Arzneimittel und Therapie

Welches Insulin nach Versagen oraler Therapie?

Einer aktuellen Studie zufolge sollten Typ-2-Diabetiker, die auf eine orale Therapie nicht mehr ansprechen, ein basales Insulin erhalten. Ist die Blutzuckerkontrolle dann noch immer unzulänglich, kann zusätzlich prandiales Insulin appliziert werden.

Für viele Typ-2-Diabetiker kommt der Zeitpunkt, an dem eine orale Therapie nur noch eine unzulängliche Blutzuckerkontrolle bewirkt. Um Spätschäden zu verhindern, ist ein Wechsel auf Insulin angezeigt. Hier stellt sich die Frage nach dem auszuwählenden Regime, da die verschiedenen Insuline wichtige Parameter wie Gewichtszunahme, Hyopglykämierisiko und glykämische Kontrolle unterschiedlich beeinflussen. In einer ersten Phase der 4-T-Studie (treating to target in Type 2 Diabetes) erhielten 708 Diabetiker mit suboptimaler glykämischer Kontrolle trotz maximaler Dosen an Metformin und Sulfonylharnstoffen zusätzlich Insulin und zwar

  • zweimal täglich biphasisches Insulinaspart (Novomix®); das heißt ein Mischinsulin
  • dreimal täglich prandiales Insulinaspart (Novorapid®); das heißt ein ultrakurz wirkendes Analoginsulin zu den Mahlzeiten oder
  • ein- bis zweimal täglich basales Insulindetemir (Levemir®); das heißt ein lang wirkendes Basalinsulin.

Erstes Studienjahr

Im ersten Studienjahr wurden diese drei Regime miteinander verglichen. Die bereits 2007 publizierten Ergebnisse zeigten eine bessere Wirksamkeit der prandialen und biphasischen Insuline im Vergleich zum Basalinsulin. So lag der mittlere HbA1c -Wert unter einer prandialen Therapie bei 7,2% (Senkung um 1,1%), unter dem biphasischen Regime bei 7,3% (Abnahme um 1%) und nach der basalen Gabe bei 7,6% (Reduktion um 0,5%). Allerdings war die Gewichtszunahme unter dem basalen Insulin am geringsten und es traten signifikant weniger Hypoglykämien auf. Die überwiegende Mehrzahl aller Patienten erreichte den angestrebten HbA1c-Wert (< 6,5%) mit keinem der drei Therapieregime. In einer zweiten Studienphase sollte daher untersucht werden, ob eine Intensivierung der Therapie zu besseren Ergebnissen führt. Die Regime sahen dabei wie folgt aus:

  • Sulfonylharnstoffe wurden in jeder Gruppe abgesetzt.
  • Zur basalen Therapie wurde zusätzlich dreimal täglich prandiales Insulin verabreicht.
  • Zum prandialen Insulin wurde zusätzlich ein Basalinsulin gegeben.
  • Zum biphasischen Insulin wurde zusätzlich ein prandiales Insulin verabreicht.

Wichtige Studienendpunkte waren unter anderem die HbA1c-Werte, der Anteil der Patienten, der einen HbA1c-Wert von < 6,5% erreichte, die Anzahl der Hypoglykämien, die Gewichtszunahme und die Lebensqualität.

Ergebnisse nach drei Jahren

  • Nach drei Jahren unterschieden sich die HbA1c-Werte nur noch marginal und lagen bei durchschnittlich 6,9%. Allerdings wurde der angestrebte HbA1c-Zielwert unter dem prandialen und basalen Regime von mehr Patienten erreicht als unter der biphasischen Insulingabe (siehe Tabelle).
  • Patienten, die mit Basalinsulin begonnen hatten, erlitten mit 1,7 Episoden pro Patientenjahr die wenigsten Hypoglykämien und erfuhren mit 3,6 kg die geringste Gewichtszunahme. Die meisten Hypoglykämien (5,7 Episoden pro Patientenjahr) und die höchste Gewichtszunahme (6,4 kg) traten bei den Patienten auf, die mit einer prandialen Therapie begonnen hatten (siehe Tabelle).
  • Weitere unerwünschte Wirkungen waren in allen drei Gruppen vergleichbar.
  • Die Lebensqualität (ermittelt mithilfe der European Quality of Life 5 Dimension-Skala) wurde unter der basalen Therapie etwas höher eingestuft als unter den anderen zwei Therapieregimen.

Einige Ergebnisse der 4-T-Studie nach drei Jahren

biphasisches
Insulin
prandiales
Insulin
basales
Insulin
HbA1c
7,1%
6,8%
6,9%
HbA1c -Abnahme
–1,3%
–1,4%
–1.2%
HbA1c ≤ 6,5%
31,9%
44,8%
43,2%
HbA1c ≤ 7%
49,4%
67,4%
63,2%
Gewichtszunahme
+5,7 kg
+6,4 kg
+3,6 kg
Hypoglykämien
(Anzahl der Episoden
pro Patientenjahr
3
5,7
1,7

Fazit

Diese Daten stützen die Empfehlung, bei Typ-2-Diabetikern, die nicht mehr auf eine orale Therapie ansprechen, mit einem Basalinsulin zu beginnen. Ist die Blutzuckereinstellung dann noch immer unzureichend, kann ein prandiales Insulin dazugegeben werden. Zu klären bleibt, ob durch dieses Vorgehen auch die Langzeitfolgen des Diabetes verringert werden können und ob mit Humaninsulinen – in der 4-T-Studie wurden nur Analoginsuline der Firma Novo eingesetzt – dieselben Ergebnisse erzielt werden.


Quelle

Holman R.: et al.: Three-year efficacy of complex insulin regimes in type 2 diabetes. N Engl J Med 361, 1736 – 747 (2009).

Roden M.: Optimal insulin treatment in type 2 diabetes. N Engl J Med 361, 1801 – 1803 (2009).


Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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