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Arzneimittel und Therapie
IQWiG sieht keinen Vorteil von Dipyridamol plus ASS
Im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) führt das IQWiG zurzeit eine Nutzen-Schaden-Bewertung einer Dipyridamol-ASS-Kombinationsbehandlung nach Schlaganfall oder transitorisch ischämischen Attacken (TIA) im Vergleich zu Placebo oder zur Monotherapie mit ASS oder Clopidogrel durch.
Für den soeben veröffentlichten Vorbericht wurden sechs randomisierte kontrollierte Studien als für die Fragestellung relevant erachtet und ausgewertet.
Bei drei Studien handelte es sich um Kurzzeitstudien mit einer Dauer zwischen sieben und 30 Tagen, zwei von ihnen waren Placebo-kontrolliert, eine hatte die Kombination gegen ASS verglichen. Die Studien umfassten zwischen 40 und 548 Patienten.
Drei Studien waren Langzeitstudien mit einer Studiendauer zwischen einem und 4,5 Jahren und Studiengrößen zwischen 1295 und 20.332 Patienten. Zwei dieser Studien waren zweiarmig angelegt und haben die Kombination mit ASS oder Clopidogrel verglichen, bei einer Langzeitstudie handelte es sich um eine dreiarmig angelegte, aktiv- und placebokontrollierte Studie, in der die Kombination mit Placebo und ASS verglichen worden war.
Im Vergleich zu den Monotherapien mit ASS oder Clopidogrel konnten durch die Kombinationstherapie weder die Sterblichkeit noch das Risiko für weitere Schlaganfälle oder kardiovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkt effektiver reduziert werden. Dagegen sieht das IQWiG Belege für ein vermehrtes Auftreten schwerwiegender Blutungen unter einer ASS-Dipyridamol-Langzeittherapie.
Studien, die die Kombination mit Placebo verglichen haben, geben sowohl Hinweise für eine Überlegenheit gegenüber Placebo als auch für eine erhöhte Gefährdung. So traten bei Langzeittherapie von mindestens zwölf Monaten zwar nicht tödliche Schlaganfälle seltener auf, Blutungen waren im Vergleich zu Placebo häufiger.
Für die Zielgröße TIA sah das IQWiG in der Langzeittherapie im Placebovergleich einen Hinweis für einen Nutzen von Dipyridamol plus ASS. Der Vergleich mit ASS in der Kurzzeittherapie oder mit ASS oder Clopidogrel in der Langzeittherapie erbrachte laut IQWiG keinen Beleg für einen Zusatznutzen der Kombination.
Damit fällt die Nutzen-Schaden-Bilanz des IQWiG für Dipyridamol plus ASS nach Schlaganfall oder TIA negativ aus.
Anders sieht dies dagegen der Aggrenox® -Hersteller Boehringer Ingelheim. Auf Anfrage der DAZ teilte er mit, dass für ihn das Nutzen-Risiko-Profil von Aggrenox® unverändert positiv sei. Aggrenox® sei ein hoch wirksames, gut verträgliches Präparat zur Sekundärprävention von Schlaganfällen und transitorischen ischämischen Attacken (TIA) mit einer signifikanten Überlegenheit gegenüber ASS (s. Stellungnahme).
Zu dem mit Unterstützung von externen Sachverständigen angefertigten IQWiG-Vorbericht kann bis zum 13. Oktober 2010 schriftlich Stellung genommen werden, gegebenenfalls findet noch eine mündliche Anhörung statt. Boehringer Ingelheim will im Rahmen des formalen Anhörungsverfahrens Stellung nehmen und seine wissenschaftlichen Argumente vortragen. Nach Abschluss des Anhörungsverfahrens wird der Abschlussbericht für den G-BA erstellt, der dann seinerseits Konsequenzen aus dem IQWiG-Bericht für die gesetzlich Krankenversicherten ziehen kann.
Quelle IQWIG-Vorbericht Dipyridamol + ASS nach Schlaganfall und TIA vom 6. September 2010
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Stellungnahme von Boehringer Ingelheim:"Nutzen-Risiko-Profil unverändert positiv"Insgesamt ist das Nutzen-Risiko-Profil von Aggrenox® unverändert positiv. Es ist ein hoch wirksames, gut verträgliches Präparat zur Sekundärprävention von Schlaganfällen und transitorischen ischämischen Attacken (TIA) mit einer signifikanten Überlegenheit gegenüber ASS. Im IQWiG-Vorbericht werden keine neuen Erkenntnisse oder Informationen analysiert, die nicht auch den Zulassungsbehörden, den Experten in den Leitlinienkommissionen oder der interessierten Öffentlichkeit schon seit Langem bekannt sind.
Wirksamkeit. In Aggrenox® werden mit Acetylsalicylsäure (ASS) und Dipyridamol (DIP) zwei Wirkstoffe kombiniert, die jeder für sich in der Sekundärprävention des ischämischen Schlaganfalls einer Placebogabe überlegen sind. Die Kombination ist doppelt so wirksam wie eine vergleichbare ASS-Monotherapie. Die Fachinformation von Aggrenox®, die auf den deutschen Zulassungsunterlagen beruht, führt zwei Studien an (ESPS-2 und ESPRIT), die die signifikante Überlegenheit einer Kombinationsbehandlung von niedrigdosiertem ASS und Dipyridamol bei der Verhinderung von Schlaganfällen nach einer zerebralen Ischämie nachweisen. In einer weiteren Studie (PRoFESS) wird auf eine vergleichbare Wirksamkeit zu Clopidogrel hingewiesen.
Stellung in Leitlinien. Aggrenox® wird in den einschlägigen Therapieempfehlungen der internationalen Fachgesellschaften für die Sekundärprophylaxe der zerebralen Ischämie empfohlen (Deutsche Gesellschaft für Neurologie/Deutsche Schlaganfallgesellschaft [DGN/DSG], European Stroke Organisation [ESO], American College of Chest Physicians [ACCP], American Stroke Association der American Heart Association [AHA], National Institute for Health and Clinical Excellence [NICE]. In den deutschen Leitlinien der DGN wird Aggrenox® mit der höchsten Empfehlungsstärke (A) für die Sekundärprävention des ischämischen Schlaganfalls und TIA empfohlen, insbesondere bei Patienten mit einem erhöhten Rezidivrisiko. Blutungsrisiko. Die Fachinformation enthält folgende zusammenfassende Übersicht über Blutungen: In der ESPS-2 Studie wurden im Aggrenox®-Arm 1650 Patienten (100%) behandelt und im Placeboarm 1649 (100%). Die mittlere Behandlungsdauer betrug 1,4 Jahre. Es wurden 8,7% (Aggrenox®) bzw. 4,5% (Placebo) Blutungen berichtet, davon 1,6% bzw. 0,4% schwere Blutungen. Intrakranielle Blutungen sind zu 0,6% bzw. 0,4% aufgetreten. Gastrointestinale Blutungen traten zu 4,3% bzw. 2,6% auf. In der PRoFESS-Studie wurden im Aggrenox®-Arm 10.055 Patienten (100%) behandelt. Die mittlere Behandlungsdauer betrug 1,9 Jahre. Es wurden 5,3% Blutungen berichtet, davon 3,3% schwere Blutungen. Intrakranielle Blutungen sind zu 1,2% aufgetreten (darin 0,2% intraokulare Blutungen). Gastrointestinale Blutungen traten zu 1,9% auf. Major Bleedings und intrakraniale Blutungen waren in ESPS-2 seltener als in PRoFESS. In der ESPRIT-Studie wurde die freie Kombination aus Dipyridamol und ASS mit einer ASS-Monotherapie in der Sekundärprophylaxe der zerebralen Ischämie verglichen. Die mittlere Therapiedauer betrug 3,5 Jahre. Das Blutungsrisiko unter der Kombinationstherapie war um 33% geringer als unter der ASS-Monotherapie, was die Autoren als nicht statistisch signifikant unterschiedlich werteten. Unter niedrigdosierter ASS und Aggrenox® ist das Blutungsrisiko gleichermaßen erhöht im Vergleich zu Placebo. Schweregrad, Art und Häufigkeit unterscheiden sich im direkten Vergleich nicht bedeutsam voneinander. Im direkten Vergleich mit Clopidogrel waren hämorrhagische Schlaganfälle, intrakraniale Blutungen und größere Blutungsereignisse unter Aggrenox®erhöht, allerdings auf niedrigem Niveau.
Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG, Ingelheim am Rhein |
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