherapie auf eine Anti-EGFR-Therapie an.
KRAS ist ein Onkogen, das bei mehreren Karzinomen auftritt, insbesondere bei Tumoren des Kolon, der Lunge, des Pankreas und der Schilddrüse. Mutationen führen zu einer konstitutiven Aktivierung des EGFR-Wegs und lassen sich nicht mit Anti-EGFR-Wirkstoffen modifizieren. Die häufigsten Mutationen werden in den Codonen 12 und 13 des Exon 2 des KRAS-Gens entdeckt. Der Test wird am Formalin-fixierten und Paraffin-eingebetteten Gewebe durchgeführt. Die Zielregion des KRAS-Gens wird mit PCR amplifiziert und anschließend sequenziert. Für die Statusbestimmung – mutiert oder nicht-mutiert – werden Mutationen an den Codonen 12 und 13 berücksichtigt. Primärtumor und Metastasen weisen denselben Mutationsstatus auf.
Quelle Priv.-Doz. Dr. Florian Lordick, Braunschweig; Prof. Dr. Andreas Tannapfel, Bochum: "Therapie kolorektaler Karzinome 2010: Zielgenau und 100% human", Berlin, 26. Februar 2010, veranstaltet von der Amgen GmbH, München. Siena S., et al.: Randomized phase 3 study of panitumumab with FOLFOX4 compared to FOLFOX4 alone as first-line treatment in patients with metastatic colorectal cancer: the PRIME trial. Eur J Cancer 2009; 7(3suppl): 10LBA [203-Studie]. Peeters M., et al.: Randomized phase 3 study of panitumumab with FOLFIRI vs FOLFIRI alone as 2nd-line treatment in patients with metastatic colorectal cancer: Patient reported outcomes (PRO). Eur J Cancer 2009; 7 (3suppl): 14LBA [181-Studie].
Apothekerin Dr. Petra Jungmayr
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