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DAZ aktuell
Hausärzte starten Kampagne gegen Röslers Sparpolitik
Der Streit tobt um die Hausarztverträge, die die Kassen laut Gesetz mit den Hausärzten abschließen müssen. Patienten verpflichten sich darin im Krankheitsfall, zuerst ihren Hausarzt aufzusuchen, der sie dann an Fachärzte überweist. Das soll überflüssige Kosten, etwa durch Doppeluntersuchungen, vermeiden. Die Hausärzte wiederum werden für die Mehrarbeit besser honoriert als durch das herkömmliche System der Kassenärztlichen Vereinigungen. Als Gegenleistung dürfen sie keine Patienten unter Hinweis auf Arbeitsüberlastung ablehnen. Nach Berechnung von Krankenkassen kosten diese Verträge pro Jahr circa 1,5 Mrd. Euro mehr Honorar als die "normale" hausärztliche Versorgung. Andere Zahlen sprechen von Mehrkosten in Höhe von 1,1 Mrd. Euro. Belastbare Zahlen gibt es nicht.
Bundesgesundheitsminister Rösler will den gesetzlichen Zwang zum Abschluss von Hausarztverträgen wieder abschaffen. Zugesagt hat Rösler aber Vertrauensschutz für bereits rechtskräftige Hausarztverträge. Die gibt es bisher nur in Bayern und Baden-Württemberg. In anderen Bundesländern laufen derzeit rund 500 Schiedsverfahren, weil sich die Hausarztverbände mit den Krankenkassen noch nicht auf Verträge einigen konnten. Diese Verträge sind noch nicht rechtskräftig. Jetzt drängt die Zeit: Der Stichtag für den von Rösler angekündigten Vertrauensschutz dürfte der 15. September 2010 werden. Stefan Lummer, Sprecher des Deutschen Hausärzteverbandes, zur DAZ: "Wir rechnen damit, dass bis dahin ein wesentlicher Teil der Schiedsverfahren abgeschlossen sein wird." Damit erlangten auch diese Verträge Rechtskraft und genössen den von Rösler garantierten Vertrauensschutz.
Unterstützung zugesagt hat den Hausärzten in ihrem Kampf für die Hausarztverträge die CSU: Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) sicherte den Hausärzten im Freistaat Bestandsschutz für die bereits geschlossenen Hausarztverträge zu. Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer (CSU) kritisierte den Umgang von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) mit den Hausärzten. Rösler sollte nicht gegen die Ärzte, sondern für eine gute Gesundheitspolitik streiten, sagte Seehofer der "Bild"-Zeitung. Er selbst kämpfe für das, was in der Koalition vereinbart worden sei. Dazu gehörten Sparmaßnahmen, auch bei den Ärzten. "Aber wir können nicht in rechtsgültige Verträge zwischen Krankenkassen und Hausärzten eingreifen", sagte Seehofer.
Anders als die Krankenkassen sieht der Hausärzteverband mittelfristig keine kostensteigernde Wirkung der Hausarztverträge. Lummer: "Kurzfristig entsteht zwar eine finanzielle Bugwelle, eine Anschubfinanzierung." Mittelfristig sorgten die positiven Struktureffekte jedoch für eine kostengünstigere ambulante Versorgung der Patienten insbesondere bei chronischen Erkrankungen. In der Praxis ist diese Sicht der Dinge zumindest umstritten: Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Bayern gehen Patienten, die in Hausarztverträge eingeschrieben sind, häufiger zum Arzt.
Wie der Streit um die Hausarztverträge am Ende ausgeht, ist noch offen. Umso kräftiger wird daher mit allen politischen Mitteln gerungen. Kein Zufall ist es daher, dass zeitgleich zum Start der Proteste der Hausärzte Zahlen über die gute Einkommensentwicklung der niedergelassenen Mediziner die Runde machen: Nach Zahlen des GKV-Spitzenverbandes lagen die Honorare der Kassenärzte in den ersten drei Quartalen 2009 im Durchschnitt um 11,3 Prozent über dem Niveau des Vergleichszeitraums 2007. Gegenüber dem Vorjahr ergibt sich immer noch ein Plus von 6,1 Prozent.
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