Arzneimittel und Therapie

Nicht nur aufs Herz, sondern auch auf die Nieren prüfen

Lange Zeit stand das Herz im Fokus der medizinischen Bemühungen. Die Nieren wurden demgegenüber vernachlässigt. Dabei steigert auch eine Niereninsuffizienz das kardiovaskuläre Risiko. Sich früher zumindest bei Patienten mit Hypertonie und/oder Diabetes um eine adäquate Diagnostik einer Nierenschädigung zu bemühen, haben Mediziner beim Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin in Wiesbaden gefordert.

Rund 14% der deutschen Bevölkerung leiden unter einer eingeschränkten Nierenfunktion, viele von ihnen, ohne dies zu wissen. Denn nach wie vor führen die Nieren noch eine Art medizinisches Schattendasein. Dabei nimmt die Prävalenz der Niereninsuffizienz stetig zu. Aus den USA ist bekannt, dass die Prävalenz der Störung in den vergangenen elf Jahren um 30 Prozent zugenommen hat. Parallel dazu ist zugleich die Zahl der Menschen gestiegen, die einer Dialysebehandlung bedürfen.

Das potenzielle Nierenversagen ist aber nicht der einzige Grund dafür, dass zunehmend gefordert wird, regelmäßig die Nierenfunktion zu kontrollieren. Denn die Niereninsuffizienz ist ein eigenständiger Risikofaktor für Herz und Gefäße, wobei das Risiko eines kardiovaskulären Ereignisses in Abhängigkeit vom Grad der Niereninsuffizienz ansteigt. Es ist somit besonders hoch bei Patienten unter einer Dialysetherapie.

Die Calcifizierung der Gefäße beginnt allerdings schon lange vor der Dialysebehandlung.

Calciumfreie Phosphatbinder nutzen

Da neben der Gefäßverkalkung auch erhöhte Phosphatspiegel mit einem zusätzlichen kardiovaskulären Risiko assoziiert sind, werden Dialysepatienten in aller Regel mit einem Phosphatbinder behandelt. Damit soll das überschüssige Phosphat aus dem Körper eliminiert werden. Allerdings ist es ratsam, einen calciumfreien Phosphatbinder einzusetzen, um nicht die Calciumlast der Patienten weiter zu steigern und damit die weitere Gefäßverkalkung zu begünstigen. Calciumfreie Phosphatbinder wie Sevelamer haben zudem günstige pleiotrope Effekte. Denn sie senken nicht nur die Phosphatspiegel, sondern auch das Cholesterin, was sich zusätzlich günstig auf das kardiovaskuläre Risiko auswirken dürfte. Sevelamer bessert außerdem die Endothelfunktion und senkt Entzündungsparameter wie das C-reaktive Protein.

Je früher der Progression der Niereninsuffizienz dabei Einhalt geboten wird, umso effektiver können die Nieren vor weiteren Schädigungen und vor dem akuten Nierenversagen bewahrt werden. Damit kann zugleich verhindert werden, dass die kardiovaskuläre Gefährdung über Gebühr ansteigt. Es sollte deshalb im Falle einer manifesten Nierenerkrankung bereits frühzeitig ein Nephrologe mit hinzugezogen werden. Zudem sollten Patienten mit einem Serum-Kreatinin von mehr als 1,5 mg mindestens einmal jährlich beim Nephrologen vorstellig werden.

Quelle Prof. Dr. Markus Kettler, Coburg: Priv.-Doz. Dr. Jan T. Kielstein, Hannover: Symposium und Meet the Expert "Frühes Erkennen und Handeln bei Niereninsuffizienz", Wiesbaden, 11. April 2010, im Rahmen des 116. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin, veranstaltet von der Genzyme GmbH, Neu-Isenburg.

 


Medizinjournalistin Christine Vetter

Phosphatbinder


Es gibt verschiedene Arten von Phosphatbindern mit unterschiedlichen Nutzen-Risiko-Profilen. Praktisch nicht mehr therapeutisch genutzt werden heutzutage die früher üblichen aluminiumhaltigen Phosphatbinder, da Aluminium im Darm resorbiert wird und es zur Akkumulation und in der Folge zu toxischen Erscheinungen und Schädigungen des zentralen Nervensystems kommen kann. In den 90er Jahren haben sich daher calciumhaltige Phosphatbinder etabliert, die allerdings neueren Erkenntnissen zufolge ebenfalls nicht völlig unbedenklich sind. Zwar korreliert ein erhöhter Serumcalciumspiegel anders als ein erhöhter Serumphosphatspiegel nicht direkt mit einem erhöhten Mortalitätsrisiko, wohl aber indirekt über eine Gefäßverkalkung.

Es werden deshalb zunehmend calciumfreie Phosphatbinder wie Sevelamerhydrochlorid (Renagel®) und das neue Sevelamercarbonat (Renvela®) eingesetzt. Die Verwendung eines Serum-Carbonat-Puffers anstelle von Hydrochlorid wirkt sich günstig auf die gastrointestinale Verträglichkeit aus. Sevelamer wird nicht resorbiert, sodass es nicht zu Belastungen des Patienten durch Calcium oder Metalle kommt.

Sevelamercarbonat hat die gleiche polymere Struktur wie Sevelamerhydrochlorid, das bereits seit dem Jahr 2000 erfolgreich in Deutschland angewandt wird. Auch bei dem neuen Präparat werden den Studien zufolge die Phosphatspiegel effektiv in den von der Kidney Disease Outcomes Quality Initiative (KDOQI) definierten Zielbereich gesenkt.

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