Aus Kammern und Verbänden

Münsteraner Gesundheitserklärung

Um die Zukunft der Gesundheitsberufe und der Gesundheitsversorgung ging es bei den 1. Münsteraner Gesundheitsgesprächen am 14. und 15. April. Auf Einladung der Apothekerkammer Westfalen-Lippe nahmen einflussreiche Politiker sowie Vertreter aus Medizin und Pharmazie, von Kassen und Patientenorganisationen an der fachübergreifenden Diskussion teil.
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann mit Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening.
Foto: AVWL

"Es ist wichtig, jetzt die Weichen zur Zukunftssicherung zu stellen. Wir sehen das große Interesse an der Veranstaltung sowie die Unterzeichnung der 1. Münsteraner Gesundheitserklärung als wichtiges Signal für eine positive Entwicklung im Gesundheitsbereich", sagte Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe.

Neben NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU), Michael Kauch (FDP, MdB) und Maria Klein-Schmeink (Bündnis 90/Die Grünen, MdB) sprachen Jens Spahn, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion, Dr. Anna Boos (SPD, MdL) sowie Prof. Dr. Adelheid Kuhlmey, Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen.

Folgen des demografischen Wandels

Inhaltlich waren sich die Referenten einig: Der demografische Wandel stellt Politik, Gesundheitsberufe und Betroffene vor enorme Hürden. Da die Deutschen im Durchschnitt immer älter werden und die Bevölkerungszahl weiter sinkt, werden künftig immer weniger Beitragszahler für immer mehr ältere Menschen mit einem hohen Versorgungsbedarf Beiträge entrichten. Das heißt, dass die Finanzierung des Gesundheitswesens immer schwieriger werden wird. "Dass wir in einer alternden Gesellschaft leben, ist uns mittlerweile auf theoretischer Ebene vertraut. Die praktischen Herausforderungen, die in diesem Zusammenhang auf uns zukommen, sind dabei bei Weitem weniger klar", so Laumann. Damit meinte er den zunehmenden Ärztemangel sowie den Nachwuchsmangel bei den Apothekern und die damit verbundene lückenhafte Arzneimittelversorgung weiter Bevölkerungskreise.

Um ihren Forderungen den nötigen Nachdruck zu verleihen, unterzeichneten mehrere Gesundheitsverbände am 15. April die "1. Münsteraner Gesundheitserklärung", die ein Statement zur Zukunft der Branche in Westfalen-Lippe formuliert.

Im Kern sprechen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Veranstaltung dafür aus, die Herausforderungen der Demografie in der Gesundheitsversorgung jetzt anzunehmen und die notwendigen Weichenstellungen für die Zukunft vorzunehmen. Im Gesundheitswesen sehen die Unterzeichner vier zentrale Herausforderungen und Trends:

  • Multimorbidität, also das gleichzeitige Auftreten mehrerer Krankheiten.
  • Gefahr von Versorgungsmängeln durch mangelnde räumliche Präsenz.
  • Trend zu mehr Selbstverantwortung (bis hin zur Eigendiagnose) und verstärkter Selbstmedikation.
  • In der Konsequenz eine fortschreitende Abnahme der Patientensicherheit.

Für Initiative "Zukunft der Gesundheitsvorsorge"

Die Unterzeichner der 1. Münsteraner Gesundheitserklärung rufen daher dazu auf, "heute gemeinsam die Lösungen für morgen zu erarbeiten". Nordrhein-Westfalen könne eine Pilotfunktion übernehmen und als einwohnerstärkstes Bundesland Vorreiter für die Zusammenarbeit aller beteiligten Gruppen sein. Daher fordern die Partner "die Handelnden im Gesundheitswesen und in der Politik in Land und Bund auf, zeitnah die Initiative ‚Zukunft der Gesundheitsvorsorge’ ins Leben zu rufen".

Da sicher ist, dass der weitere Zugang zu medizinischem Fortschritt für die gesamte Bevölkerung erhebliche Kosten verursachen wird, lehnen die Unterzeichner "ein System der verdeckten Rationierung, wie sie in staatlich finanzierten Systemen mit Wartezeiten oder der Verweigerung von Therapien vorkommt, nachdrücklich ab".

Wenn künftig die gleichen Leistungen wie heute finanziert werden sollen, müssen die Beiträge oder die Steuerzuschüsse erheblich steigen. Das kann so nicht erwartet werden. Die Unterzeichner appellieren an die Partner der zu schaffenden Initiative "Zukunft der Gesundheitsversorgung", hier eine ebenso klare wie mutige Aussage zu treffen. Die Versicherten sollten sich so früh wie möglich verlässlich darauf einstellen, was in Zukunft von der Solidargemeinschaft abgesichert wird und wofür sie selbst vorsorgen müssen.

Fakt ist: In verschiedenen Landstrichen bluten kleinere Gemeinden und Städte in den nächsten Jahrzehnten förmlich aus. Die Bündnispartner fordern insbesondere aus der Politik Strategien, diese Entwicklung deutlich zu bremsen. Zu diskutieren sind beispielsweise Startprämien für im Aufbau befindliche Landarztpraxen oder für deren Fortführung sowie die künftige Bedeutung von Facharztpraxen und Ärztehäusern.

Bedarf an Heilberuflern wächst

Die Unterzeichner der 1. Münsteraner Gesundheitserklärung sind zudem der Überzeugung, dass aufgrund der demografischen Entwicklung und der damit einhergehenden zunehmenden Krankheitshäufigkeit ein wachsender Bedarf an Heilberuflern notwendig sein wird. Schon jetzt ist absehbar, dass die ausreichende Versorgung eine weitere Herausforderung sein wird, da es an ärztlichem, pharmazeutischem und pflegerischem Personal mangeln wird.

Die Aufgabe der Initiative "Zukunft der Gesundheitsversorgung" wäre es, Wege gegen die bereits seit Jahren bestehende Abwanderung qualifizierter Ärztinnen und Ärzte zu erarbeiten sowie mehr Pharmaziestudienplätze zu schaffen. Gabriele Regina Overwiening: "Der Personalmangel im Apothekenbereich würde mittelfristig zu weniger Beratung, schwächerer Arzneimittel-Risikominimierung und damit geringerer Arzneimittelsicherheit, de facto also zu einem schlechteren Verbraucherschutz führen."

Quelle: AK Westfalen-Lippe

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