Aus Kammern und Verbänden

Wunschtraum "ewige Jugend"

Die demografische Entwicklung mit einer zunehmend älteren Bevölkerung ist unübersehbar. Andrerseits wünschen sich auch ältere Menschen Jugendlichkeit. Es ist daher verständlich, dass die Nachfrage nach Produkten zur Körperpflege und gegen Alterserscheinungen steigt. Die Werbung suggeriert oft Wirkungen, die nicht eingehalten werden können. Der Deutsche Pharmazeutinnen Verband hat bei seiner Mitgliederversammlung am 14. März in Frankfurt zwei Vorträge hierzu angeboten.
Dr. Sybille Buchwald-Werner
Foto: dpv

Kosmetische oder pharmazeutische Zubereitung?

"Dermatologische Produkte, kosmetischen Produkte, Cosmeceuticals – wo sind die Unterschiede?" Das fragen sich viele Verbraucher, wenn sie auf der Suche nach dem richtigen Produkt für ihre Bedürfnisse sind. Damit die Freude beim Kauf eines Pflegeproduktes nicht in Frust umschlägt, ist die fachliche Beratung der Apotheker gefordert. Allerdings fällt es auch dem Fachpersonal nicht immer leicht, die zur Verfügung stehenden Produkte einzuordnen und zu bewerten. Über dieses Thema referierte Dr. Sybille Buchwald-Werner, Düsseldorf.

Für den Verbraucher sind Qualität und Wirksamkeit wichtig. Begriffe wie "natürliche Inhaltstoffe" oder "frei von (z. B. Konservierungsmitteln)" verbindet er mit hoher Qualität und guter Verträglichkeit. Technisch geprägte Begriffe wie die "Firewall für die Haut" oder "Turbo-Beauty" kommunizieren erfolgreich, dass ein Produkt wirksam ist. Die Kaufentscheidung ist abhängig vom emotionalen Gesamtkonzept, das vom Produkt und dem Beratungsgespräch bestimmt wird.

Für den Apotheker ist neben der Qualität und der Auslobung auch der rechtliche Status als kosmetische oder pharmazeutische Zubereitung wichtig. Eine Creme für gereizte Haut kann sowohl ein Arzneimittel als auch ein Kosmetikum sein, denn die Übergänge zwischen der Beeinflussung des Zustandes oder der Funktion des Körpers (AMG) und der Körperpflege (LFGB) sind fließend. Eine Überlappung findet man nicht nur in den Auslobungen, es werden auch gleiche Wirkstoffe in Arzneimitteln und Kosmetika verwendet, wie zum Beispiel D-Panthenol oder Nachtkerzenöl.

Alle Inhaltsstoffe für Kosmetika sind zulassungspflichtig, daher kann man in Deutschland mit einer hohen Qualität rechnen. Eine Zulassungspflicht für kosmetische Zubereitungen besteht allerdings nicht. Da die Eigenschaften des Fertigproduktes zusätzlich bestimmt werden von der Konzentration der Inhaltsstoffe und der Formulierung der Grundstoffe, sollte auf Wirksamkeitsnachweise auch des Endproduktes geachtet werden. Oft werden Hautmessungen mit subjektiven Bewertungskriterien (Fragebögen) kombiniert.

Durch neue Begriffe versuchen die Hersteller ihre Produkte aufzuwerten. So wird der Begriff "Cosmeceuticals", zusammengesetzt aus Kosmetika und Pharmazeutika, für kosmetische Produkte verwendet, die meist eine nachgewiesene spezifische Wirkung und ein medizinisches beratungsintensives Vermarktungskonzept verfolgen.

In der Diskussion wurden von den Teilnehmern auch die erstaunlichen Preisunterschiede angesprochen. Die Gründe sind vielfältig; eine wichtige Rolle neben Qualität und Wirksamkeitsnachweisen spielt dabei die Parfümierung, die wiederum für das Wohlgefühl bedeutsam ist.

Wunschtraum ewige Jugend – Anti-Aging?

"Anti-Aging ist eine Bezeichnung für Maßnahmen, die zum Ziel haben, die biologische Alterung der Menschen hinauszuzögern, die Lebensqualität im Alter möglichst lange auf hohem Niveau zu erhalten und auch das Leben insgesamt zu verlängern. Wodurch werden unser Alter und der Alterungsprozess wesentlich beeinflusst?" – so die Definition und logische Frage, die Prof. Dr. Karen Nieber, Leipzig, an den Anfang ihres Vortrages stellte.

Wir wissen heute, dass die Lebenserwartung der Menschen zu 30 bis 70% von den Genen bestimmt wird. Wir kennen Faktoren, die den Alterungsprozess beschleunigen wie starker Nicotin- und Alkoholgenuss, Übergewicht, Schlafmangel, Stress, Umweltverschmutzung. Aber auch biochemische Prozesse wie die Bildung von freien Radikalen und das kontinuierliche Absinken der Konzentration verschiedener Hormone werden als wesentliche Ursachen des Alterungsprozesses angesehen. Diese Prozesse versucht man durch Medikamente zu beeinflussen.

Von den angepriesenen Substanzen sind Dehydroepiandrosteron (DHEA), Melatonin und Vitamin E am besten erforscht.

Drei Wirkungsmechanismen werden für DHEA als Anti-Aging-Produkt diskutiert.

  • Es ist die Vorstufe sowohl für Androgene als auch für Östrogene.
  • Es wirkt direkt auf das Gefäßendothel durch Erhöhung der NO-Synthase-Aktivität.
  • Als Neurosteroid wirkt es auf Sigma-, GABA- und NMDA-Rezeptoren.

Studien belegen eine Wirksamkeit von DHEA bei Nebenniereninsuffizienz, Depressionen und chronischen depressiven Verstimmungen. Bei gesunden älteren Menschen konnte allerdings in keiner Studie eine Wirksamkeit nachgewiesen werden. DHEA wird derzeit in Deutschland als Kombinationspräparat (zusammen mit Estradiolvalerat) zur Behandlung charakteristischer Symptome im Klimakterium der Frau oder nach Ovarektomie oder Strahlenkastration eingesetzt und darf nur auf ärztliche Verordnung abgegeben werden, auch wenn es in einigen Ländern als Nahrungsergänzungsmittel vertrieben wird. Diese Regelung ist sicherlich berechtigt; denn es ist nicht auszuschließen, dass DHEA das Wachstum hormonabhängiger Tumoren fördert.

Auch von Melatonin weiß man, dass die körpereigene Produktion im Alter deutlich nachlässt. Melatonin bestimmt wesentlich den Tag-Nacht-Rhythmus. In der Nacht ist die Konzentration um den Faktor 10 erhöht. Es wird vermutet, dass die abnehmende Konzentration bei alten Menschen eine Ursache für deren Schlafstörungen ist. Auch beim Jetlag und bei der Schichtarbeit ist der Melatoninrhythmus gestört. In mehreren Studien ist die Wirksamkeit von Melatonin bei Schlafstörungen älterer Menschen belegt. Deshalb ist Melatonin in retardierter Form zur kurzfristigen Behandlung der primären Insomnie bei Patienten ab 55 Jahren zugelassen. Die Retardierung ist erforderlich, da die Substanz sehr schnell über CYP-Enzyme abgebaut wird. Die Halbwertzeit liegt bei 30 bis 35 Minuten. Für die Anwendung bei Jetlag und bei Schlafstörungen von Schichtarbeitern gibt es noch keine Zulassung, aber die bisherigen wissenschaftlichen Untersuchungen sind vielversprechend.

Auch bei dieser Substanz sollte unbedingt eine ärztliche Überwachung erfolgen. Missbrauch und zeitlich falsche Einnahme können zu Störungen des zirkadianen Rhythmus führen.

Ein positiver Effekt von Melatonin auf Alterungsprozesse wurde aufgrund seiner Eigenschaft als Radikalfänger erwartet, konnte aber nicht bestätigt werden.

Als dritte Substanz stellte Nieber Untersuchungen zu Vitamin E als Radikalfänger vor. Die Versprechungen sind vielfältig: Eine ergänzende Zufuhr von Vitamin E soll präventiv gegen Arteriosklerose und Tumorerkrankungen wirken, die Immunfunktion fördern, die Symptomatik rheumatischer Erkrankungen verbessern und auf verschiedenen Ebenen positive Einflüsse auf den Krankheitsverlauf des Diabetes haben. Vitamin E soll auch vor Herzinfarkten, Krebs und Morbus Alzheimer schützen, den Alterungsprozess verlangsamen, die roten Blutkörperchen schützen, Muskeln und Nerven stärken, die Durchblutung verbessern und Gefäßablagerungen verhindern.

Leider konnte keine dieser Verheißungen in Evidenz-basierten Studien nachgewiesen werden. Im Gegenteil: Hohe Dosen Vitamin E scheinen die Lebenserwartung zu verkürzen.

Einen positiven Effekt zeigt Vitamin E in der Dermatologie. Die nachgewiesene photoprotektive Wirkung wird in der Kosmetik genutzt. Diskutiert wird auch der Einsatz bei atopischer Dermatitis; die tägliche Einnahme von 400 IU führt zu einer Absenkung der IgE-Serumkonzentration und zu einer Abnahme der Symptome.

Die Referentin resümierte:

Alle drei Substanzen haben pharmakologische Wirkungen, die zum Teil durch gute klinische Studien belegt sind. Eine Anwendung unter ärztlicher Kontrolle bei ausgewählten Symptomen kann sinnvoll sein. Von einer unkontrollierten Anwendung ist wegen der möglichen Nebenwirkungen abzuraten. Das gilt auch für das Anti-Aging. Nieber sagte wörtlich: "DHEA, Melatonin und Vitamin E können die Versprechungen der Anbieter hinsichtlich einer Anti-Aging-Wirkung nicht erfüllen. Die Hoffnung, eine Substanz allein könne den komplexen Vorgang des Älterwerdens aufhalten oder gar rückgängig machen, ist wohl ein Irrglaube."


Antonie Marqwardt, dpv
Prof. Dr. Karen Nieber
Foto: dpv

Wunschtraum ewige Jugend – Anti-Aging?

"Anti-Aging ist eine Bezeichnung für Maßnahmen, die zum Ziel haben, die biologische Alterung der Menschen hinauszuzögern, die Lebensqualität im Alter möglichst lange auf hohem Niveau zu erhalten und auch das Leben insgesamt zu verlängern. Wodurch werden unser Alter und der Alterungsprozess wesentlich beeinflusst?" – so die Definition und logische Frage, die Prof. Dr. Karen Nieber, Leipzig, an den Anfang ihres Vortrages stellte.

Wir wissen heute, dass die Lebenserwartung der Menschen zu 30 bis 70% von den Genen bestimmt wird. Wir kennen Faktoren, die den Alterungsprozess beschleunigen wie starker Nicotin- und Alkoholgenuss, Übergewicht, Schlafmangel, Stress, Umweltverschmutzung. Aber auch biochemische Prozesse wie die Bildung von freien Radikalen und das kontinuierliche Absinken der Konzentration verschiedener Hormone werden als wesentliche Ursachen des Alterungsprozesses angesehen. Diese Prozesse versucht man durch Medikamente zu beeinflussen.

Von den angepriesenen Substanzen sind Dehydroepiandrosteron (DHEA), Melatonin und Vitamin E am besten erforscht.

Drei Wirkungsmechanismen werden für DHEA als Anti-Aging-Produkt diskutiert.

  • Es ist die Vorstufe sowohl für Androgene als auch für Östrogene.
  • Es wirkt direkt auf das Gefäßendothel durch Erhöhung der NO-Synthase-Aktivität.
  • Als Neurosteroid wirkt es auf Sigma-, GABA- und NMDA-Rezeptoren.

Studien belegen eine Wirksamkeit von DHEA bei Nebenniereninsuffizienz, Depressionen und chronischen depressiven Verstimmungen. Bei gesunden älteren Menschen konnte allerdings in keiner Studie eine Wirksamkeit nachgewiesen werden. DHEA wird derzeit in Deutschland als Kombinationspräparat (zusammen mit Estradiolvalerat) zur Behandlung charakteristischer Symptome im Klimakterium der Frau oder nach Ovarektomie oder Strahlenkastration eingesetzt und darf nur auf ärztliche Verordnung abgegeben werden, auch wenn es in einigen Ländern als Nahrungsergänzungsmittel vertrieben wird. Diese Regelung ist sicherlich berechtigt; denn es ist nicht auszuschließen, dass DHEA das Wachstum hormonabhängiger Tumoren fördert.

Auch von Melatonin weiß man, dass die körpereigene Produktion im Alter deutlich nachlässt. Melatonin bestimmt wesentlich den Tag-Nacht-Rhythmus. In der Nacht ist die Konzentration um den Faktor 10 erhöht. Es wird vermutet, dass die abnehmende Konzentration bei alten Menschen eine Ursache für deren Schlafstörungen ist. Auch beim Jetlag und bei der Schichtarbeit ist der Melatoninrhythmus gestört. In mehreren Studien ist die Wirksamkeit von Melatonin bei Schlafstörungen älterer Menschen belegt. Deshalb ist Melatonin in retardierter Form zur kurzfristigen Behandlung der primären Insomnie bei Patienten ab 55 Jahren zugelassen. Die Retardierung ist erforderlich, da die Substanz sehr schnell über CYP-Enzyme abgebaut wird. Die Halbwertzeit liegt bei 30 bis 35 Minuten. Für die Anwendung bei Jetlag und bei Schlafstörungen von Schichtarbeitern gibt es noch keine Zulassung, aber die bisherigen wissenschaftlichen Untersuchungen sind vielversprechend.

Auch bei dieser Substanz sollte unbedingt eine ärztliche Überwachung erfolgen. Missbrauch und zeitlich falsche Einnahme können zu Störungen des zirkadianen Rhythmus führen.

Ein positiver Effekt von Melatonin auf Alterungsprozesse wurde aufgrund seiner Eigenschaft als Radikalfänger erwartet, konnte aber nicht bestätigt werden.

Als dritte Substanz stellte Nieber Untersuchungen zu Vitamin E als Radikalfänger vor. Die Versprechungen sind vielfältig: Eine ergänzende Zufuhr von Vitamin E soll präventiv gegen Arteriosklerose und Tumorerkrankungen wirken, die Immunfunktion fördern, die Symptomatik rheumatischer Erkrankungen verbessern und auf verschiedenen Ebenen positive Einflüsse auf den Krankheitsverlauf des Diabetes haben. Vitamin E soll auch vor Herzinfarkten, Krebs und Morbus Alzheimer schützen, den Alterungsprozess verlangsamen, die roten Blutkörperchen schützen, Muskeln und Nerven stärken, die Durchblutung verbessern und Gefäßablagerungen verhindern.

Leider konnte keine dieser Verheißungen in Evidenz-basierten Studien nachgewiesen werden. Im Gegenteil: Hohe Dosen Vitamin E scheinen die Lebenserwartung zu verkürzen.

Einen positiven Effekt zeigt Vitamin E in der Dermatologie. Die nachgewiesene photoprotektive Wirkung wird in der Kosmetik genutzt. Diskutiert wird auch der Einsatz bei atopischer Dermatitis; die tägliche Einnahme von 400 IU führt zu einer Absenkung der IgE-Serumkonzentration und zu einer Abnahme der Symptome.

Die Referentin resümierte:

Alle drei Substanzen haben pharmakologische Wirkungen, die zum Teil durch gute klinische Studien belegt sind. Eine Anwendung unter ärztlicher Kontrolle bei ausgewählten Symptomen kann sinnvoll sein. Von einer unkontrollierten Anwendung ist wegen der möglichen Nebenwirkungen abzuraten. Das gilt auch für das Anti-Aging. Nieber sagte wörtlich: "DHEA, Melatonin und Vitamin E können die Versprechungen der Anbieter hinsichtlich einer Anti-Aging-Wirkung nicht erfüllen. Die Hoffnung, eine Substanz allein könne den komplexen Vorgang des Älterwerdens aufhalten oder gar rückgängig machen, ist wohl ein Irrglaube."


Antonie Marqwardt, dpv

Internet


Präsentation von Dr. Sybille Buchwald-Werner:

http://www.vitalsolutions.biz/cms/docs/F9259/dpv_AbgrenzungKosmetikaArzneimittel_03_2010_VitalSolutions.pdf

Präsentation von Prof. Dr. Karen Nieber erhältlich bei

info@pharmazeutinnen.de

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.