Apotheke und Krankenhaus

Die Kalkulation der Arzneimittel im DRG-System

Im Jahr 2003 hatte Klaus Grimm auf der damaligen Jahrestagung des BVKA ein Benchmark von 13 Akutkrankenhäusern vorgestellt. Die Arzneimittelkosten lagen seinerzeit in diesen Häusern dicht beieinander, wenn man die Kosten pro Einzelfall betrachtete. So betrugen im Versorgungsbereich der Kronen Apotheke Marxen für das gesamte Jahr 2002 die Kosten pro Fall in neun Häusern zwischen 63,27 € und 69,99 €, damit von einem Mittelwert nur ca. 5% abweichend. Drei Krankenhäuser lagen noch deutlich darunter, das niedrigste bei 50,13 €, während ein Krankenhaus erst im Laufe des Jahres 2002 in die Versorgung gelangte, nachdem die dortige Krankenhausapotheke im Februar aufgelöst worden war. Die Kosten der Arzneimittel betrugen in den verbleibenden 10 Monaten pro Fall 109,27 €.
Klaus Ruberg

Klaus Grimm und Klaus Ruberg konnten in diesem Jahr zeigen, dass sich die Kosten inzwischen ganz unterschiedlich entwickelt haben. Das kostengünstigste Haus des Jahres 2002 lag im Jahr 2008 noch etwas unter den 50,13 € bei 48,08 €. Aus den 109,27 € wurden sechs Jahre später 71,97 €, was bezogen auf über 16.000 Fälle pro Jahr einen Einsparbetrag von mehr als 600.000 € ausmacht. Alle genannten €-Beträge enthielten die komplette Dienstleistung der Apotheke und die Mehrwertsteuer, die bekanntlich im Jahr 2007 sogar von 16 auf 19% erhöht wurde.

Absolute Kosten: Wenig Aussagekraft

Dagegen stiegen die Kosten in einem Haus um mehr als das Dreifache, da sich dort inzwischen ein onkologischer Schwerpunkt etabliert hat. Gab es im Jahr 2002 keine großen Unterschiede innerhalb des Versorgungsbereiches der Apotheke, so zeigt diese Entwicklung, dass eine Vergleichbarkeit der absoluten Kosten für Arzneimittel nur noch wenig Aussagekraft enthält.

Bekanntlich wurde inzwischen das Entgeltsystem im Krankenhaus verändert. Nach einer Einführungsphase von 2004 bis 2006 gilt auf Bundesebene das DRG-System mit einem Fallpauschalen-Katalog und den dazugehörigen Abrechnungsbestimmungen. Die Zuständigkeit liegt seit 2007 beim InEK, dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus. Jede DRG hat eine Bewertungsrelation, ein Kostengewicht ("Punkte") und die Summe aller Punkte ergibt den Casemix (CM) eines Krankenhauses. Wenn der Casemix durch die DRG-Fallzahl geteilt wird, so erhält man den Casemix Index (CMI).


G-DRG-Browser 2010, © IneK GmbH
Foto: Ruberg/Grimm

Ungenügende Vergütung von teuren Arzneimitteln

In diesem System hat sich herausgestellt, dass besonders teuere Arzneimittel in den DRG-Pauschalen nur ungenügend vergütet werden. Deshalb wurden sogenannte Zusatzentgelte eingeführt, die in einem Katalog aufgelistet dem Krankenhaus einen angemessenen Ausgleich bringen sollen. Dabei ist zu beachten, dass einige Zusatzentgelte vom Krankenhaus individuell zu vereinbaren sind, was auch für Arzneimittel gilt, die unter die neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB) fallen. Bezüglich der Vergütung wies Klaus Ruberg besonders darauf hin, dass die Einsatzmengen der Wirkstoffe und deren Entgelt häufig nicht mit den Mengen in den Arzneiformen korrelieren. Die Zusatzentgelte sollen zwar nicht die Gesamtkosten der eingesetzten Arzneimittel abbilden, aber bei der Dosierung einiger Präparate liegt das Entgelt für das Krankenhaus sehr ungünstig. Hier sollte die Versorgungsapotheke mit den aktuellen Einkaufskonditionen für Kostentransparenz sorgen. Darüber hinaus kann die Apotheke durch zeitnahe Aufstellungen dem Controlling des Krankenhauses die Zusatzentgelt-Produkte melden, damit eine vollständige Verschlüsselung noch rechtzeitig überprüft werden kann.


Anlage 5: Zusatzentgelte-Katalog G-DRG-Version 2010 © IneK GmbH
Foto: Ruberg/Grimm

Wenn die Arzneimittelkosten steigen

Klaus Grimm zeigte die besondere Entwicklung in einem Krankenhaus, in dem durch eine größere Umstrukturierung in den Abteilungen die Kosten für Arzneimittel in einem Jahr um fast 30% gestiegen waren. Für die Apotheke und die beratenden Apotheker ist dieses erst einmal eine schwierige Situation, weil gerade bei einem externen Versorger zumindest eine Teilschuld vermutet wird. In dem genannten Beispiel wurden daher die Zusatzentgelte, die sich fast verdoppelt hatten, abgezogen und die Veränderung des CMI mit einbezogen. Da die Fallzahl um mehr als 15% und der CMI um ca. 7% in einem Jahr angestiegen waren, ergab sich eine Reduktion der Arzneikosten um 0,5%, berechnet auf den DRG-Fall und einem angenommenen Case-Mix Index von 1.

Diese Analyse gibt schon etwas Sicherheit, dass sich nämlich die Arzneikosten in Relation zum Case-Mix nicht völlig konträr entwickeln. Allerdings bleibt der Unsicherheitsfaktor, ob der Anstieg auch in Relation zu den Haupt- und Nebendiagnosen zu vertreten ist. Daher bietet ein Blick in die kalkulierten Kosten einer DRG, dort unter den Ziffern 4a und 4b für Arzneimittel, einen genaueren Einblick. Wenn diese Werte gemeinsam mit dem Controlling eines Krankenhauses ausgewertet und ermittelt werden können, so lassen sich detaillierte Rückschlüsse zur Arzneimitteltherapie ableiten. Das gilt auch besonders für einzelne Abteilungen, sofern diese nicht mit einer Mischbelegung genutzt werden. Aber gerade Abteilungen mit hohen Arzneikosten, wie die Intensivstation oder die Anästhesie, können in Bezug auf den Arzneimitteleinsatz besser beurteilt und ein Vergleich mit anderen Häusern sachlicher diskutiert werden. So ist es ebenfalls denkbar zu hinterfragen, ob bei sehr niedrigen Kosten den Patienten eine optimale Arzneimitteltherapie in allen Bereichen des Krankenhauses zukommt.

In dem vorgestellten Krankenhaus lagen die entstandenen Arzneimittelkosten über drei Jahre (2007 – 2009) hinweg deutlich unter den kalkulierten. Allerdings wurde der Abstand im letzten Jahr geringer, ein Trend, den es gilt durch intensive Arbeit zwischen Ärzten und Apothekern in der Arzneimittelkommission aufzuhalten.

Hier zeigt sich auch schnell eine Gefahr beim Vergleich der kalkulierten Kosten des InEK mit den tatsächlichen, sofern diese günstiger liegen. Die verordnenden Ärzte könnten etwas an Kostenbewusstsein verlieren, da der Zwang zum Sparen nicht mehr so evident erscheint. Die Geschäftsführung des Krankenhauses sieht sich möglicherweise anderen Forderungen der Mitarbeiter ausgesetzt, besonders aus Abteilungen, die im Vergleich mit anderen vermeintlich "gut" dastehen.

Rückschlüsse aus solchen Individualauswertungen müssen sehr vorsichtig gezogen werden, zum einen sollte ein wirtschaftlicher Umgang mit Arzneimitteln nicht zu anderen Nachteilen des Krankenhauses führen, zum anderen dürfen positive Daten nicht vorschnell zu einer Verallgemeinerung der Kostensituation für Arzneimittel schlechthin herangezogen werden. Andererseits ergeben sich Argumentationshilfen für die Beratung, es wird eine Transparenz des Arzneimitteleinsatzes geschaffen und ein Benchmark ist plausibler zu installieren. Die Beratungsleistung der Apotheke erhält für das Krankenhaus nach Aussagen der beiden Apotheker jedoch eine wertvolle, objektivierbare Komponente, die in jedem Falle genutzt werden sollte. kg

Quelle Klaus Grimm und Klaus Ruberg, anlässlich eines Vortrages während der 24. Jahrestagung des BVKA in Bad Homburg am 5. Mai 2010.

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