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Arzneimittel und Therapie
Studien mit langwirksamem Exenatid
Aktuelle Leitlinien zur Therapie eines Typ-2-Diabetes empfehlen ein stufenweises Vorgehen. So stehen zu Beginn der Behandlung Änderungen im Lebensstil, gefolgt von einer medikamentösen Monotherapie, bevorzugt mit Metformin. Tritt der gewünschte Erfolg nicht ein, werden zusätzlich weitere Antidiabetika verordnet. Wichtige Ziele sind neben der Blutzuckersenkung das Vermeiden von Hypoglykämien und Gewichtszunahme. Neben Insulin, Sulfonylharnstoffen und Glitazonen werden daher zunehmend neue Substanzen wie GLP-1-Rezeptor-Agonisten (Analoga des Inkretins Glukagon-like-peptide 1 wie Exenatid) und DPP-4-Inhibitoren (Hemmer der Dipeptidylpeptidase 4 wie z. B. Sitagliptin) eingesetzt, die metabolische Begleiterscheinungen wie Hypertension, Dyslipidämie und Übergewicht günstig beeinflussen können. Doch mit welchen Wirkstoffen werden die besten Resultate erzielt? Mit dieser Frage befassten sich zwei aktuelle Untersuchungen, die DURATION-2 und DURATION-3-Studie (DURATION = Diabetes therapy utilization: Researching changes in A1c, weight and other factors through intervention with exenatide once weekly). In beiden Studien wurde die zusätzliche Gabe des Inkretinmimetikums Exenatid mit weiteren Diabetestherapien verglichen. Exenatid wurde dabei in einer speziellen galenischen Form verwendet, die eine einmal wöchentliche Gabe ermöglicht.
InkretinmimetikaInkretinmimetika stimulieren die Insulinsekretion in der Bauchspeicheldrüse und unterdrücken die Glukagonsekretion nach den Mahlzeiten. Sie führen zu einer verlangsamten Magenentleerung und reduzieren den Appetit, was sich in einer Gewichtsreduktion niederschlagen kann. Derzeit sind in Deutschland zwei Inkretinmimetika auf dem Markt: Exenatid (Byetta®), das zweimal täglich appliziert werden muss und Liraglutid (Victoza®), das einmal pro Tag gegeben wird. Neue Entwicklungen befassen sich mit Depot-Präparaten. Ein Vertreter ist ein langwirksames Exenatid, das gemeinsam von dem amerikanischen Biotech-Unternehmen Amylin Pharmaceuticals mit Alkermes und Eli Lilly entwickelt wurde (geplanter Handelsname Bydureon). |
DURATION-2
In dieser Studie wurde Exenatid mit Pioglitazon und Sitagliptin verglichen. An der Untersuchung nahmen 514 Patienten mit Typ-2-Diabetes teil, die mit Metformin behandelt wurden. Ihr HbA1c-Wert lag bei 8,5%, der Plasma-Glucose-Wert nüchtern bei 9,1 mmol/l und ihr Körpergewicht betrug 88 kg. Sie wurden während 26 Wochen nach einem der folgenden Protokolle behandelt:
2 mg Exenatid einmal wöchentlich s.c. plus einmal täglich oral ein Placebo
100 mg Sitagliptin einmal täglich oral plus einmal wöchentlich eine Placebo-Injektion s.c.
45 mg Pioglitazon einmal täglich oral plus einmal wöchentlich eine Placebo-Injektion s.c.
Der primäre Studienendpunkt war die Veränderung im HbA1c-Wert nach 26 Wochen. In die Intention-to-treat-Analyse wurden sämtliche Patienten eingeschlossen, die mindestens eine Dosis der Studienmedikation erhalten hatten. Es wurden folgende Ergebnisse ermittelt:
Unter Exenatid wurde der HbA1c-Wert signifikant stärker gesenkt als unter Sitagliptin und Pioglitazon (Exenatid -1,5%, Sitagliptin -0,9%, Pioglitazon -1,2%). Damit hatte Exenatid einen signifikant größeren Effekt auf die HbA1c-Reduktion als Sitagliptin (p < 0,0001) und Pioglitazon (p = 0,0165).
Der Gewichtsverlust war unter Exenatid signifikant größer als unter Sitagliptin und Pioglitazon (Exenatid -2,3 kg, Sitagliptin -0,8 kg, Pioglitazon +2,8 kg).
In keiner Behandlungsgruppe trat eine manifeste Hypoglykämie auf.
Die häufigsten Nebenwirkungen waren unter Exenatid und Sitagliptin Nausea (24% bzw. 10%) und Diarrhö (18% bzw. 10%); unter Pioglitazon traten verstärkt Infektionen des oberen Bronchialtraktes (10%) und periphere Ödeme auf (8%).
Das Fazit der Studienautoren: Das Ziel einer Diabetestherapie – eine optimale Kontrolle des Blutzuckers sowie ein Gewichtsverlust bei ausbleibender Hypoglykämie – ist bei Patienten, die Metformin als Basistherapie erhalten, durch den Zusatz von Exenatid in einem größeren Umfang zu erreichen als unter der zusätzlichen Gabe von Sitagliptin oder Pioglitazon.
Studiencharakteristika | ||
DURATION-2 | DURATION-3 | |
Studiendesign | kontrollierte, randomisierte, multizentrische, doppelblinde Parallelstudie in Phase III | kontrollierte, randomisierte, multizentrische Open-label-Studie in Phase III |
Studientyp | Interventionsstudie | Interventionsstudie |
Dauer | 26 Wochen | 26 Wochen |
Sponsor | Amylin Pharmaceuticals | Amylin Pharmaceuticals |
Interventionen |
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primärer Studienendpunkt | Veränderungen im HbA1c-Wert im Zeitraum zwischen Studienbeginn und nach Ablauf von 26 Wochen | Veränderungen im HbA1c-Wert im Zeitraum zwischen Studienbeginn und nach Ablauf von 26 Wochen |
Ermittlung der Ergebnisse | Intention-to-treat-Analyse | Intention-to-treat-Analyse |
Studiennummer (ClinicalTrials.gov) | NCT00637273 | NCT00641056 |
DURATION-3
In der DURATION-3-Studie wurden Exenatid und Insulin glargin als Ergänzung einer antidiabetischen Basisbehandlung miteinander verglichen. An der Studie nahmen 456 Typ-2-Diabetiker teil, die trotz maximaler Dosen anti-diabetisch wirksamer Medikamente (70% Metformin, 30% Metformin plus Sulfonylharnstoff) eine ungenügende Kontrolle ihrer Blutzuckerwerte aufwiesen. Die Probanden wurden zwei Gruppen zugeteilt und erhielten eine der folgenden Behandlungen:
bestehende orale antidiabetische Therapie plus einmal wöchentlich 2 mg Exenatid
bestehende orale antidiabetische Therapie plus einmal täglich Insulin glargin (initial 10 IE, dann auftitriert bis zum Erreichen eines Blutglucosewertes von 4,0 bis 5,5 mmol/l).
Der primäre Studienendpunkt war die Veränderung im HbA1c-Wert zwischen Studienbeginn und nach Ablauf von 26 Wochen. In die Intention-to-treat-Analyse wurden sämtliche Patienten eingeschlossen, die mindestens eine Dosis der Studienmedikation erhalten hatten. Folgende Ergebnisse wurden ermittelt:
Patienten der Exenatid-Gruppe wiesen eine stärkere Reduktion des HbA1c-Wertes auf als Probanden der Insulin-Gruppe (-1,5% vs. -1,3%; p = 0,017).
Einen HbA1c-Wert unter 7,0% erreichten mehr Patienten unter der Exenatid-Therapie als unter der Insulin-Behandlung (60% vs. 48%; p = 0,010).
Patienten der Exenatid-Gruppe verloren während der halbjährigen Therapie durchschnittlich 2,6 kg Körpergewicht, Probanden der Insulin-Gruppe nahmen durchschnittlich 1,4 kg zu (p < 0,0001).
Die Therapieabbruchrate war unter Exenatid höher als unter Insulin (5% vs. 1%;
p = 0,012) vor allem aufgrund von Nausea und Reaktionen an der Einstichstelle.
Die Studienautoren sehen in der einmal wöchentlichen Gabe von Exenatid eine wichtige therapeutische Option für Diabetiker, bei denen ein Gewichtsverlust, eine bequeme Applikation und das Vermeiden von Hypoglykämien im Vordergrund stehen.
Kommentar
In beiden Studien zeigte die wöchentliche Gabe von Exenatid einen klinischen Nutzen, der sich unter anderem in einer Gewichtsreduktion und verringerten HbA1c-Werten niederschlug. Die einmalige Applikation pro Woche ist zudem anwenderfreundlich und erhöht wahrscheinlich die Compliance. Dennoch warnt ein Kommentator vor überzogener Euphorie und gibt zu bedenken, dass die langfristige Sicherheit der Therapie noch nicht geklärt ist. Die Ziele einer optimalen Diabetes-Therapie – Prävention makro- und mikrovaskulärer Komplikationen, sinkende Mortalität, einfache Applikation und gute Verträglichkeit – seien mit einer wöchentlichen Injektion von Exenatid noch nicht erreicht, so das Fazit des Kommentators.
Quelle Bergenstal R., et al.: Efficacy and safety of exenatide once weekly vs sitagliptin or pioglitazone as an adjunct to metformin for treatment of type 2 diabetes (DURATION-2). Lancet 376, 431 – 439 (2010). Diamant M., et al.: Once weekly exenatide compared with insulin glargine titrated to target in patients with type 2 diabetes (DURATION-3). Lancet (2010) 375, 2234 – 2243. Nauck, M., et al.: Individualised incretin-based treatment for type 2 diabetes. Lancet (2010) 376, 393 – 394. Misra A., et al.: Longacting exenatide in diabetes: DURATION-3. Lancet (2010) 375, 2198 – 2199.
Apothekerin Dr. Petra Jungmayr
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