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Interpharm 2010
Perioperatives Prozedere individuell entscheiden
Werden Thrombozytenfunktionshemmer präoperativ abgesetzt, drohen kardiale Ereignisse, wird die Therapie fortgesetzt drohen erhebliche Blutungskomplikationen während der Operation. Um das eine wie das andere zu verhindern, muss ein gangbarer Weg gefunden werden, der nicht immer einfach ist.
Problem Stentoperationen
Die Frage, bei welchen Patienten die Plättchenfunktionshemmer abgesetzt werden sollen und wie das Management prä-, peri- und postoperativ dann aussehen soll, ist in den letzten Jahren immer drängender geworden. Denn immer mehr Patienten erhalten einen koronaren Stent und benötigen deswegen eine duale Plättchenhemmung mit ASS und Clopidogrel. Sie ist notwendig, weil das Risiko der Restenosierung mit Stentokklusion hoch ist. Es liegt bei "bare metal stents" (BMS) zwischen 10 und 30%, bei "drug eluting stents" (DES) zwischen 5 und 10%. Die Letalität im Falle einer Restenosierung ist hoch, da das Ereignis akut auftritt und sich nicht durch Warnsignale, wie etwa eine Angina pectoris, ankündigt. Alle Patienten erhalten nach einer Stentoperation deshalb lebenslang ASS 100 mg. Zusätzlich wird Clopidogrel bei BMS über drei bis vier Wochen empfohlen, bei DES für sechs bis zwölf Monate. Immerhin 5% dieser Patienten benötigen im Folgejahr eine nicht-kardiale Operation. In Deutschland betrifft dies etwa 3700 Operationen pro Jahr, rechnete Koscielny vor. Bei ihnen muss das Prozedere genau überlegt werden, um die Risiken klein zu halten.
Individuelles Risiko ist entscheidend
Generell schlug Koscielny folgenden Algorithmus vor: Bei elektiven Eingriffen sollte bis zum Ende der Clopidogrelgabe abgewartet werden. Ist bereits bei der Stentoperation klar, dass im kommenden Jahr ein anderer Eingriff notwendig wird, empfehlen sich bare metal stents. Sie erfordern eine kürzere duale Plättchenhemmung als DES. Bei dringenden, aber nicht notfallmäßigen Eingriffen muss im Einzelfall unter Berücksichtigung des individuellen Risikos entschieden werden. Ins Kalkül gezogen werden müssen die Art des Stents, und damit die notwendige Dauer der dualen Plättchenhemmung, sowie mögliche Begleiterkrankungen des Patienten. Ebenfalls Einfluss hat die Art der Operation. So ist das Blutungsrisiko bei neurochirurgischen Eingriffen anders zu bewerten als Operationen der Extremitäten. "Operation ist nicht gleich Operation. Jeder chirurgische Eingriff hat sein eigenes Blutungsrisiko", so Koscielny.
Perioperatives Bridging bei Hochrisikoeingriff
Konkrete Empfehlungen zum Vorgehen in kritischen Situationen gibt es von der HICC (haemostasis in critical care). Bei kardiovaskulären Hochrisikopatienten (DES, kritische Stenose), die ASS und Clopidogrel erhalten, sollte die Operation danach möglichst verschoben werden, bis die kombinierte Plättchenhemmung nicht mehr notwendig ist. Ist ein Operationsverzicht nicht möglich, sollen ASS und Clopidogrel weiter gegeben werden. Bei Blutungen kann das Antifibrinolytikum Tranexamsäure genutzt werden. Desmopressin und Thrombozytenkonzentrate sollten bereitgestellt werden. Koscielny verwies hier allerdings auf eine Warnung des Paul-Ehrlich-Instituts, nach der es unter Thrombozytenkonzentraten zu Stent-Thrombosen und plötzlichen Todesfällen gekommen ist. Handelt es sich um einen Hochrisikoeingriff, ist ein perioperatives Bridging notwendig. ASS kann fortgeführt, Clopidogrel muss dagegen drei Tage vor der Operation gestoppt werden und kurz wirksame GPIIb/IIIa-Antagonisten wie Tirofiban eingesetzt werden. Niedermolekulares Heparin wird erstmals zwölf Stunden präoperativ zur Prophylaxe venöser Thrombosen gegeben. Am ersten Tag postoperativ kann dann wieder Clopidogrel verwendet werden.
ASS-Sekundärprophylaxe: einfach weiternehmen
Einfach ist die Situation dagegen bei Patienten, die nur ASS 100 mg einnehmen. Wird es als Primärprophylaxe eingesetzt, sollte es vor der Operation abgesetzt werden. Als Sekundärprophylaxe kann es fortgesetzt werden, außer bei Hochrisikoeingriffen. Dann sollte der Patient auch bei der ASS-Einnahme pausieren.
bf
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