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- DAZ 37/2010
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Arzneimittel und Therapie
Neue Zielblutdruckwerte bei Patienten mit Diabetes mellitus
Die Koexistenz von Hypertonie und Diabetes mellitus erhöht wesentlich das Auftreten von Schlaganfall, koronarer Herzerkrankung, Herzinsuffizienz, peripherer arterieller Verschlusskrankheit und Tod durch Herzkreislauferkrankungen. Aus diesem Grunde ist die blutdrucksenkende medikamentöse Therapie ein wichtiger Bestandteil der Behandlung dieser Patienten. Die bisher verfügbaren Daten lassen nach Ansicht der Deutschen Hochdruckliga keinerlei Zweifel zu, dass beim Diabetes mellitus Typ 2 die Blutdrucksenkung kardiovaskuläre Komplikationen unabhängig von den eingesetzten Medikamenten verhindert. Als Zielblutdruckwert für Diabetiker mit Bluthochdruck wurde bisher ein Wert kleiner 130/80 mmHg empfohlen. Aufgrund der aktuellen Studienlage erschien der Deutschen Hochdruckliga eine Neubewertung dieses Zielblutdruckes erforderlich. Vor allem die Ende April publizierte ACCORD-Studie war hierfür ausschlaggebend. In der ACCORD-Studie wurden 4733 Patienten mit Typ-2-Diabetes in eine Gruppe mit intensiver Blutdrucksenkung (mittlerer systolischer RR nach einem Jahr: 119,3 mmHg) und eine Standardtherapiegruppe (mittlerer systolischer RR nach einem Jahr: 133,5 mmHg) randomisiert. Durch die intensive Blutdruckkontrolle konnte der primäre Endpunkt aus kardiovaskulärem Tod, nicht-tödlichem Herzinfarkt und nicht-tödlichem Schlaganfall nicht signifikant gesenkt werden. Der sekundäre Endpunkt Schlaganfall trat in der intensiv behandelten Gruppe mit einer Risikoreduktion von 41% signifikant seltener auf.
Kein höheres Risiko durch weitere Blutdrucksenkung
Zusammengefasst sieht die Deutsche Hochdruckliga derzeitig keine ausreichende Evidenz für einen Zielblutdruck unter 130 mmHg systolisch bei Patienten mit Diabetes mellitus vorliegen. In Anlehnung an die Empfehlungen der European Society of Hypertension wird nun empfohlen, eine Blutdrucksenkung auf Werte in einem Zielkorridor zwischen 130 bis 139/80 bis 85 mmHg anzustreben, wobei das Ziel der Blutdruckeinstellung im unteren Bereich dieser Werte liegen sollte. Es wird auch diskutiert, ob die Studienergebnisse den Schluss zulassen, dass eine Senkung des Blutdruckes unterhalb dieses Bereiches zu einer Erhöhung des Risikos führt. Die Deutsche Hochdruckliga ist jedoch nicht dieser Ansicht, zumal auch die ACCORD-Studie hierfür keine Evidenz liefert; die strengere diastolische Blutdruckeinstellung in der Interventionsgruppe war nicht mit einem erhöhten Myokardinfarkt-Risiko assoziiert. Dies scheint nur bei begleitender koronarer Herzerkrankung der Fall zu sein, wenn der diastolische Blutdruck zu stark gesenkt wird. Den Befürchtungen entgegen steht bei allen Diabetikern eine konsistente Risikoreduktion für Schlaganfälle durch eine strenge Blutdrucksenkung auch unterhalb des Zielkorridors. Abgesehen davon zeige die Realität in Deutschland, dass ohnehin weitaus mehr Diabetiker – und auch Nichtdiabetiker – eher durch zu hohe als durch zu niedrige Blutdruckwerte gefährdet sind.
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Individualisierte Strategie je nach Risikoprofil
Eine individualisierte Strategie in Abhängigkeit des Risikoprofils des Patienten steht auch bei der Festlegung der Zielblutdruckwerte des einzelnen hypertensiven Diabetikers im Vordergrund. Abschließend muss eine neue Therapieempfehlung immer im Kontext der Versorgungsrealität im Bereich der arteriellen Hypertonie in Deutschland beurteilt werden. Diese zeigt nach Ansicht der Hochdruckliga eindeutig, dass nur ein Teil der Patienten mit Typ-2-Diabetes in dem genannten Zielkorridor liegen. Daher sollte der wesentliche Schritt zur effektiven Risikoreduktion bei diesen Patienten unbedingt das Erreichen dieser neuen Zielblutdruckwerte sein.
Quelle Deutsche Hochdruckliga e.V. DHL, Deutsche Hypertonie Gesellschaft, Deutsches Kompetenzzentrum Bluthochdruck: Stellungnahme "Zielblutdruckwerte bei Patienten mit Diabetes mellitus" vom 7. September 2010.
ck
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