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Patientenverfügung – Garant für das Sterben in Würde?
Der Professor für theologische Ethik am Institut für christliche Ethik und Politik begrüßte es, zu diesem sensiblen Thema vor Apothekern sprechen zu können. Sie seien ein wichtiger Adressatenkreis, denn sie können Sterbenden und ihren Angehörigen Ansprechpartner und Orientierungshilfe sein.
Patientenverfügung:
wichtig für das Vertrauen …
Viele bezweifeln heute, dass die moderne Medizin ein Sterben zulässt. Groß ist die Angst, dass biologische Körperfunktionen mit medizinischen Apparaten aufrechterhalten werden, ohne dass man sich dagegen entscheiden kann. Eine Verfügung, in der man vorsorglich seinen Willen festlegt, welche medizinischen Behandlungen gewünscht oder ausgeschlossen werden, kann für alle Beteiligten eine große Entlastung sein. 2009 wurde eine gesetzliche Grundlage für die Patientenverfügung geschaffen, in der Verbindlichkeit, Reichweite und Wirksamkeit des Patientenwillens festgeschrieben wurde. Danach gilt der Wille des Patienten als verbindlich, wenn klar und unmissverständlich formulierte, konkrete Aussagen zu Behandlungswünschen im Vorfeld schriftlich festgelegt und mit einer Unterschrift unterzeichnet wurden. Die Patientenverfügung muss umgesetzt werden. Andere Auffassungen von Ärzten, Pflegenden oder Angehörigen sind nicht maßgeblich. Die Patientenverfügung gilt an jedem Ort, zu jedem Zeitpunkt, in allen Stadien der Krankheit. Mit der absoluten Verbindlichkeit des höchstpersönlichen eigenen Willens gilt sie als ein Garant für ein Sterben in Würde, als ein wichtiges Instrument, um das Vertrauen in die Medizin wieder zu stärken.
… aber nicht der alleinige Königsweg
Lob-Hüdepohl machte allerdings deutlich, dass die Patientenverfügung nur ein Instrument ist, nicht der Königsweg. Viele würden mit einem Sterben in Würde den Wunsch an einem vertrauten Ort zu sterben verbinden. Sie wünschten sich, Angehörige nicht zu belasten, Unerledigtes und Unausgesprochenes zu klären, die Nähe eines vertrauten Menschen zu spüren. Die Fixierung auf eine gesetzliche Regelung vernachlässige solche Aspekte. Lob-Hüdepohl forderte, die palliativ-medizinische und palliativ-pflegerische Versorgung stärker zu beachten. Die angemessene Versorgung und Pflege gebrechlicher Menschen, die Befriedigung der basalen Bedürfnisse bei schwerer Krankheit sollten höher gewichtet werden. Als Beispiel nannte Lob-Hüdepohl das Stillen von Hunger und Durst. Dies von Essen und Trinken zu unterscheiden sei wichtig, denn die Zufuhr von Kalorien stille nicht das Hunger- und Durstgefühl, das gebrechliche, schwerkranke Menschen enorm quälen könne. Sie litten oft nur an Mundtrockenheit. Hier helfe keine Nahrung, hier würde es reichen, die Lippen zu pflegen, Getränke oder Eiswürfel anzubieten – alles, was an Nahrung zur Kalorienzufuhr gereicht werde, könne sogar eine Qual sein. Eine künstliche Ernährung über eine PEG-Sonde verhindere zudem den "sozialen Nährwert" natürlicher Ernährung, so Lob-Hüdepohl. Denn Essen und Trinken gilt als soziales und kommunikatives Vergnügen. Für schwer Demente, die oft ausschließlich über eine Sonde ernährt werden, sei dies eine große Einschränkung der Lebensqualität. Das gemeinsame, eigenständige Essen in einer Gemeinschaft bedeute menschliche Zuwendung und Solidarität, die Nahrungszufuhr durch Pfleger und Sonde Isolation und Ausgrenzung. Lob-Hüdepohls Fazit: "Gesetze helfen hier nicht, das Problem zu lösen."
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