Nahrungsergänzungsmittel

NEM – die Kompetenz der Apotheken ist gefragt

Was Sie bei der Beratung beachten sollten

Von Susanne Alban und René Roth-Ehrang

Der Wunsch vieler Verbraucher, ihre Gesundheit zu unterstützen und Erkrankungen vorzubeugen, wächst und lässt die Nachfrage nach Nahrungsergänzungsmitteln steigen [1 – 3]. Neben den Vitamin- und Mineralstoffprodukten gibt es hier immer mehr Präparate mit pflanzlichen Inhaltsstoffen. Diese ähneln oft pflanzlichen Arzneimitteln, insbesondere wenn sie Extrakte bekannter Arzneidrogen wie Ginkgoblätter oder Artischockenblätter enthalten. Doch sie sind keine Arzneimittel und können Arzneimittel nicht ersetzen. Darüber müssen die Apotheken ihre Kunden aufklären.

Den Unterschied zwischen rezeptfreien Phytopharmaka und bestimmten Nahrungsergänzungsmitteln können viele Laien nicht erkennen. Hier aufzuklären ist eine wichtige Aufgabe der Apotheken.
Foto: DAZ-Archiv

Nahrungsergänzungsmittel sind eine Kategorie von Lebensmittel, die dazu bestimmt sind, die allgemeine Ernährung zu ergänzen. Sie stellen ein Konzentrat von Nährstoffen oder sonstigen Stoffen dar (hierzu zählen auch Pflanzenextrakte oder Aminosäuren). Da diese laut Nahrungsergänzungsmittelverordnung in dosierter Form, insbesondere in Form von Kapseln, Tabletten, Flüssigampullen und einzeldosierten Pulvern in den Verkehr kommen müssen [4], sind sie äußerlich Arzneimitteln sehr ähnlich.

Die Definition, dass Nahrungsergänzungsmittel eine ernährungsspezifische oder physiologische Wirkung besitzen, jedoch keine pharmakologische Wirkung wie Arzneimittel [5], ist problematisch. Jedenfalls wird über die Grenzen und Übergänge von einer physiologischen zu einer pharmakologischen Wirkung häufig gestritten – auch vor Gericht. Offensichtlich taugt dieses Kriterium wenig für die Unterscheidbarkeit der beiden Produktkategorien.

Dies wurde inzwischen auch auf regulatorischer Ebene erkannt. So hat ein Komitee des Europarates das "Homöostase-Modell" zur Differenzierung zwischen Nahrungs- und Arzneimitteln entwickelt. Dieses beschränkt sich jedoch auf eine rein sprachliche Abgrenzung, sodass eher die juristische Verhandlungskunst als nachvollziehbare Fakten entscheiden, welcher Kategorie ein Produkt zuzuordnen ist. Das Modell erklärt auch nicht, worin der Unterschied besteht, dass (bestimmte) Arzneimittel definitionsgemäß zur "Prävention einer Krankheit" eingesetzt werden, während Nahrungsergänzungsmittel der "Reduktion eines Krankheitsrisikos" dienen.

Erschwerend kommt hinzu, dass es bezüglich der Einstufung von Produkten innerhalb Europas nationale Unterschiede gibt. So können einzelne Produkte, die in einem EU-Mitgliedstaat als Arzneimittel gelten, in einem anderen EU-Mitgliedstaat als Nahrungsergänzungsmittel vermarktet werden [6].

Was macht Nahrungsergänzungsmittel attraktiv?

Warum ist gerade das Produktsegment "Nahrungsergänzungsmittel" für viele Firmen so interessant? Die Gründe hierfür sind zahlreich, weshalb hier nur die wesentlichsten genannt werden können.

Ein Grund ist so profan wie einleuchtend: Während Arzneimittel mit dem vollen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent belegt sind, wird auf Lebensmittel und damit auch auf Nahrungsergänzungsmittel der reduzierte Satz von 7 Prozent aufgeschlagen.

Auswirkungen auf den Preis haben auch die unterschiedlichen Anforderungen an die Qualität. Zwar gibt es für Lebensmittel zahlreiche Qualitätsvorgaben, diese beziehen sich zumeist auf Grenzwerte für besondere Verunreinigungen wie Pestizide und Schwermetalle. Verbindliche Vorgaben für einzusetzende Ausgangsstoffe oder Spezifikationen für "Wirkstoffe" findet man aber nur sehr eingeschränkt. Sie existieren für Vitamine, fehlen aber im Bereich pflanzlicher Rohstoffe und daraus hergestellter Zubereitungen, wie z. B. Extrakte. Dies ist ein markanter Unterschied zu pflanzlichen Arzneimitteln, wo es für Drogen und Extrakte zahlreiche Arzneibuchmonographien gibt, die einen hohen Standard an die Qualität setzen.

Der entscheidende Kostentreiber für Arzneimittel sind die Anforderungen der Arzneimittelzulassung bzw. -registrierung. Selbst für traditionell angewendete Phytopharmaka ist der Aufwand beträchtlich, obwohl deren Wirksamkeit nicht klinisch belegt werden, sondern lediglich pharmakologisch plausibel sein muss und sich auf ihren langen Verwendungszeitraum von mindestens 30 Jahren gründet. Das galt auch für den Nachweis der Unbedenklichkeit, doch werden dafür zunehmend mehr Daten aus experimentellen Studien gefordert. Abstriche an den Nachweis der pharmazeutischen Qualität gibt es ohnehin nicht.

Während die hohen Hürden für den Erhalt einer Zulassung oder Registrierung von Arzneimitteln eine jahrelange, kostspielige Arbeit erfordern, können Nahrungsergänzungsmittel ohne große Entwicklungskosten schnell auf den Markt gebracht werden, wenn sie bekannte Stoffe enthalten [7]. Ihr Inverkehrbringen ist lediglich beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit anzuzeigen. Die einzige Dokumentation, die vorzulegen ist, ist ein Muster. Eine Bewertung seitens der Behörde erfolgt nicht. Folglich wird auch die Qualität der eingesetzten Stoffe nicht überprüft. Die Produktqualität und auch die Chargenkonformität liegen im Ermessen des Herstellers und können dementsprechend sehr stark variieren.

Auch beim Marketing herrschen ungleiche Voraussetzungen für die verschiedenen Produktgruppen. Die Werbung für Arzneimittel wird durch das Heilmittelwerbegesetz stark beschränkt, während Lebensmittel im Wesentlichen nur dem Verbot der Irreführung unterliegen. Der Hersteller eines Arzneimittels ist nach der Markteinführung zur Pharmakovigilanz verpflichtet, die es bei Lebensmitteln nicht gibt. Hierzu zählen die Recherche, Sammlung und Bewertung aller Verdachtsfälle von Nebenwirkungen, die in die Erstellung regelmäßiger Berichte zur Sicherheit münden. Alljährlich muss die Qualität jedes Arzneimittels bewertet werden; auch dies entfällt bei Nahrungsergänzungsmitteln.

Grundsätzlich gelten für Lebensmittel andere Bewertungsmaßstäbe: Während bei Arzneimitteln der Nutzen für den Patienten gegenüber möglichen Risiken abgewogen werden muss, gelten Lebensmittel von vornherein als sicher. Ein eventuelles Risiko trägt der Hersteller (wie es vor dem Arzneimittelgesetz von 1961 auch bei Arzneimitteln der Fall war). Zwar dürfen laut der Europäischen Lebensmittel-Basisverordnung EG 178/2002 Lebensmittel, die eventuell gesundheitsschädlich sind, nicht in Verkehr gebracht werden. Doch die Beurteilung von Pflanzen und Pflanzenteilen wurde in diesem Zusammenhang bisher nicht berücksichtigt. So sind im Ausland hergestellte Kava-Kava-haltige Nahrungsergänzungsmittel (z. B. von VitaBasix oder Biovea) über das Internet erhältlich, während Kava-Kava-haltige Arzneimittel (mit Ausnahme von Homöopathika) in Deutschland seit Dezember 2007 wegen potenzieller Lebertoxizität definitiv verboten sind.

Aus den genannten Gründen konzipieren die Hersteller von Phytopharmaka neue Produkte häufig als Nahrungsergänzungsmittel. Die Zulassung oder Registrierung von nicht-rezeptpflichtigen Arzneimitteln erscheint ihnen zu aufwendig und wirtschaftlich riskant, weil sie nicht von der GKV erstattet werden, während Nahrungsergänzungsmittel beim gegenwärtigen Gesundheits- und Wellness-Trend hohe Profite versprechen. Auch bei Firmen der Lebensmittelbranche stehen Nahrungsergänzungsmittel und funktionelle Lebensmittel mit pflanzlichen Wirkstoffen deshalb hoch im Kurs.

Kennzeichnung von Nahrungsergänzungsmitteln

Eindeutig lassen sich Nahrungsergänzungsmittel durch ihre Kennzeichnung identifizieren. Als Pflichttext muss der Begriff "Nahrungsergänzungsmittel" auf der Packung genannt sein. Ebenfalls vorgeschrieben sind Nährwertangaben, die mindestens Informationen geben über den Brennwert und den Gehalt an Eiweiß, Kohlenhydraten, Fetten und Ballaststoffen [8]. Derartige Angaben fehlen bei Arzneimitteln, bei denen hingegen die Art und Menge der Wirkstoffe pro Dosierungseinheit exakt definiert sein muss [9].

Leider gibt es bei Nahrungsergänzungsmitteln für die Deklaration der Inhaltsstoffe, denen die postulierte physiologische Wirkung zugeschrieben wird, keine genauen Vorschriften. Es müssen nur alle Inhaltsstoffe in absteigender Menge deklariert werden. Daher fehlt bei pflanzlichen Inhaltsstoffen häufig die Angabe, ob sich die deklarierte Menge auf die Droge, den nativen Extrakt oder die Extraktzubereitung samt Hilfsstoffen bezieht. Angaben zum Droge-Extrakt-Verhältnis und Extraktionsmittel fehlen erst recht. Selbst Informationen über die Pflanzenart (evtl. Varietät) und die verwendeten Pflanzenteile sind meist nicht vorhanden. So lässt z. B. die Angabe "Artischockenkonzentrat" nicht erkennen, ob dieses aus Blättern, Blütenknospen oder den verzehrüblichen Artischockenböden hergestellt wurde.

Da die Angaben zu den "wirkenden" Inhaltsstoffen so dürftig sind, ist ein Vergleich mit Arzneimitteln, die aus denselben (oder ähnlichen) Pflanzen hergestellt werden, nicht möglich. Es handelt sich um grundverschiedene Produkte, auch wenn das Ausgangsmaterial gleich ist. Für die meisten Anwender sind diese Unterschiede nur schwer wahrnehmbar. Viele Verbraucher erwarten – nicht zuletzt aufgrund vollmundiger Werbesprüche – von Lebensmitteln mit pflanzlichen Wirkstoffen die gleiche Wirkung wie von Arzneimitteln.

Nahrungsergänzungsmittel aus Verbrauchersicht

Die Aufklärung der Verbraucher über die Unterschiede von Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln ist besonders wichtig geworden, seitdem nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel, d. h. Arzneimittel mit einem geringen Risikopotenzial, nicht mehr zulasten der GKV verordnet werden dürfen und in den Bereich Selbstmedikation fallen (GKV-Modernisierungsgesetz, GMG, 2004). Dies betrifft fast alle Phytopharmaka. Man rechtfertigte das GMG auch mit dem Argument, dass der Verbraucher mehr Verantwortung für seine Gesundheit übernehmen solle. Doch angesichts widersprüchlicher Informationen zu den entsprechenden Produkten kann der Verbraucher nur schwer eine rationale Entscheidung treffen.

Aufgrund des Heilmittelwerbegesetzes haben Arzneimittel eine Gebrauchsinformation (Packungsbeilage). Die detaillierten Angaben über potenzielle Risiken sollen den Patienten veranlassen, es korrekt anzuwenden, wirken aber oft eher abschreckend und erreichen dann das Gegenteil, sofern Arzt und Apotheker den Patienten nicht aufklären und seine Compliance erhöhen.

Demgegenüber vermitteln Nahrungsergänzungsmittel, die zudem noch preiswerter sind (s. o.), einen Eindruck nur positiver Wirkungen und scheinen keine Risiken aufzuweisen. Viele Verbraucher sehen nicht, dass völlige Risikofreiheit nur gegeben sein kann, wenn auch keine Wirkungen vorhanden sind. Da der Wirkstoffgehalt von Nahrungsergänzungsmitteln aber oft unklar ist, können dennoch Überdosierung oder Interaktionen mit gleichzeitig eingenommenen Arzneimitteln auftreten [2].

Aufwertung von Nahrungsergänzungsmitteln durch Health-Claims

Laut Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (§§ 11 und 12 LFGB) waren bislang in der Kennzeichnung und Bewerbung von Lebensmitteln alle Angaben zulässig, sofern sie nicht irreführend und nicht krankheitsbezogen waren. Dies wurde allerdings nicht a priori überprüft. Demzufolge war ein wahrer "Wildwuchs" an Wirkversprechen zu verzeichnen. Manchmal mag eine Formulierung zwar juristisch akzeptabel sein, aber die Erwartungen, die sie beim Verbraucher auslöst, können dennoch höher sein. Diesem Missstand wollte man auf europäischer Ebene mit der im Juli 2007 in Kraft getretenen Health-Claims-Verordnung (ClaimsV 1924/2006/EG) über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben für Lebensmittel begegnen. Danach sind nur noch gesundheitsbezogene Aussagen (Health Claims) erlaubt, die wissenschaftlich belegt sind.

Welche Health Claims zulässig sind, entscheidet die Europäische Kommission in Zusammenarbeit mit der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority, EFSA). Prinzipiell hat man die Health Claims in vier Typen unterteilt:

  • General Function Health Claims (§ 13.1 ClaimsV),
  • New Function Health Claims (§ 13.5 ClaimsV),
  • Child Development and Child Health Claims,
  • Risk Reduction Claims (§ 14 ClaimsV).

Während die letzten drei Health Claims jeweils vom Hersteller produktspezifisch zu beantragen sind, soll bis Ende 2011 eine Liste von General Function Health Claims erarbeitet werden, die dann allgemein für entsprechende Produkte verwendet werden dürfen. Zu diesem Zweck wurden zunächst Vorschläge nationaler Behörden und Hersteller gesammelt. Aus den 44.000 Einreichungen wurde eine vorläufige Liste mit 4165 Main General Health Claims erstellt, die im Juni 2008 veröffentlicht wurde. Im Mai 2010 erschien eine von der Europäischen Kommission überarbeitete Version mit nunmehr 4637 Hauptgesundheitsaussagen, wobei es häufig mehrere Health Claims zu einer Substanz bzw. Zubereitung gibt.

Aktueller Stand der Health-Claims-Liste

Am 1. Oktober 2009 hat die EFSA einen ersten Block von 94 Stellungnahmen veröffentlicht [10]. Hierin wurden 523 Main General Health Claims zu über 200 verschiedenen Substanzen beurteilt, von denen etwa ein Drittel pflanzliche Zubereitungen ("Botanicals") sind. Insgesamt wurden zwei Drittel der Health Claims abgelehnt, darunter alle zu den Botanicals (s. Tabelle "Von der EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) abgelehnte General Function Health Claims zu 32 Botanicals") sowie die meisten zu Probiotika. Genehmigt wurden vor allem Health Claims zu Vitaminen, Mineralien, Fettsäuren, Ballaststoffen und zuckerfreien Kaugummis.

Den Beurteilungen zufolge war die Qualität der Anträge zu den pflanzlichen Produkten insgesamt schlecht. Meist scheiterten sie schon daran, dass die Stoffe nicht ausreichend charakterisiert waren. Es war also nicht klar, für welche Art der Zubereitung der Health Claim überhaupt gelten soll. Zudem wurde in Ermangelung eigener Daten überwiegend Erkenntnismaterial zur therapeutischen Wirksamkeit bei Patienten eingereicht. Dies hat die EFSA nicht akzeptiert, da Nahrungsergänzungsmittel definitionsgemäß physiologisch, nicht pharmakologisch wirken (s. o.). Obwohl diese Definition fragwürdig ist, ist das strenge Vorgehen der EFSA nachvollziehbar, denn man kann eine Wirkung beim Patienten nicht einfach auf Gesunde übertragen.

Ob die EFSA die bislang geübte Praxis beibehalten würde, erschien fraglich, weil sie im November 2009 wegen massiver Beschwerden seitens der Industrie zugestanden hat, im Einzelfall auch klinische Studien an Patienten als Beleg für den Health Claim eines Nahrungsergänzungsmittels anzuerkennen. Doch ist sie auch danach restriktiv vorgegangen und hat weitere 416 General Functional Health Claims in 31 Stellungnahmen, die am 25. Februar 2010 veröffentlicht worden waren, überwiegend negativ beurteilt. So fiel beispielsweise das Urteil zu Grünem und Schwarzem Tee und den Catechinen auf der ganzen Linie vernichtend aus. Lebensmitteln und Substanzen mit antioxidativen Eigenschaften wurde jegliche Schutzfunktion abgesprochen, und selbst Trockenpflaumen haben laut EFSA keinen günstigen Effekt auf die Darmfunktion.

Ausblick

Der Gesundheitsmarkt unterliegt einer starken Dynamik und befindet sich, ausgelöst durch staatliche Eingriffe, im Umbruch. So stehen rezeptfreie Arzneimittel in einem zwangsläufig ungleichen Wettbewerb mit Nahrungsergänzungsmitteln [7]. Dies führt dazu, dass pharmazeutische Unternehmen ihre Aktivitäten bei Arzneimitteln einschränken und bei Nahrungsergänzungsmitteln verstärken. Der Aufwand für die Entwicklung neuer Arzneimittel ist inzwischen derart zeitintensiv und kostspielig, dass er von den zumeist mittelständischen Unternehmen nicht geleistet werden kann.

Von diesen Veränderungen sind vor allem pflanzliche Arzneimittel betroffen, bei denen Deutschland aufgrund der langen Tradition und der intensiven wissenschaftlichen Auseinandersetzung besondere Kompetenz vorzuweisen hat. Im Rahmen der Nachzulassung wurde der Markt von Produkten mit zweifelhafter Qualität und Wirksamkeit bereinigt. Andere europäische Länder sind erst auf dem Weg, diesen Prozess durchzuführen. In Anbetracht der oben geschilderten Situation läuft Deutschland allerdings Gefahr, seine Vorreiterrolle bei pflanzlichen Arzneimitteln zu verlieren. Durch die vom BfArM zurzeit geübte Zulassungs- und Registrierungspraxis bewegt sich in Sachen Phytopharmaka kaum etwas [11]. Es ist zu erwarten, dass die Zahl pflanzlicher Arzneimittel zugunsten von Nahrungsergänzungsmitteln weiter schrumpft. Damit geht ein Stück Vielfalt der Therapie verloren.

Umso wichtiger ist die Rolle der Apotheken, für die sich neue Aufgabenfelder im Gesundheits- und Verbraucherschutz ergeben. Es geht nicht mehr nur um die Beratung zu Arzneimitteln und deren Anwendung im Krankheitsfall, sondern auch – dem Trend der Zeit entsprechend – um Fragen der Krankheitsprophylaxe und Gesunderhaltung und um die Auswahl adäquater Produkte. Niemand kann besser zwischen Arzneimitteln und Nicht-Arzneimitteln differenzieren und die Qualität von "Gesundheitsprodukten" beurteilen als das pharmazeutische Personal. Wenn es den Apotheken gelingt, hier ihre Kompetenz unter Beweis zu stellen, können sie sich auch in diesem Bereich gegenüber konkurrierenden Anbietern wie Reformhaus, Drogeriemarkt, Supermarkt und Versandhandel behaupten. Denn im Zuge der Expansion des Selbstmedikationsmarktes, der Lifestyle-Medizin und der Gesundheitsvorsorge wächst beim Verbraucher der Bedarf an verlässlicher Information und Aufklärung [7].

Literatur [1] Marktinformation – Gesundheit hat Konjunktur. IHK Osnabrück-Emsland, 2009. [2] Meißner, Thomas: Nahrungsergänzungsmittel – Markt völlig unübersichtlich. www.aerztezeitung.de, 7.5.2008. [3] NEM-Liste 2010/11. Stuttgart 2010. [4] Nahrungsergänzungsmittelverordnung vom 17. Januar 2007. BGBI I S. 46. [5] Hahn, Andreas: Nahrungsergänzungsmittel, 2. Aufl. Stuttgart 2006. [6] The Regulatory Framework for Food Supplements in Europe. AESGP, Brüssel 2007. [7] Fischer, Dagmar; Breitenbach, Jörg: Die Pharmaindustrie. Heidelberg 2010. [8] Verordnung über die Kennzeichnung von Lebensmitteln, 15. Dezember 1999. [9] Guideline on declaration of herbal substances and herbal preparations in herbal medicinal products / traditional herbal medicinal products in SPC. EMEA/HMPC/CHMP/CVMP/287539/05 Rev. 1. [10] EFSA. Nutrition and Health Claims, Article 13; www.efsa.europa.eu/en/ndaclaims/ndaclaims13.htm. [11] (hb). Stunde Null für traditionelle pflanzliche Arzneimittel. Dtsch Apoth Ztg 2009;149(4):308-312.
 

Autoren

 

Prof. Dr. Susanne Alban

Pharmazeutisches Institut

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Gutenbergstr. 76, 24118 Kiel

salban@pharmazie.uni-kiel.de 


Dr. René Roth-Ehrang

Head of Scientific & Regulatory Affairs

Finzelberg GmbH & Co. KG

Koblenzer Str. 48 – 56, 56626 Andernach

rene.roth-ehrang@finzelberg.de

 

Literaturtipp

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