Arzneimittel und Therapie

Neues duales Wirkprinzip mit LCZ696

LCZ696 ist der erste Vertreter eines dual wirksamen Antihypertonikum, das an zwei wichtigen Stellen der Blutdruckregulation angreift. Die neue Substanz hemmt den Angiotensin-II-Rezeptor und unterbindet die Wirkung von Neprilysin. In einer Vergleichsstudie mit Valsartan wurde eine dem Sartan überlegene Wirkung festgestellt.
Das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System Bei der sich in Entwicklung befindlichen neuen Substanz LCZ696 handelt sich um einen Hemmstoff sowohl des AT1 -Rezeptors als auch des Enzyms Neprilysin. Das Enzym ist verantwortlich für den Abbau natriuretischer Peptide. Oral angewendet verstärkt die Neprilysin-hemmende Wirkkomponente die günstigen Effekte der natriuretischen Peptide, während durch Blockade des AT1 -Rezeptors gleichzeitig die Wirkung von Angiotensin II gehemmt wird. Die Neprilysin-Hemmung scheint aufgrund ihrer verstärkenden Effekte auf natriuretische Peptide auch ein potenziell günstiger Ansatz zur Behandlung von Patienten mit Herzinsuffizienz zu sein.

Natriuretische Peptide verfügen über kardioprotektive, nephroprotektive sowie gefäßschützende Eigenschaften. Aus pharmakologischer Sicht erscheint daher eine Erhöhung ihrer Konzentration sinnvoll. Da sie durch die neutrale Endopetidase Neprilysin abgebaut werden, bietet sich therapeutisch eine Hemmung von Neprilysin durch Neprilysin-Inhibitoren an. Diese werden zusätzlich mit Angiotensin-Hemmern kombiniert, um eine stärkere Wirkung zu erzielen. Die Kombination aus einem Neprilysin-Hemmer und einem Angiotensin-Hemmer verfügt somit über einen dualen Wirkmechanismus, wobei die Neprilysin-hemmende Komponente die günstigen Effekte der natriuretischen Peptide verstärkt und durch die Blockade des Angiotensin-Rezeptors die Wirkung von Angiotensin-II gehemmt wird. Über ein ähnliches Wirkprinzip verfügen Vasopeptidase-Inhibitoren, die Neprilysin und ACE (Angiotensin-Konversions-Enzyme) hemmen. Ein Vertreter dieser Wirkstoffgruppe ist Omapatrilat, der zusätzlich ein weiteres Enzym (Aminopeptidase P) hemmt. Da seine ausgeprägte Blutdrucksenkung mit der Bildung von Angioödemen einherging, wurde das Medikament nicht eingeführt. Mehr Erfolg verspricht man sich von der Blockade des Angiotensin-II-Rezeptors und der Endopeptidase Neprilysin, was mit LCZ696 erreicht wird (die Blockade des Angiotensin-II-Rezeptors birgt ein geringeres Risiko für Angioödeme als die Hemmung von ACE).

Proof-of-concept trial

An der doppelblinden, multizentrischen und randomisierten Studie nahmen 1328 Patienten teil, die unter leichtem bis mittlerem Bluthochdruck litten. Sie wurden acht Gruppen zugeteilt und erhielten über einen Zeitraum von acht Wochen eine der folgenden Therapien:

  • LCZ696-Gruppen: 100 mg, 200 mg, 400 mg LCZ696
  • Valsartan-Gruppen: 80 mg, 160 mg, 320 mg Valsartan
  • AHU377-Gruppe: 200 mg des Neprilysin-Blockers AHU377
  • Placebo-Gruppe: Placebo

In einer Intention-to-treat-Analyse wurden die jeweiligen Wirkstoffe dosisabhängig miteinander verglichen. Die alleinige Neprilysin-Blockade mit AHU377 führte nur zu einer geringen Blutdrucksenkung, war aber der Placebo-Gabe überlegen. Die duale Enzymhemmung mit LCZ696 führte zu einer dosisabhängigen Blutdrucksenkung. So war die niedrig dosierte LCZ696-Gabe nur der Placebo-Behandlung überlegen. In mittleren und hohen Dosen wurde hingegen eine stärkere Blutdrucksenkung erreicht als unter Valsartan (Vergleich 200 mg LCZ696 vs. 160 mg Valsartan: diastolischer BD – 2,97 mmHg; sytolischer BD – 5,28 mmHg; Vergleich 400 mg LCZ696 vs. 320 mg Valsartan: diastolischer BD – 2,70 mm Hg; systolischer BD – 6,01 mmHg).

Unerwünschte Wirkungen waren selten, gering ausgeprägt und traten in allen acht Behandlungsgruppen mehr oder wenig gleich häufig auf. Die meisten Patienten klagten über Kopfschmerzen, vor allem in der Placebo-Gruppe.

Das Resümee der Studienautoren: Die Hemmung des Angiotensin-II-Rezeptors und der Neuropeptidase Neprilysin ergänzen sich und könnten bei einer Reihe kardiovaskulärer Erkrankungen, darunter Bluthochdruck sowie Nieren- und Herzversagen einen klinischen Nutzen zeigen.

Quelle Ruilope L., et al.: Blood-pressure reduction with LCZ696, a novel dual-acting inhibitor of the angiotensin II receptor and neprilysin. Lancet 375, 1255 –1266 (2010). Waeber B., et al.: Blood-pressure reduction with LCZ696. Lancet 375, 1228 –1229 (2010).


Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

Glossar


Neprilysin (Synonyme: neutrale Endopeptidase, Enkephalinase, CD-10)

Neprilysin ist eine membrangebundene Endopeptidase. Sie kommt unter anderem in Niere, Lunge, im ZNS, in der Gefäßwand und in Leukozyten vor. Sie hat zahlreiche Wirkungen und interagiert mit kardiovaskulär wirksamen Hormonen und inaktiviert die natriuretischen Peptide. Ferner spielt sie bei der Alzheimer Erkrankung und bei malignen Prozessen eine Rolle.

Natriuretische Peptide

Unter diesem Namen werden drei Peptidhormone zusammengefasst. Sie wirken vasodilatatorisch, führen zu einer verstärkten Ausscheidung von Natrium, hemmen die Aktivität des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems, vermindern die sympathische Aktivität und besitzen antiproliferative und antihypertrophe Eigenschaften. Ihre physiologische Bedeutung liegt in der Regulation des Blutdrucks und des Elektrolythaushalts.

Vasopeptidase-Inhibitoren hemmen zwei Schlüsselenzyme, die an der Regulation kardiovaskulärer Funktionen beteiligt sind, und zwar Neprilysin und ACE (Angiotensin-Konversions-Enzyme). Die dual wirksamen Arzneistoffe verringern die Vasokonstriktion und erhöhen die Vasodilatation, was unter anderem eine Blutdrucksenkung zur Folge hat.

LCZ696 (Novartis) verfügt über zwei Wirkmechanismen und hemmt den Angiotensin-II-Rezeptor und das Enzym Neprilysin. Der Wirkstoff besteht aus einem Valsartan-Anteil (hemmt den Angiotensin-II-Rezeptor) und einem AHU377-Anteil (hemmt Neprilysin).

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